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Kundgebung gegen KürzungspolitikBreiter Schulterschluss

Das neue Bündnis Soziales Berlin wehrt sich gegen Haushaltskürzungen des Senats. Zu einer Demo vor dem Abgeordnetenhaus kommen 4.000 Menschen.

Nicht bei der Oma kürzen Foto: dpa

Berlin taz | Während im Abgeordnetenhaus die erste Lesung des Entwurfs für den Doppelhaushalt 2026/27 stattfindet, haben sich davor nach Angaben des Paritätischen etwa 4.000 Beschäftigte versammelt.

Grund für den Protest sind die drastischen Sparmaßnahmen des Senats, die Sozial- und Bildungseinrichtungen sowie die Kultur besonders hart treffen. Zur Kundgebung hat das im Sommer gegründete Bündnis Soziales Berlin aufgerufen, dem über 100 Verbände, Gewerkschaftsvertretungen und Vorstände des Sozialbereichs angehören.

„Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation“, sagt Markus Galle, Sprecher der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und Mitinitiator des Bündnisses. „Dieses Jahr hat nochmal ein neues Level an Druck und Unsicherheit erreicht.“ Schon jetzt zeige sich, dass Projekte auslaufen müssen, Verträge nicht verlängert und steigende Fixkosten nicht gedeckt werden können. Gleichzeit wächst der Bedarf an Personen, die Hilfe benötigen.

Grundsätzlich seien Sozialarbeitende „nicht auf Rosen gebettet“, so Galle weiter, doch die Kürzungen verschlechterten die Arbeitsbedingungen weiter – insbesondere bei freien Trägern. Denn diese werden, anders als im öffentlichen Dienst, weder nach Tarif bezahlt, noch erhalten sie die Hauptstadtzulage, die der Senat im vergangenen Jahr noch zugesagt hatte.

Für Gleichbehandlung

Eine zentrale Forderung lautet daher die Gleichbehandlung freier Träger mit dem öffentlichen Dienst. Statt Konkurrenz setzt das Bündnis auf einen „breiten Schulterschluss“ – auch zwischen den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Umwelt, wie Max Bitzer, Gewerkschaftssekretär von Verdi, am Donnerstag bekräftigt. Denn schließlich stehe nichts weniger als die Zukunft der gesamten Stadtgesellschaft auf dem Spiel.

Auch die kommenden Jahre verheißen keine Kehrtwende – wenngleich der großzügig mit Schulden finanzierte Doppelhaushalt 2026/27 keine weiteren Kürzungen vorsieht. Doch zusätzliches Geld für den Sozialbereich wird es auch nicht geben. Von einer „Nullrunde“ spricht Galle von der Arbeiterwohlfahrt, die das Defizit nicht ausgleiche.

Sarah, Sozialarbeiterin bei einem Tagestreff für Wohnungslose in Lichtenberg, hält mit Kol­le­g:in­nen eine Schnur mit selbst gebastelten Kreuzen fest. „Die Kürzungen bedeuten, dass Menschen im Winter auf der Straße sterben müssen“, sagt die junge Frau. Der kommenden Kältehilfe-Saison blickt sie mit Sorge entgegen. „Bereits jetzt sind die Versorgungsbedingungen der Menschen mega prekär.“

Die Folgen würden sich in den nächsten Jahren wohl noch stärker niederschlagen.

Für die Schwächsten sind sie lebensbedrohlich.

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