piwik no script img

Kulturort in Hamburg-WilhelmsburgNeues Leben für die „Soul Kitchen“

Die Halle und das anliegende Gelände sollen gerettet werden. Die Stadt verhandelt bisher jedoch nur mit Unternehmen, nicht mit dem Kulturkanal-Netzwerk.

Auch ein Teil von „Kultur am Kanal“: Gelände am Veringkanal Foto: Pauli-Pirat/Wikimedia Commons

Hamburg taz | Seit sechs Jahren zerfällt die „Soul Kitchen“-Halle in Wilhelmsburg. Nun plant die Finanzbehörde, den Kultur- und Drehort des gleichnamigen Films von Fatih Akin wieder nutzbar zu machen. Als Eigentümerin verhandelt die Stadt mit Unternehmen, die als Nutzer in Frage kommen, wie Claas Ricker, der Sprecher der Finanzbehörde, mitteilte. „Ein denkbarer Nutzungsmix ist beispielsweise eine Brauerei mit Ausschank als Frequenz bringendes und belebendes Element, gekoppelt mit kleineren Einheiten für die Kultur und Kreativwirtschaft.“

Die „Soul Kitchen“-Halle wurde zwischen 2010 und 2012 als Veranstaltungsort genutzt, bis das Bezirksamt sie wegen Einsturzgefahr sperren ließ. Das im Anschluss daran entstandene Freiraumlabor „Soulvillage“ entwickelt seither Konzepte zur Gestaltung des Geländes, doch eine Sanierung galt bislang als zu teuer. Die anliegende 10.000 Quadratmeter große Brachfläche wird in die Vergabe mit einbezogen.

Am Wochenende hatten Aktivisten das Gelände kurzzeitig besetzt und sich konstruktive Gespräche mit der Stadt gewünscht. Diese ließ das Gelände räumen und erließ Strafanzeige gegen die Besetzer*innen. „Die Aktion vom Wochenende steht nicht im Zusammenhang mit der jetzt geplanten Sanierung“, versicherte Behördensprecher Ricker, „das ist ein Prozess der schon seit Langem läuft.“

Der ehemaliger Betreiber der „Soul Kitchen“ und Mitbegründer des Freiraumlabors, Mathias Lintl, ist froh, dass Bewegung in die Diskussion kommt. „Die beteiligten Behörden und Ämter standen sich lange Zeit selbst im Weg“, erklärte er, „wir haben deshalb damals eine Multikriterienanalyse vorgeschlagen – leider wurde der Vorschlag nicht aufgenommen.“

Spätes Lippenbekenntnis

Am Wochenende hatten Aktivisten das Gelände kurzzeitig besetzt. Die Stadt ließ es räumen und erstattete Strafanzeige

Nach den Vorstellungen des Senats sollen interessierte Firmen dazu verpflichtet werden, „alle Betroffenen des Kulturkanal-Netzwerkes in den Entwicklungsprozess mit einzubeziehen und bei der weiteren Konzeptentwicklung zu beteiligen“.

Für die Soulvillage-Gruppe ist das ein spätes Lippenbekenntnis: „Jahrelang auf Pacht- und Kaufangebote von Aktiven vor Ort nicht reagieren, den bekannten Drehort verfallen lassen und zur Kaschierung ihres Nichtstuns nun – weil Bier geht immer – einen ominösen Investor vorschieben“, postete sie.

Ob anstelle eines Gebotsverfahrens eine Direktvergabe möglich ist, beurteilt die Hamburger Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Grundsätzlich sei diese nur dann möglich, „wenn ein Käufer ein Alleinstellungsmerkmal aufweist“, wie die Finanzbehörde mitteilte.

Am 14. Juni jährt sich die Eröffnung der „Soul Kitchen“ zum zehnten Mal. Die Soulvillage-Gruppe kündigte an, dies würdevoll zu feiern und weiter auf einer sinnvollen Nutzung zu beharren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Soulkitchen Halle war ein magischer Ort.



    Es gab dort viele tolle Veranstaltungen, die ich allesamt in guter in Erinnerung habe.



    Das Puplikum war bunt, die Preise niederschwellig.



    Es war ein Szenetreffpunkt, den es nach dem Ende der Bauausstellung und Gartenschau 2013 so nie wieder geben sollte.



    "Zufälliger" Weise war mit dem Ende der Ausstellungen auch das Ende der Soulkitchen Halle besiegelt.



    Die Halle wurde dicht gemacht, aber nicht von der Stadt, sondern der Stadt gehörigen Sprinkenhof AG, die viele Stadteigene Gebäude und Flächen verwaltet.



    Kulturschaffenden und auch der Stadt selbst haben es anscheinend schwer gegen die Interessen dieser Firma vorzugehen.



    Ich finde es ein Unding, dass führende Politiker und die Kulturbehörde dafür aussprachen die Halle weiter zu betreiben, dies aber nicht möglich war, weil das Interesse der Sprinkenhof AG über denen der Stadt stehen.



    Man kann nur spekulieren, ob diese weitgehende Privatisierung im öffentlichen Raum sogar nicht selbst von der politik beabsichtigt war, um sich um weniger kümmern zu müssen.



    Es ist innerhalb der Soulkitchen Szene bekannt, dass der Betreiber und die Verwaltung sich nicht grün miteinander waren, was anscheinend zur Schließung geführt haben soll. Die öffentliche Meinung sieht anders aus und es mag nach einer Behauptung klingen, was ich schreibe.



    Angeblich sollten dort LKW-Stellplätze hingebaut werden und aufgrund der angeblichen Einsturtzgefahr, durfte auch hinterher niemand mehr hinein um sich ein zweites Urteil darüber zu fällen, ob dies auch wirklich der Fall ist.



    Ich wette das Gebäude steht immer noch wie eh und je dort ohne das irgendwas geschehen ist.



    Für mich starb auf alle Fälle mit der Soulkitchen Halle ein weiterer Freiraum für unbekanntere Künstler und ein wichtiger Szeneort Hamburgs.