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Künstliche IntelligenzAchtung bei Prophezeiungen

Über die Zukunft der Künstlichen Intelligenz wird aktuell viel spekuliert. Sicher ist nur, dass niemand genau voraussagen kann, wohin die Reise geht.

Die Glaskugel zur Zukunftsforschung hat Tradition Foto: Everett Collection/imago

K lar, alles zum Thema KI ist heute der heiße Scheiß. Man redet drüber und weiß doch nicht, was „Künstliche Intelligenz“ genau bedeutet. Könnte sie mir helfen, dass der Apfelstrudel besser gelingt? Ist sie nützlich beim Aufräumen der Abstellkammer, wo wirklich alles nach menschlicher Unintelligenz aussieht? Hat sie überhaupt in sich einen Sinn, außer, alles effizienter zu machen?

Die Wahrheit ist: Es weiß niemand genau. Wer aber vermutlich von ihr profitieren wird, sind die Zukunftsdeuter. Allein in den letzten Monaten sind gefühlt vier Dutzend Bücher zum Thema erschienen, mit gefühlten Titeln wie: „KI & Diesdas“ oder „Dasdies und KI“. Die einzige tragfähige Prognose dieses Textes: Es werden noch viel mehr Bäume gerodet und zu Buchpapier verarbeitet werden müssen, denn es wird noch mehr Expertise zur wichtigsten Sparte im Sachbuchbereich geben – vor allem zu KI.

Und: auf dieses Wort kommt es an, „Zukunft“. Wer über die Zukunft schreibt, hofft auf eine in eigener Sache gute Aussicht, nämlich ExpertIn zu werden für die Zukunftserörterung, hier eben in Sachen KI. So vieles wird vorhergesagt und doch tritt es selten ein. Alle Spekulationen – und um nichts anderes handelt es sich – eint, dass sie allenfalls Möglichkeiten, keinesfalls aber Garantien aufzeigen. Baumsterben? Nicht in der geweissagten Art eingetreten. Hunger überall in der Welt? Ist nicht so.

Und jetzt KI. Macht Menschliches bald überflüssig. Wir werden bald beherrscht von allwissenden, götterähnlichen Maschinen und Apparaten. Alles Mist. Zukunftsforschung ist dem Gewerbe des Glaskugellesens näher als dem wahren Leben. Expertismus, der behauptet, das Morgen zu kennen, flunkert. Was Morgen ist, sieht man morgen. Die echten Klugheiten brauchen keine KI, sie sind als Zukunft sehr gegenwärtig: Wer hätte gedacht, dass Trump & Co. das westliche Lebensverständnis so schnell und gründlich ausradieren wollten und es ja auch tun?

Wo war die Zukunftsexpertise, dass ein US-Präsident mal gegen alle politische Wahrheit mit einem Imperator wie Wladimir Putin kooperieren würde? Da hilft keine KI, niemals könnte sie das: Diese Politik als schändlich zu verstehen. Zukunft kann, muss sie aber nicht, schrecklicher sein, als Kassandras je zu fantasieren vermochten. Das hätte KI nie glaubwürdig spekulieren können.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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