„LaLeLu“ von Rapper Liquid: Koana wui den Lemon Beck’s Shit
Der 24-jährige Rapper Liquid aus der Oberpfalz hat mit „LaLeLu“ ein neues Album veröffentlicht. Seine Spezialität: Er rappt im Dialekt.
„Das darf doch nicht die Wahrheit sein!“, wettert der bayerische Vorzeige-Grantler Gerhard Polt im Takt zu einem fetten Beat. Liquid wiederholt die Textzeile und schmettert hinterher: „Liquid kommt aus Bayern!“ Das Video zum Polt-Sample „Mach doch dein’ Polt-Remix“ zählt auf YouTube mehr als eine halbe Million Klicks. Für den jungen HipHop-Künstler ist es eine ganz besondere Ehre, den Kabarettisten zu zitieren, gleichzeitig bescherte ihm der Track auch den Durchbruch. 16.675 Likes haben sich inzwischen auf seiner Facebook-Seite angesammelt.
Liquid rappt auf Bayerisch, genauer gesagt auf Oberpfälzisch, und das dermaßen derb, dass selbst eingeborene Bayern ihre Ohren ganz weit aufsperren müssen, um die Reimgebilde von Liquid zu verstehen. Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich Harold Merl. Geboren und aufgewachsen ist er in Regenstauf, knapp 20 Kilometer nördlich von Regensburg, dem Teil von Bayern also, der dem abgelegenen Osten von Texas gefühlt am nächsten kommt.
Nach dem Qualifizierenden Hauptschulabschluss absolvierte Merl eine Lehre zum Schweißer. Aber Musik habe in seinem Leben schon immer die größte Rolle gespielt, sagt Liquid, und es schwingt Stolz in seiner Stimme mit. In seiner Jugend war es Punk. Im Alter von zwölf begann er Gitarre zu spielen, verbrachte seine Nachmittage meist an der Skaterampe. „Das hat mir richtig Spaß gemacht, bis ich mit 18 zum Rap fand“, erinnert er sich. Ein Freund hatte ein Aufnahmegerät und ein Mikrofon bekommen, die beiden Teenager probierten sich aus, bastelten Beats und reimten Texte.
Was das Lebensgefühl von HipHop in den 90ern so groß machte, habe sie „total geflasht“, sagt Liquid. Die französischen Rapper Saïan Supa Crew und ihr Track „Pitchy & Scratchee Show“ waren es, die Harold Merl von der Wucht dieses Sounds überzeugten: „Es kommt einfach gut, wie die Künstler es schaffen, Schlagzeug-Geräusche als Human Beat Box mit dem Mund dermaßen tight zu imitieren. Des hat mi total von den Socken gehauen.“
Empfohlener externer Inhalt
Den Namen des Kollektivs, das ihn „zu dem gemacht hat, was er heute ist“, wie er sagt, hat sich Liquid auch auf den Arm tätowieren lassen. „Realness“ (Glaubwürdigkeit) ist ein Schlagwort, das Liquid für sich und seine Definition von HipHop reklamiert. Deshalb hat er vor ein paar Jahren aufgehört auf Hochdeutsch zu rappen und droppt seine Songzeilen seitdem in Mundart, das liegt ihm mehr, sagt er, das hat viel Flow. „Regenstauf ist für mich alles. Hier bin ich aufgewachsen, von hier will ich auch nicht weg“, sagt er.
Viele der Themen seien von seinem Umfeld inspiriert, er lasse aber auch seine Fantasie spielen, wenn er schreibt: „Ich denke dann, ’hey, die Story ist cool‘“, sagt Liquid. „Ausi mit’m altn Scheiß / Eini mit’m neien Scheiß“ rappt er in „Liaba mal zensiern“. Auf Oberpfälzisch thematisiert er mal einen Cyborg in der Provinz, mal sind es Skateboard-Stunts, mal geht es darum, dass keiner seiner Homies Biermischgetränke einer norddeutschen Brauerei ausstehen kann. „Sechs Stifte / Sechs Flaschen Beck’s Lemon / Sechs Kumpels/ Jeden davon fragst, obs ein Beck’s woilln / oba koana wui den Lemon Beck’s Shit / den Lemon Beck’s Shit / den Lemon Beck’s Shit. Naah!“
■ Liquid: „LaLeLu“ (Outhere/Indigo)
Mit seinem neuen Album ist Liquid über Monate auf Tour gewesen und hat die Musik live auf der Bühne weiterentwickelt. Nachdem der Regenstaufer seine beiden in Eigenregie veröffentlichten Vorgängeralben auf seiner Homepage zum Gratisdownload anbot, ist „LaLeLu“ das erste Werk von Liquid, das bei einer Plattenfirma erschienen ist und über diverse Musikportale vertrieben wird: „Das waren Appetithäppchen, ich wollte den Hörern die Möglichkeit geben, in meine Musik erst mal reinzuhorchen“, sagt der 24-Jährige. Seit einem Jahr kann er sich durch Liveauftritte und den Verkauf von Merchandise finanzieren.
Dass Liquid ein HipHop-Nerd ist, bewies er mit seinem Video zum Titeltrack des Albums „LaLeLu“. Der Schwarz-Weiß-Clip erweist mehr als 50 HipHop-Meisterwerken die Ehre. Von 2 Live Crew über Eminem bis Outkast stellt Liquid die bekanntesten Plattencover der HipHop-Geschichte nach.
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