Kritik an deutscher Krisenpolitik: Teurer als Weltrettung
Zur Bewältigung der Krise wurde 45-mal so viel Geld ausgegeben wie für Armutsbekämpfung und Klimaschutz.

BERLIN taz Umwelt- und Entwicklungsverbände haben die Krisenpolitik der Regierung heftig kritisiert. Zur Rettung der Spekulanten hätten die Industriestaaten binnen eines halben Jahres 45-mal so viel Geld mobilisiert, wie bislang zur Armutsbekämpfung und für den Klimaschutz insgesamt ausgegeben worden sei, sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von "Brot für die Welt", am Donnerstag in Berlin. "Anstatt die Weichen national und international neu zu stellen, doktert die Regierung an Symptomen herum."
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger sagte: "900 Milliarden Euro sind notwendig, um die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen." Zur Bankenrettung seien gerade 7 Billionen Euro ausgegeben worden. "Die Spekulanten investierten jahrzehntelang zu Gunsten einer kurzfristigen Rendite zu Lasten von Natur und Zukunft." Und obwohl nun das Geschäftsmodell als untauglich entlarvt ist, gebe es aus der Politik wieder nur "kurzfristige Instrumente, die die alten Strukturen am Leben halten sollen".
Weiger kritisierte in diesem Zusammenhang die Abwrackprämie als einseitige Unterstützung von Autobesitzern und Konzernen. Weder der öffentliche Nahverkehr der Kommunen noch jene Menschen, die sich "umweltverträglich" verhielten, profitierten von der Prämie. Deutschland müsse sich ein Beispiel am Schwellenland Südkorea nehmen, dessen Konjunkturprogramm "zu mehr als zwei Dritteln aus ökologischen Investitionen besteht". In Deutschland liege der Anteil lediglich bei 13 Prozent des Konjunkturprogramms.
"Falls die Erderwärmung überhaupt noch durch finanzielles Investment aufgehalten werden kann, dann muss sofort umgesteuert werden", so Weigert. Alle wissenschaftlichen Studien belegten, dass "die wirtschaftlichen Folgen der Bankenkrise Peanuts im Vergleich zu den wirtschaftlichen Folgen der Klimakrise sein werden".
Wilfried Steen, der Vorstand des Evangelischen Entwicklungsdienstes, forderte ein Konjunkturprogramm für Entwicklungsländer. Europa solle 35 Milliarden Euro jährlich aufbringen, um die Staaten des Südens zu unterstützen. "Wie die Klimakrise ist die Finanzkrise Produkt der ersten Welt." Deshalb seien die Industriestaaten auch hier in der Bringepflicht.
NICK REIMER
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt