Künstliche Intelligenz in Games: KI first, Arbeiter:innen second
Der Games-Hersteller Krafton hat angekündigt, stärker auf künstliche Intelligenz zu setzen. Das verursacht gleich mehrere Probleme.
P Portrait of adolf hitler“ hacke ich in meine Tastatur. „KI-Textur wird generiert“ antwortet das Spiel. Wenig später starrt mir ein Mann mit verzerrtem Gesicht entgegen, der überhaupt nicht aussieht wie Adolf Hitler. Ich seufze erleichtert und wähle die brandneue Textur als meinen Sofa-Bezug aus. Na ja, hübsch ist das nicht. Aber immerhin hat das Spiel meinen Test bestanden: Für Nazis ist dieses Tool nix.
Ich befinde mich im Bau-Modus des Spiels „Inzoi“ – ein Lebenssimuationsspiel, dessen erste Version 2024 veröffentlicht wurde. Cool daran sind die KI-Tools, mit denen man sein Haus und die Personen, die man spielt, individualisieren kann.
Krafton, der Herausgeber von „Inzoi“, hat nun in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, mehr in künstliche Intelligenz zu investieren. KI soll wichtiger werden, nicht nur als Tool, das man im Spiel nutzen kann, sondern auch bei der Produktion von Spielen. Krafton ist damit nicht alleine, die neuen Investoren von EA haben Ähnliches verkündet.
Mich macht das unruhig, denn ich hasse KI leidenschaftlich. Wenn ich meine Freund:innen um Rat frage und sie sagen mir: „Frag doch mal ChatGPT“, dann würde ich am liebsten losschreien. Ich denke daran, wie KI entsteht, nämlich durch Training. Dieses Training ist meist problematisch, weil zum einen unser aller Daten verwendet werden, die wir jeden Tag ins Internet rausschleudern. Wir haben keine Kontrolle darüber, was davon an KI weitervertickt wird.
Zum anderen müssen Menschen dieses Training meist unter miesen Arbeitsbedingungen durchführen, zum Beispiel in Kenia. Diese Menschen müssen sich mit traumatischen Inhalten befassen, damit „Inzoi“ mir keine Hitler-Bilder ausspuckt. Und dann sind da noch der immense Wasser- und Stromverbrauch, der durch KI-Anwendungen entsteht. Wenn Krafton auf „AI first“ setzen will, bin ich also erst mal skeptisch. Auch aus einem weiteren Grund.
Ich kann wertschätzen, wenn KI-Tools mein Spielerlebnis individueller machen. Wenn KI aber zentrale Spielinhalte machen soll, sehe ich diese langweilig und schlimmstenfalls diskriminierend werden.
Denn KI sucht auf der Basis ihrer Trainingsdaten nach den wahrscheinlichsten Antworten. Und wird damit zur Vorurteilsreproduktionsmaschine. Die Daten sind in der Regel wie unsere Gesellschaft: kapitalistisch, patriarchal und rassistisch geprägt. Künstler:innen, die Inhalte für Spiele schaffen, können sich im Gegensatz zu KI entscheiden, aktiv entgegen ihren Vorurteilen zu arbeiten.
KI ist gut darin, menschliche Kreativität zu unterstützen, aber schlecht darin, eigene Ideen zu Ende zu denken. Das müssen Arbeiter:innen in den Studios oft ausbügeln, berichteten Entwickler:innen auf dem Blog aftermath.site. KI einzusetzen, bedeutet nicht, dass man Arbeitskräfte sparen sollte.
Befürchtet wird nun, dass Krafton genau das vorhat. Massenentlassungen sind ein Trend in der Branche. Damit Spiele weiter Spaß bringen, wäre es aber wichtig, dass Menschen kreativ denken. Bei meinen erbärmlichen Prompting-Skills bin ich darauf angewiesen, dass Entwickler:innen mir schöne Texturen zu Verfügung stellen. Und meine Zois sind bestimmt auch dankbar für anständige Sofa-Bezüge.
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