Kylian Mbappés EM-Spiel gegen Österreich: Spieler, Kämpfer, Mahner
Frankreichs Star Mbappé gibt alles – neben und auf dem Platz. Der Kampf gegen den Rassemblement National läuft, den gegen Österreich hat er gewonnen.
Ohne Rücksicht auf eigene Prestigeverluste hatte Mbappé am Vortag die obligatorische Presskonferenz vor dem Spieltag dazu genutzt, um wie zuvor schon Marcus Thuram ein politisches Zeichen zu setzen. Normalerweise, erklärte er, vermische man Sport und Politik nicht, aber nun gehe es vor den Neuwahlen in Frankreich um eine Ausnahmesituation. Das Land sei in einer sehr kritischen Situation.
Er spielte auf einen möglichen Wahlsieg der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN) an. „Das sind Menschen, die die Gesellschaft teilen. Ich bin gegen Spaltung. Ich bin für Ideen, die zusammenführen, für Werte wie Toleranz und Respekt.“ Wenn man sieht, welcher Hass Mbappé dafür in den sozialen Netzwerken entgegengebracht wird, hat er auch mit diesem Auftritt in vollem Bewusstsein eine blutige Nase in Kauf genommen.
Der Druck könnte jetzt kaum größer sein. Alles, was von nun an auf dem Rasen passiert, das ist gewiss Frankreichs größtem Fußballstar klar, wird durch einen besonderen Filter wahrgenommen. Wobei die Partie gegen Österreich als Beleg dafür genommen werden kann, dass das Unfug ist. Klar, werden die einen nun sagen, der künftige Stürmer von Real Madrid schieße normalerweise den Ball ins Tor, wenn er so frei auf den Torhüter zuläuft, wie es der 25-Järige in der 55. Minute tat. Mbappé zielte jedoch daneben und verpasste die Vorentscheidung zum 2:0.
Am Führungstreffer zuvor in der ersten Hälfte hatte Mbappé andererseits maßgeblichen Anteil. Mit einem Übersteiger ließ er Philipp Mwene schlecht aussehen, seine scharfe Flanke verlängerte Maximilian Wöber unglücklich mit dem Kopf ins eigene Tor.
Immer im Zentrum der Gespräche
Mag Thuram den Mut zur eigenen Haltung im französischen Team in Gang gebracht haben und N’Golo Kanté gegen Österreich mit seinem vorausschauenden Spiel und unnachahmlichen Eleganz der beste Spieler auf dem Platz gewesen sein und dafür von seinem Coach „echte Strahlkraft“ attestiert bekommen haben, Mbappé zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. „Ich weiß, dass er immer im Zentrum der Gespräche steht“, sagte Deschamps fast schon fatalistisch.
Die bange Frage tauchte auf, ob die gebrochene Nase von Mbappé überhaupt ein Weiterspielen bei dieser EM möglich macht und was das für das französische Team bedeuten würde. Deschamps stellte wenig überraschend klar: „Ein französisches Nationalteam mit Kylian ist immer stärker.“
Mbappé selbst scheint sich derlei Sorgen überhaupt nicht zu machen. In der Nacht suchte er mit einem lachenden Emoji Rat bei der Social-Media-Gemeinde. „Ideen für eine Maske?“ Überhaupt fällt auf, wie vielleicht auch demonstrativ entspannt er mit der komplizierten Situation umgeht. In den Katakomben des Düsseldorfer Stadions gab er kurz vor dem Anpfiff den Einlaufjungen, die sich um ihn drängten, Autogramme.
Diese Europameisterschaft könnte zu ganz besonderen Mbappé-Spielen werden. Die Partie in Düsseldorf hatte etwas von einem Schlachtengemälde, weil die Franzosen dem unglaublich energieaufwändigen Kampf der Österreicher erfolgreich trotzten. Die gebrochene Nase von Mbappé machte all das letztlich plastisch. Und Mbappé stehen in den nächsten Wochen wohl nicht nur auf dem Spielfeld noch einige Kämpfe bevor. Mit Maske schaut er schon mal aus wie ein echter Gladiator.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich