Kunstrestaurierung-Youtuber: Ursprünge breitflächig freigelegt
Kunstrestaurierung klingt altbacken, kann aber meditativ wirken. Das zeigt der Kunstrestaurator und Youtuber Julian Baumgartner.
Dreck wegbürsten, einen neuen Holzrahmen bauen, die Leinwand spannen, vergilbten Firnis entfernen, Farbe auffrischen, versiegeln. Unterlegt mit etwas klassischer Musik oder Kommentar.
Dieser Form folgen die hübschen Videos des Kunstrestaurators Julian Baumgartner, die man sich auf Youtube ansehen kann. Dazu eine Kerze anmachen und eine Tuchmaske aufsetzen und das Sonntagabendprogramm ist gebongt.
Die Videos gehören zur Kategorie oddly satisfying (seltsam befriedigend) und sind nicht so prätentiös, wie sie zunächst klingen. Beweis dafür sind die Kommentarspalten, in denen Baumgartners Zuschauer_innen die Arbeit vergangener Restauratoren, die zuvor an den alten Gemälden gearbeitet hatten, regelrecht dissen: „Ich, der mir nachts um 3 Uhr Reibekäse in den Mund schaufle: Manche Leute sind solche Loser“, oder „Ich kann nicht glauben, dass dieser Depp Polyurethan verwendet hat“.
Auch Baumgartner bewertet deren Arbeit oft als unnötig, unangemessen oder übertrieben und versucht dann mit seinen Techniken, die vom Künstler beabsichtigte Vision wieder zum Vorschein zu bringen.
Zu seinem Kommentar gibt es feine Geräuschaufnahmen der Skalpelle, die Lack abkratzen, Wattestäbchen, die Lösungen auftragen, und Pinsel, die neue Farbe auf die Gemälde bringen – eine Art Hintergrund-ASMR, die bei vielen angeblich beruhigend wirken soll.
Seine Expertise in allen Aspekten der Restaurierung spricht in den Videos für sich. Sein Studio wird bereits in der zweiten Generation betrieben. Es wurde 1978 von seinem Vater gegründet, von dem er auch das Handwerk der Restaurierung lernte. Baumgartner arbeitet mit Museen, Universitäten, Galerien aber auch mit Privatkund_innen, die ihm ihre Kunstwerke anvertrauen, damit er sie wieder zum Strahlen bringt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um Neuwahlen
Inhaltsleeres Termingerangel
Linkspartei nominiert Spitzenduo
Hauptsache vor der „asozialen FDP“
Überwachtes Einkaufen in Hamburg
Abgescannt
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn
Kein Döner ist illegal