Kultur vor Ort: Concordia zerbröckelt
Aus dem Concordia-Theater zieht die Shakespeare Company in ein paar Wochen aus. Was dann kommt, ist ungewiss. AnwohnerInnen wollen den Kulturort erhalten.
BREMEN taz | Abriss, Studentenwohnheim, chinesisches Restaurant? Wie es mit dem Gebäude des Concordia-Theaters im nächsten Jahr weitergeht, ist unklar. Klar ist: Die Shakespeare Company zieht bald aus. Der Umbau ihrer Heim-Spielstätte am Leibnizplatz ist fast abgeschlossen.
Zum Ende des Jahres hat der Concordia-Vermieter der Company gekündigt. Die will, oder vielmehr muss, bis März bleiben, drei Monate länger als geplant. Im Januar sind noch Vorstellungen, im Februar zwei Lesungen. Noch hat der Vermieter der Verlängerung nicht zugestimmt. „Wir bleiben bis März“, sagt Renate Heitmann, Chefin der Shakespeare Company. Danach aber war’s das mit dem Theater-Standort. Zumindest bis jetzt. Der Vermieter will die Miete, die Frage ist, wer sie zahlt. Am Freitag rief Heitmann die AnwohnerInnen ins Haus.
Denn die hängen an „ihrem“ Theater. Der Kulturort dürfe nicht sterben, sagte Katrin Dicken, Anführerin von etwa 20 aktiven NachbarInnen. „Es wäre ein Skandal, das Theater dicht zu machen und es den Baggern zu überlassen“, sagte ein anderer. Ein Bauantrag liegt bislang noch nicht vor. Unverbindliche Voranfragen, auch zu einem Abriss, anscheinend schon. Das hat auch der grüne Kulturpolitiker Carsten Werner gehört. Er war ebenfalls gekommen, verbindet mit dem Haus Erinnerungen an seine erste eigene Regiearbeit.
Dass die Stadt einspringt, hält er für unwahrscheinlich. Das Gebäude sei zu sanierungsbedürftig: „Der Vermieter hat Jahre lang nichts getan“, so Werner. Nun Projekte zu unterstützen, damit die dann die hohe Miete weitergeben, sei nicht Sinn der Sache. „Es wurde ja vielmehr versucht, subventionierte Projekte wieder in städtischen Gebäuden unterzubringen“. So wie das Theaterlabor, dass früher im Concordia war und nun im Volkshaus ist.
Egal wie, die Anwohner wollen das Concordia erhalten. „Wir wünschen uns einen klugen Nachmieter, der mehr im Sinn hat als wirtschaftliche Interessen“, so Dicken. Liquide aber müsste er schon sein: 2.400 Euro hat die Shakespeare Company jeden Monat gezahlt, dazu etwa 2.000 Euro für Strom und Heizung. Geld, das man erst mal einspielen muss. Kleine, freie Theater schaffen das kaum. 2007 trennte sich das Bremer Theater aus Kostengründen von der Spielstätte, in der seit 1971 Größen wie Rainer Werner Fassbinder oder George Tabori inszenierten. 1851 begann hier alles mit Gartenkonzerten, seit 1880 ist ein Schankbetrieb angegliedert. Das Haus hat Tradition, aber einen schlechten Zustand.
Nach einer Asbestsanierung ist das Gebäude kaum noch gedämmt. Den Lärm der Bahnstrecke neben dem Haus müsse man in die Inszenierungen integrieren, sagt Heitmann. Nach dem Zweiten Weltkrieg war für einige Zeit ein Kino im Gebäude, heute wäre das kaum noch möglich. Eine Diskothek, das wäre drin – das ist vielleicht eine der Chancen.
Denn VertreterInnen des „Zuckerwerks“, die bis zum Frühjahr die subkulturelle „Zucker“-Disko betrieben, zeigten Interesse. Ohne institutionelle Förderung aber, so Noemi Goszik, sei das nicht möglich. Und doch: Nach der Anwohner-Besprechung setzen sie sich mit VertreterInnen von kleinen, freien Theaterprojekten zusammen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!