piwik no script img

Künstler über bewaffnete Kinder„Er zielte auf die eigene Mutter“

Für sein Fotoprojekt „Kinder entwaffnen“ ist Uwe Schröder einmal um die Welt gereist. Er hat bewaffnete Kinder zum Fußball gebracht.

Geht es nach Uwe Schröder, sollte dieser Junge lieber einen Ball schießen als mit dem Gewehr Foto: dpa
Interview von Markus Lücker

taz: Herr Schröder, seinen Anfang hatte „Kinder entwaffnen“ am 9. Mai 2014 in Sibirien, der Tag, an dem Russland seinen Sieg im Zweiten Weltkrieg feiert …

Schröder: Morgens bin ich von Panzerkolonnen geweckt worden. Jeden Mai finden in allen russischen Städten Militärparaden statt. An Ständen werden Gewehre ausgelegt, damit das Volk die mal anfassen kann. Da war dieser Junge, Kalaschnikow im Anschlag, und zielte auf die eigene Mutter – während die Mutter für ihn die Luftballons hielt.

Eine echte Waffe?

Die war echt. Kinder werden in Putins Propagandamaschine reingezogen. Sie werden mit Uniformen ausstaffiert, die gibt es mittlerweile in Kleinkindgröße.

Ihr Gegenentwurf: Lieber mit dem Ball schießen als mit dem Plastikgewehr.

Die Symbolik mutet natürlich naiv an. Aber dadurch bin ich mit Leuten in Kontakt gekommen, sie haben die Ehrlichkeit gesehen. Es geht um kleine Momente des Umdenkens. In Mexiko habe ich bei einer Familie aus Militärs gelebt – und der Sohn spielte mit Kriegsspielzeug. Denen habe ich meine Meinung gesagt – natürlich behutsam. Zum Abschied kam der Familienvater noch mal auf mich zu. Der fand das gut, diesen neuen Blick von außen.

Im Interview: Uwe Schröder

57, promovierter Bauingenieur, ist für "Kinder entwaffnen" über neun Monate durch dreizehn Länder gereist.

Waren Sie Politaktivist?

Eigentlich nicht. Ich habe meine leidvolle Erfahrung gemacht, als ich in der DDR zum Militär kam. Als 18-Jähriger musste ich in diesem Gefängnis funktionieren.

Die taz im Neuland

Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.

Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de

Das muss Anfang der Achtziger gewesen sein. Eine Zeit, in der man zwangsläufig politisiert wurde?

Für mich war das eher ein Trauma. Vermutlich steckte mir das auch noch unter der Haut, als ich in Sibirien diesen Jungen mit der Kalaschnikow gesehen habe. Wir müssen nein sagen zum Krieg. Koste es, was es wolle.

Ausstellung „Kinder entwaffnen“: 19.-22.4., 19-21 Uhr, Krudebude, Stannebeinplatz 13, Leipzig

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!