Kritik an Nothilfe für Studierende: Zu spät und zu wenig Geld
Studierende in Not, die weniger als 500 Euro auf dem Konto haben, sollen nun Zuschüsse vom Bund erhalten. StudierendenvertreterInnen sind empört.
Ende April hatte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) daher schnelle und unbürokratische Hilfe für Studierende in Not angekündigt. Sie sollen einerseits zinslose Kredite von bis zu 650 Euro beantragen können. Für Härtefälle wollte Karliczek einen Nothilfefonds mit 100 Millionen Euro aufgelegen, aus dem die Betroffenen Zuschüsse erhalten, die nicht zurückgezahlt werden müssen.
Nun fast einen Monat später sind auch der Fahrplan und die Konditionen für den Fonds klar. Studierende, die nachweisen können, dass sie weniger als 500 Euro auf dem Konto haben, bekommen einen Zuschuss. Und zwar maximal drei Monate lang. Die Höhe des Zuschusses richtet sich nach dem Kontostand. Wer 100 Euro auf dem Konto hat, bekommt 400 Euro, wer 400 Euro vorweisen kann nur 100 Euro. Maximal werden 500 Euro ausgezahlt, Studierende, deren Kontostand bereits im Minus liegt, können also keine Schulden zurückzahlen.
Anders als im April verkündet, sollen auch Studierende profitieren, die Bafög-berechtigt sind. Sie müssen aber, wie alle anderen AntragstellerInnen auch, mit Kontoauszügen über drei Monate belegen, dass ihr Kontostand durch natürlichen Mittelabfluss gen Null gesunken ist und nicht durch Überweisung riesiger Rücklagen auf Auslandskonten.
500 Euro reichen gerade mal für die Miete
Doch zunächst müssen sich die Studierenden noch ein wenig gedulden. In Absprache mit den Studentenwerken, die die Auszahlung verwalten, lässt das BMBF zunächst ein Onlinetool entwickeln, über welches die Anträge via Internet gestellt werden können. Das soll bis 8. Juni einsatzbereit sein, so dass die ersten Gelder ab 22. Juni fließen können.
Die Freude auf Seiten der Studierenden hält sich in Grenzen. Zu spät und zu wenig, so der Tenor. „Nur der Anschein des Helfens soll erweckt werden“, kritisiert Jacob Bühler vom Freien Zusammenschluss von Student*innenschaften (fzs). Studierenden, die in finanzielle Not geraten sind, könne so nicht geholfen werden. „Die Realität ist: Viele Studierende müssen alleine für ihre Miete über 500 Euro bezahlen“, so Bühler. Der studentische Dachverband fordert die Entlassung Karliczeks.
Unterstützung erhalten die StudierendenvertreterInnen von Grünen und Linken im Bundestag, ebenso auch von den Gewerkschaften. Der grüne Bildungsexperte Kai Gehring kritisiert die „Bummelei“ des Ministeriums: „Mindestens vier weitere Wochen dauert es, bis die Nothilfe der Studierenden ankommt.“
Ähnlich äußerte sich auch Nicole Gohlke, hochschul- und wissenschaftspolitische Sprecherin der Linksfraktion: „Hunderttausende Studentinnen und Studenten hängen in einer Warteschleife aus Ankündigungen und Dementis fest, und dem Bundesbildungsministerium fällt nach fast drei Monaten nichts Besseres ein, als ein Antragstool für die mickrigen 100 Millionen Euro zu entwickeln.“
Wer verhinderte die Öffnung des Bafögs?
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack erklärte die Nothilfe angesichts von Lebenshaltungskosten, die im Durchschnitt über 800 Euro lägen, für vollkommen unzureichend. „Hier wird ein großer bürokratischer Aufwand betrieben, um den Anspruch auf einen viel zu geringen Zuschuss nachzuweisen“, so Hannack.
Kritik kommt auch vom Koalitionspartner, der SPD. Die Bildungsministerin habe schnelle und unbürokratische Hilfe für Studentinnen und Studenten in Not versprochen, dieses Versprechen aber nicht eingehalten, so deren bildungspolitischer Sprecher im Bundestag Oliver Kaczmarek. „Hätten wir, wie von uns und nahezu der gesamten Fachwelt gefordert, das Bafög befristet geöffnet, gäbe es längst Hilfe für in Not geratene Studierende“, kritisierte Kaczmarek.
Dass das nicht geklappt hat, soll aber nicht nur an der Union, sondern auch an SPD-Finanzminister Olaf Scholz gelegen haben, so berichten es BildungspolitikerInnen von Union und Grünen. Denn eine Erweiterung des Kreises der Bafög-Empfänger hätte vermutlich mehr als eine Milliarde Euro gekostet.
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