piwik no script img

Kultursenator über Bismarck-Denkmal„Wir wollen nicht nur sanieren“

Wie sollte Hamburg mit dem Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark umgehen? Kultursenator Carsten Brosda setzt auf eine Neukontextualisierung.

Gereinigt wurde schon: Das 34 Meter hohe Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark Anfang April 2020 Foto: dpa
Interview von Paula Bäurich

taz: Herr Brosda, Bismarck gilt vielen als Wegbereiter des Kolonialismus. Warum investiert die Stadt jetzt so viel Geld in die Sanierung seines Denkmals?

Carsten Brosda: Die Sanierung geht auf einen Beschluss des Deutschen Bundestages zurück und wie bei solchen Projekten üblich, ist eine Kofinanzierung des Landes notwendig. Uns kommt es jetzt darauf an, dass wir eben nicht nur das Denkmal sanieren, sondern parallel einen Prozess organisieren, in dem wir für seine Kontextualisierung sorgen.

Was meinen Sie damit?

Ich hielte es für unerträglich, wenn wir Bismarck nur baulich und denkmalpflegerisch sanieren. Stattdessen müssen wir uns aus unserer jetzigen Perspektive mit diesem Zeugnis unserer Geschichte auseinandersetzen. Wie das geschieht, soll unter anderem heute diskutiert werden.

Ist der Kolonialismus überhaupt das Zentrale, über das wir bei Bismarck sprechen müssen?

Bild: dpa
Im Interview: Carsten Brosda

46, ist seit 2017 Senator der Behörde für Kultur und Medien, wo er zuvor Staatsrat war.

Mit Bismarck wird heute deutlich mehr in Verbindung gebracht als Kolonialismus, auch wenn sich die aktuelle Denkmaldebatte darauf konzentriert. Einige betonen den Kulturkampf, andere die Einführung der Sozialgesetzgebung unter Bismarck. Ich denke, er ist eine Figur, die sich nur aus ihrer Zeit heraus erklären lässt. Gleichzeitig müssen wir uns aber heute zu Bismarck vor dem Hintergrund unseres jetzigen Wissens und unserer Werte verhalten.

Wie kann das Denkmal dem gerecht werden?

Einerseits muss es erhalten bleiben, andererseits im Heute sichtbar kontextualisiert werden. Das wird auf verschiedenste Art und Weisen passieren – fest steht schon, dass wir partizipativ ein künstlerisch-didaktisches Konzept für eine Neukontextualisierung entwickeln werden.

Digitales Podiumsgespräch

„Bismarck neu kontextualisieren“: 19. November 2020, 18 Uhr, digital via Zoom. Mehr Informationen gibt es hier.

Warum diskutieren Sie denn erst jetzt darüber?

Der aktuelle Anlass ist die Sanierung des Denkmals. Zudem findet zurzeit eine internationale Debatte darüber statt, wie wir mit Denkmälern umgehen, die für eine Zeit stehen, die nicht mehr die unsere ist. Damit hat Hamburg übrigens bereits Erfahrungen gemacht – denken wir daran, dass die Kolonialdenkmäler vor der Uni in den 60er Jahren gestürzt worden sind. Dass solche Diskussionen immer wieder aufkommen, ist wichtig und gehört zu einer offenen Gesellschaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Es geht ja nicht nur um Bismarck als Person der Zeitgeschichte. Das Denkmal wurde zwischen 1901 und 1906 errichtet, in der Zeit also, in der Kaiser Wilhelm II den deutschen Imperialismus forcierte. Ein Jahr zuvor hatte der Kaiser bei der Abfahrt des deutschen Militärkorps nach China (Boxer-Aufstand) seine berüchtigte Hunnen-Rede gehalten. Zitat: „Kommt ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!" Darauf folgte der Genozid an aufständischen Afrikanern in den deutschen Kolonien. Das ist der Kontext, in dem das Denkmal errichtet wurde. Es geht dabei eben nicht um die Beurteilung des preussischen Junkers....Den hatte Wilhelm II ja herzlich verabscheut.



    Und zum Thema Denkmal nur soviel: Einst stülpten Aktivisten dem 'Eisernen Kanzler' eine Haube über - das ist immer noch die beste Idee.