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Krümmel-BrandMit Gasmaske im AKW-Kontrollraum

Jetzt auch noch Rauchgas in der Reaktorzentrale: Täglich werden neue Details des Brands im Atomkraftwerk Krümmel bekannt.

Brand im AKW Krümmel Bild: dpa

Der Atomkonzern Vattenfall gerät wegen seiner Informationspolitik nach dem Brand im AKW Krümmel immer stärker unter Druck. Wie am Freitag bekannt wurde, ist bei dem Feuer am Donnerstag vergangener Woche durch das Lüftungssystem Rauchgas in die Leitwarte des Kraftwerks eingedrungen. Nur mit einer Gasmaske habe ein Mitarbeiter seinen Dienst in diesem zentralen Steuerraum des Reaktors fortsetzen können, teilte das schleswig-hosteinische Sozialministerium mit. Das Bundesumweltministerium verlangte daraufhin Aufklärung und bat Vattenfall und die Landesaufsicht zu einem "bundesaufsichtlichen Gespräch" am Montag.

Bürger für Atomausstieg

Mehr als die Hälfte der Bundesbürger befürworten den Ausstieg aus der Atomenergie. Nahezu ein Drittel will ihn sogar beschleunigen. Das geht aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag von n-tv hervor. 31 Prozent der 1.003 Befragten wollen die Akws schneller als vereinbart abgeschaltet sehen. Das sind 9 Prozentpunkte mehr als im April 2005. 24 Prozent sind mit dem bisherigen Ausstiegsfahrplan einverstanden, im Vorjahr waren das noch 41 Prozent. Auf der anderen Seite sind 18 Prozent der Bürger der Meinung, das Ausstiegstempo sollte verlangsamt werden, und 22 Prozent wollen am Atomstrom festhalten.

Vattenfall bestätigte den Vorfall. Mehrere Mitarbeiter im Kontrollraum hätten unter Schleimhautreizungen gelitten. "Der Reaktorfahrer selbst hat nach Öffnung der Ventile eine Gasmaske angelegt", sagte Bruno Thomauske, Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy. Zudem habe es im Zuge der Schnellabschaltung Probleme bei der Eigenstromversorgung des Kraftwerks und bei der Datensicherung gegeben. Nach dem Brand hatte Vattenfall zunächst behauptet, der Reaktor selbst sei nicht betroffen gewesen.

Auch räumte Vattenfall Fehler bei der Schnellabschaltung ein: Nach dem Brand im Transformatorgebäude sei der Reaktor durch ein Missverständnis schneller als geplant heruntergefahren worden, erklärte Thomauske. Der Reaktorfahrer habe eine Anweisung seines Chefs falsch verstanden. Die schnelle Reduzierung des Drucks im Reaktor von 65 auf 20 Bar sei für gravierendere Störfälle vorgesehen und objektiv nicht notwendig gewesen. Dazu habe der Mitarbeiter zwei Ventile von Hand geöffnet.

"Vattenfall hat mit den Eingeständnissen weiterer Vorfälle seit letzter Woche in skandalöser Weise deutlich gemacht, mit welcher Lässigkeit ein weltweit agierender Stromkonzern mit den Ängsten der Menschen umgeht", sagte der energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Olaf Schulze.

Bereits zuvor hatte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast gefordert, dem Stromversorger Vattenfall die Lizenz zum Betrieb von Atomreaktoren zu entziehen. Das Unternehmen verfüge nicht über die zwingend geforderte Zuverlässigkeit. Das Kieler Sozialministerium will den Vorschlag prüfen: "Wir lassen gerade klären, ob das Land dazu rein rechtlich in der Lage ist", sagte ein Sprecher der taz.

Hintergrund der Forderung ist ein Passus im Atomgesetz, der Betreibern von Atomanlagen eine besondere Vertrauenswürdigkeit abverlangt. "Vattenfall hat die Öffentlichkeit nicht über das wirkliche Ausmaß des Zwischenfalls informiert", sagte Künast. Der Vorwurf trifft das Unternehmen nicht zum ersten Mal: Auch bei der Beinahekatastrophe im schwedischen Reaktor Forsmark 2006 sowie bei Störfällen in Brunsbüttel hatte Vattenfall erst verspätet über die wahre Dimension aufgeklärt.

Grünen und Landes-SPD sind nicht die einzigen Vattenfall-Kritiker. Auch im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) rumort es: Gegenüber der Öffentlichkeit äußert sich die Behörde zwar grundsätzlich nicht zu Reaktorstörfällen. Doch gegenüber dem übergeordneten Bundesumweltministerium gab die Fachbehörde ihrer Verwunderung über die jüngsten Ereignisse im Hause Vattenfall sehr wohl Ausdruck, wie aus internen Kreisen zu erfahren ist. Dabei stört sich das BfS zum einen an der Häufung der Störfälle in den Meilern Brunsbüttel und Krümmel, zum anderen an der wiederholt zögerlichen Informationspolitik. Rein formal wäre ein Entzug der Lizenz machbar. Im Atomgesetz ist klar definiert, dass atomrechtliche Genehmigungen widerrufen werden können, wenn "eine ihrer Voraussetzungen später weggefallen ist und nicht in angemessener Zeit Abhilfe geschaffen" wird.

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