Kurator über Filme mit Zukunftsvision: „Kritik, um es besser zu machen“
Das Bremer Utopia Film Festival zeigt filmische Visionen einer besseren Gegenwart. Kurator Sebastian Heidelberger über utopische Gedanken.
taz: Herr Heidelberger, was ist denn so utopisch an Ihrem Festival?
Sebastian Heidelberger: Wir zeigen Filme zu unterschiedlichsten Themen, ich habe da keine Scheuklappen. Die einzige Bedingung ist, dass sie einen bestehenden Zustand kritisieren, um es besser zu machen, also dass sie einen utopischen Gedanken haben – sei es, dass die Filmemacher*innen einen entsprechenden Hintergrund haben, oder sich die Filme mit konkreten Projekten beschäftigen, die es schon gibt.
Das trifft auf Sci-Fi zum Beispiel nur selten zu.
Ja, nur wenige Spielfilme beschäftigen sich mit Utopien. Da sind eher die Dystopien gefragt. Meistens geht im Kino ja die Welt unter.
Aber jetzt haben Sie „Everything will change“ von Marten Persiel im Programm, in dem es um eine bessere Zukunft geht.
Das ist seit 2015 der erste Science-Fiction-Film, den wir zeigen. Er entwirft eine große Utopie. Und er tut dies low level. Ich glaube, er wird junge Menschen ansprechen. Er ist der richtige Film für die Generation „Fridays for future“ weil er nichts voraussetzt. Auch wer gar nichts über die Umweltzerstörung weiß, kann durch den Film motiviert werden, für eine Utopie zu kämpfen.
Utopia Film Festival: 14. bis 20. 11., täglich ab 18.30 Uhr, Kukoon Buntentorsteinweg 29, Bremen. Das ganze Programm gibt's online auf kukoon.de
Das Festival beginnt heute Abend mit „Gunda“ von Victor Kossakovsky, einem völlig anderen Film.
Das ist ein sehr ruhiger Dokumentarfilm in schwarz-weiß, in dem nur Schweine, Ferkel und andere Tiere auf einem Bauernhof gezeigt werden. Aber wenn man sich die Zeit nimmt, dann passiert viel im Kopf. Man fragt sich: Wenn ich anderthalb Stunden diesen Tieren beim Leben zuschaue, warum sollen die dann nicht auch ein Recht auf Leben haben?
35, ist freier Journalist und Filmemacher. Seit 2015 kuratiert er ehrenamtlich das Utopia Film Festival.
Das „Utopia Film Festival“ ist auch in der Machart utopisch. Es kommt ohne Förderung aus und der Eintritt ist frei. Wie machen Sie das?
Wir finanzieren uns komplett über Spenden. Der Eintritt ist kostenlos, weil wir niemanden aufgrund seiner finanziellen Situation ausschließen wollen. Aber es funktioniert, wenn die Leute freiwillig etwas geben. Und das ist tatsächlich eine kleine gelebte Utopie.
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