Kürzungen im Gewaltschutz: Doch nicht zu Tode gekürzt
Im Bereich Gewaltschutz drohten Kürzungen. Der Berliner Senat kündigte nun an, die Kürzungen zurückzunehmen und sogar zusätzliche Mittel bereitzustellen.
Geschlechtsspezifische Gewalt steigt. 2024 wurden laut Senatsinnenverwaltung rund 43.000 Flinta* in Berlin Opfer von Gewalt. 2020 waren es noch 31.833. Das Dunkelfeld dürfte um ein Vielfaches höher sein. Trotzdem plante der schwarz-rote Senat im Gleichstellungsetat 2025/26 2,574 Millionen Euro einzusparen. Damit wäre jedes Projekt, das Flinta* (Frauen, Lesben, inter*, nicht-binäre, trans*, und agender* Personen) vor geschlechtsspezifischer Gewalt schützt, von Kürzungen bedroht.
Schon jetzt ist der Bereich massiv unterfinanziert: Laut Senatssozialverwaltung existieren 579 Schutzplätze, notwendig wären nach den Vorgaben der Istanbul-Konvention, zu der sich Deutschland 2018 verpflichtete, nahezu doppelt so viele.
Doch nun kündigten die Fraktionsvorsitzenden der Berliner CDU und SPD an, alle Haushaltskürzungen in diesem Bereich zurückzunehmen. Zudem sollen weitere 10 Millionen Euro aus dem Sondervermögen des Bundes in den Bereich fließen, weitere 16 Millionen sind demnach für den Ausbau von Frauenhausplätzen vorgesehen. Details sind bislang nicht bekannt. Verabschiedet wird der Haushalt durch das Abgeordnetenhaus am 18. Dezember.
Der Entschluss wird im Gewaltschutzbereich begrüßt. Die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG) warnt jedoch: „Die Ankündigung kam (…) leider zur spät, um die betriebsbedingten Kündigungen zurückzunehmen, die viele Einrichtungen bereits aussprechen mussten.“ Sie fordert schnelle Klarheit für Träger, damit die Strukturen nicht weiter Schaden nehmen.
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt gegen Flinta* demonstrierten in Berlin am Dienstag Tausende. Am Nachmittag demonstrierte ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis unter dem Motto „Kürzt ihr uns zu Tode?! – Lasst uns gewaltfrei leben!“ am Brandenburger Tor. Spöter am Abend folgte eine Demonstration des Bündnisses „Keine* Mehr!“, bei der bis zu 800 Teilnehmer*innen vom Justizministerium in Mitte nach Kreuzberg zogen.
Sie forderten den schnellen Ausbau von Frauenhausplätzen und Beratungsstellen, verpflichtende Schulungen zum Thema für Polizei, Richterschaft und Staatsanwaltschaft sowie verpflichtende Täterarbeit. Zudem brauche es Datenaustausch unter Behörden, Fallkonferenzen, Gefährdungsanalysen und in Hochrisikofällen die Anordnung der elektronischen Fußfessel.
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