Künftige Forschungspolitik der Bundesregierung: Neue Strategien notwendig

NGOs kritisieren die Zukunftsstrategie des Forschungsministeriums: Sie bleibe in der Logik stecken, zuvorderst die Wirtschaft zu stärken.

Ein Graureiher, auch Fischreiher genannt, steht allein an einem renaturierten Bach

Biodiversität spielt in der Forschungspolitik der Bundesregierung immer noch keine Rolle Foto: Rupert Oberhäuser/imago

BERLIN taz | Wie soll die künftige Forschungspolitik der Bundesregierung aussehen? Derzeit läuft die Debatte über die „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation“ auf Hochtouren. Über 60 Stellungnahmen aus Wissenschaft und Wirtschaft sind beim federführenden Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eingegangen. Auch Organisationen der Zivilgesellschaft und Ökoverbände sind dabei, deren Positionen in der Vergangenheit bei der „Forschungszukunftsplanung“ meist unter den Tisch gefallen waren. Wird es diesmal anders sein?

„Transformation? Fehlanzeige.“ So kommentierte Steffi Ober vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) den ersten Entwurf der Strategie, der Ende Oktober veröffentlicht wurde. Vom Versprechen des Ampel­koali­tions­vertrags, Visionen und Ideen für eine lebenswerte Zukunft mit Hilfe von Forschung und Innovation zu entwickeln, sei in dem Papier nichts zu spüren. Es bleibe vielmehr in „der alten Logik stecken“, die darauf ausgerichtet sei, vor allem die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft zu stärken.

„Dabei verkennt diese Zukunftsstrategie völlig, dass eine ungebremste Klima­krise und der Verlust der Biodiversität unseren Wohlstand komplett vernichten werden“, moniert die Sprecherin der Zivilgesellschaftlichen Plattform Forschungswende. An dieser Stelle räche sich, so Ober, „nicht nur der völlige Mangel an Transformationsforschung, sondern auch der Unwille der Politik, sich ernsthaft mit der notwendigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zu beschäftigen“.

Auch der Verbund von acht Instituten aus der Nachhaltigkeits- und Zukunftsforschung Ecornet fordert, dass der Forschungsfokus „vorrangig auf Minderung der Klimakrise, Schutz von Biodiversität, Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Daseinsvorsorge sowie globaler Gerechtigkeit“ gelegt werden solle. „Die Zukunftsstrategie sollte partizipativer ausgerichtet werden“, erklärte Klima- und Energieforscherin Camilla Bausch, Direktorin des Ecologic Instituts und Sprecherin von Ecornet.

Noch sei unklar, wie die Strategie weiter ausgearbeitet werden soll. „Wir empfehlen einen transparenten Prozess und eine öffentliche Debatte unter Einbindung von Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft“, so Bausch. Zwar gebe es im Entwurf ­Ansätze zur Partizipation. Doch ziele dieses Verständnis von Beteiligung „häufig allein darauf, Akzeptanz zu schaffen und Risikoaver­sio­nen in der Gesellschaft zu überwinden“.

Bessere Zusammenarbeit

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat seine Stellungnahme in eine Broschüre mit dem Titel „Ressourcenwende“ gepackt. Darin werden „Zehn Etappen für eine systematischere Zusammenarbeit von Wissenschaft und Zivilgesellschaft“ vorgestellt.

Zivilgesellschaftlich fundiertes Wissen ist aus Sicht des BUND „für die Lösung kommender sozial-ökologischer Transformationskonflikte notwendig“. Und zwar nicht nur, weil dieses Wissen dabei helfen könne, die anstehenden „Verteilungsfragen besser zu begreifen“, sondern auch, um „die Wirtschaftsaktivitäten oder Infrastrukturen ressourcenschonender“ zu gestalten.

Anfang 2023 soll die Strategie regierungsamtlich fertig sein. Dann steht für die Zivilgesellschaft der nächste Partizipationstest an: Ob sie im Begleitgremium, dem „Zukunftsforum“, neben den Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft gleichfalls angemessen Sitz und Stimme erhalten wird.

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