Kroatien und Bosnien-Herzegowina: Neues Wahlrecht für mehr Einfluss
Ein HDZ-Vorstoß soll Kroatiens Macht in Bosnien-Herzegowina ausweiten. Solch nationalistische Pläne widersprechen EU-Recht.
Der Kroate möchte in Bosnien-Herzegowina ein Wahlgesetz durchsetzen, das den Einfluss der dortigen kroatischen Nationalistenpartei HDZ BiH ausbauen soll. Die Partei hält es etwa für ungerecht, dass das kroatische Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums des Gesamtstaates durch alle Bürger der Teilrepublik „bosniakisch-kroatische Föderation“ gewählt werden kann, nicht nur von Kroaten. So wurde zwar vor zwei Jahren mit Željko Komšić ein Kroate ins Staatspräsidium gewählt, doch der gehört einer sozialliberalen Partei an und nicht der HDZ.
Außerdem wollen die kroatischen Nationalisten das Wahlgesetz in Bezug auf die Zweite Kammer des Parlaments, die Völkerkammer, so verändern, dass sie ein Vetorecht erlangen würden. Die Völkerkammer kann vom Parlament beschlossene Gesetze kippen.
Dagegen spricht ein Urteil des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofes von 2009. Damals hatten die Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde und der Roma-Minderheit gegen die Diskriminierung von Bürgern, die nicht den drei „konstitutiven Nationen“ der Serben, Kroaten und Bosniaken angehören, geklagt und Recht erhalten. Denn Menschen aus diesen Gruppen und jene, die sich nicht national definieren wollen, haben laut Verfassung kein Recht, in höchste Staatsämter gewählt zu werden.
Gleichbehandlung statt Trennung
Das Urteil verlangt die Gleichbehandlung aller Staatsbürger in Bosnien-Herzegowina – und somit das Gegenteil dessen, was die Nationalisten wollen: die weitere Trennung der Bevölkerungsgruppen. So fordert etwa HDZ-Chef Dragan Čović die Gründung einer national definierten „kroatischen Entität“ (Herceg-Bosna).
Das widerspricht europäischem Recht, dessen Achtung eine Voraussetzung für die EU-Aufnahme ist. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte kürzlich auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, eine Verfassungsreform müsse in Bosnien durchgesetzt werden.
So suchte sich Kroatiens Außenminister Unterstützung von EU-Ländern, wo ebenfalls völkisch-nationalistische Ideologien präsent sind. Ungarn, Bulgarien, Slowenien, Griechenland und Zypern haben das „Zagreb-Non-Paper“ unterschrieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos