piwik no script img

Kritischer Verlag in HongkongFünf Regimekritiker verschwunden

Verschleppte die chinesische Polizei Mitarbeiter eines kritischen Verlags? Das würde bedeuten, dass auch in Hongkong Regimekritiker nicht mehr sicher.

Schmallippig: Hongkongs Regierungschef Leung Chung-ying. Foto: dpa

Berlin taz | Im Fall der fünf verschwundenen Mitarbeiter eines Peking-kritischen Buchladens und Verlags in Hongkong gibt es laut Regierungschef Leung Chung-ying keinerlei Anzeichen für eine Entführung durch chinesische Agenten. Dies wäre auch „inakzeptabel“, erklärte Leung am Montag.

Denn Aktionen der chinesischen Polizei in Hongkong würden gegen die Verfassung der Sonderzone verstoßen. Diese verspricht der früheren britischen Kolonie nach der Formel „ein Land, zwei Systeme“ Autonomie und ein eigenes Rechtssystem. „Der Fall macht uns große Sorgen“, so der Peking-freundliche Leung.

Seit Oktober sind fünf Mitarbeiter des Verlages Mighty Current und des Causeway Bay Bookstores nicht mehr aufgetaucht. Drei verschwanden im Oktober auf dem chinesischen Festland, ein weiterer in Südthailand. Besonders der fünfte Fall, des Mitarbeiters Lee Boo, beunruhigt. Lee hatte sich für die Aufklärung der Fälle seiner Kollegen eingesetzt, verschwand aber selbst letzten Mittwoch spurlos innerhalb Hongkongs, als er in einem Lager des Verlags war. Später meldete er sich bei seiner Frau, nach deren Aussage unter einer Telefonnummer aus dem benachbarten chinesischen Shenzhen.

Lee sagte demnach, er müsse bei einer Untersuchung mitwirken und würde einige Zeit fortbleiben. Dabei sprach er ungewöhnlicherweise Hochchinesisch und nicht in dem in Hongkong üblichen Kantonesisch. Lees Frau stellte fest, dass seine Reisedokumente noch zu Hause waren. Hongkongs Polizei erklärte später, sie habe keinen Grenzübertritt Lees dokumentiert.

Hongkongs Demokraten fürchten, dass Lee von Agenten Pekings aufs chinesische Festland verschleppt wurde. Das hieße, Regimekritiker sind in Hongkong nicht mehr vor Verfolgung sicher. In China werden immer wieder Regierungskritiker verschleppt und in „schwarzen Gefängnissen“ eingesperrt. Ein prominentes Opfer war der Künstler Ai Weiwei.

Laut Albert Ho, einem Politiker der Demokratischen Partei, plante der Verlag, ein Buch über eine außereheliche Affäre von Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping herauszugeben. Ho hatte am Sonntag eine Demonstration vor Pekings Vertretung in Hongkong organisiert und vergeblich Auskunft über den Verbleib Lees und seiner Kollegen gefordert. Der inzwischen geschlossene Buchladen war bei chinesischen Touristen beliebt. Dort bekamen sie Bücher, die auf dem Festland verboten sind.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Sieht auf den ersten Blick sehr stark nach einer Werbekampagne des Verlages aus ...

     

    Der gute Hr. Wei war kein Opfer sondern Täter, er hat Steuern in zweistelliger Millionenhöhe und war dafür ganz rechtsstaatlich einige Zeit in Untersuchungshaft.