piwik no script img

Kritik an Lebensmittel-TafelnOrt der Scham

Eine Hamburger Master-Studentin hat die Bedeutung der Spenden-Tafeln für ihre Nutzer untersucht. Diese würden durch die Art der Essensausgabe beschämt.

Wer sich in die Schlange der Spenden-Tafel einreiht, erwartet eine Gabe, die auch ausbleiben kann. Bild: dpa

Die Hamburger Tafeln machten zuletzt im Winter Schlagzeilen, weil sie überlastet waren und Bedürftige wegschicken mussten. Zwanzig Jahre gibt es diese Art der Hilfe schon, bei der meist von Supermärkten abgegebene, unverkäufliche Lebensmittel an Arme ausgeteilt werden.

Doch anders als oft dargestellt, sei dies nicht ein Ort, an dem Betroffene neben Lebenshilfe auch „Wertschätzung und Solidarität“ erfahren, erklärt Svenja Fischbach, die für ihre Masterarbeit eine qualitative Studie erstellte. Die Tafeln seien ein „Ort der Scham“ und trügen zur Stigmatisierung armer Menschen bei.

Die kritische Diskussion um die bundesweit von rund 1,5 Millionen Menschen genutzten Tafeln gärt seit einigen Jahren. Die Diakonie Hamburg, die als Dachverband die Hamburger Tafeln fachlich betreut, lädt anlässlich des anstehenden 20-Jährigen Jubiläums heute Abend zum „Nachdenken über die Tafeln“ ins Altonaer Dorothee-Sölle-Haus ein. Dort wird Fischbach ihre Studie vorstellen und mit Experten, Nutzern und Ehrenamtlichen diskutieren.

In den Medien wird viel über die Helfer und Initiatoren von Tafeln berichtet. Der Blick aus Perspektive der Nutzer ist relativ neu. Svenja Fischbach hat sich im Dezember 2013 und Januar 2014 von sechs Frauen und vier Männern im Alter von 35 bis 65 Jahren erzählen lassen, wie sie den Gang zur Tafel erleben. Eine wollte das nach Leitfaden geführte Interview nicht in ihrer Wohnung führen, aus Angst, die Nachbarn hörten zu.

20 jahre Tafel

Die Idee der Tafel kommt aus den USA: Lebensmittel, die noch genießbar sind, sollen nicht in den Müll wandern, sondern an Menschen gehen, die sie brauchen.

Die erste deutsche Tafel wurde 1993 in Berlin gegründet. Seit 1994 gibt es in Göttingen und Hamburg Tafeln, 1995 folgten Kiel und Bremen, 1996 Osnabrück, 1999 Hannover. Laut Bundesverband gibt es heute mehr als 900.

Die Lebensmittel kommen aus Supermärkten, Bäckereien, Hotels, Großküchen oder von der Lebensmittelindustrie.

In Hamburg gibt es im Bereich von Gemeinden und Diakonie drei Tafeln mit 22 Ausgabestellen. Diese werden wöchentlich von etwa 12.000 Haushalten genutzt und von rund 600 freiwilligen Helfern unterstützt.

„Es ist etwas ganz anderes als im Supermarkt einkaufen zu gehen“, berichtet Fischbach. Die Menschen müssen meistens in der Warteschlange anstehen, mal eine halbe Stunde, mal bis zu zweieinhalb Stunden lang. Dabei kann es vorkommen, dass sie im Regen stehen oder auf Toilette müssen.

Die Reihenfolge werde mit Nummern geregelt. Kommen die Tafel-Besucher dann an die Reihe, dürften sie nicht selbst auswählen, sondern bekämen von den Helfern Nahrungsmittel in die Tasche gepackt.

Das ginge „nicht immer nur unbedingt feinfühlig zu“, die Sachen würden „dir reingeworfen, du kannst gar nicht fragen oder irgendwie gucken“, berichtete man Fischbach. Es wären schon mal Dinge dabei, die sie aus gesundheitlichen Gründen nicht essen können, oder es gebe drei Wochen nur Wirsingkohl.

Die Ehrenamtlichen wurden Fischbach teilweise als reserviert und unfreundlich beschrieben. Und als eine Nutzerin eine Tafel aufsuchte, die die Vergabe anders handhabt, und dort selbst Obst und Brot aus Körben auswählen durfte, spricht sie vom „Schlaraffenland“.

Die Helfer könnten auch bestimmen, wer wie viele Lebensmittel erhält, berichten die Nutzer. Einer hatte den Eindruck, er werde nicht gemocht und bekomme deshalb weniger. Ein anderer berichtet, er bekomme „mal einen Joghurt mehr“. Von der Nutzern werde „Bescheidenheit, Demut und Dankbarkeit erwartet“.

Sie kämen in eine passive und ohnmächtige Rolle, was „nicht förderlich für gesellschaftliche Beteiligungsprozesse“ sei, so die Absolventin der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie Hamburg.

„Das Problem ist, dass es hier nicht um ein Recht geht, sondern um eine freundliche Gabe, die auch ausbleiben kann“, sagt der Sozialwissenschaftler Holger Schoneville von der Uni Kassel. Er arbeitet ebenfalls an einer qualitativen Studie, für die er Menschen aus Norddeutschland interviewte.

„Die Menschen sind auf der einer Seite sehr dankbar“, sagt Schoneville. „Aber sie werden durch die Tafeln auch beschämt.“ Und Schamgefühle seien „nichts Nebensächliches“, da sie ein positive Selbstwertgefühl verunmöglichen.

Ein ganz konkreter Anlass für das Empfinden sozialer Scham sei die „Bedürftigkeitsprüfung“, sagt Fischbach. Nutzer müssen ihren Hartz-IV- oder Rentenbescheid vorlegen, um Essen zu bekommen. Wenn diese Prüfung wegfalle, wäre schon etwas gewonnen.

Doch die Tafel sollten auch andere erzieherische und disziplinierende Mechanismen ihrer Praxis „selbstkritisch hinterfragen“, fordert Fischbach. Für Helfer müsse es Schulungen zu achtsamem Umgang und einen „verbindlichen Verhaltenskodex“ geben, für die Nutzer dagegen Beiräte oder andere Möglichkeiten, um sich einzubringen.

Perspektivisch aber müsste die Tafelbewegung die Armut skandalisieren und sich für bedarfsgerechte Grundsicherung einsetzen, „sodass Tafeln nicht mehr nötig sind“. Das sieht auch Schoneville so. Leider, sagt er, gebe es einen Konsens unter allen Parteien, in den Tafeln nicht ein Armutsphänomen, sondern ehrenwertes zivilgesellschaftliches Engagement zu sehen.

Etwas zu kurz kommt bei all dem die Sicht der Tafelbetreiber. Laut Diakonie-Sprecher Stefan Becker gibt es noch im Herbst eine zweite Veranstaltung, bei der es um deren Perspektive geht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich kann sehr viele - auch die kritischen - Kommentare nachvollziehen. Ich stand bei den Tafeln zuerst vor und später auch hinter dem Thresen.

     

    In Einzelfällen ist die Kritik sicherlich berechtigt. Man darf dabei allerdings nicht vergessen, dass die Tafelmitarbeiter meist keine Profis sind, sondern selbst zu den Bedürftigen gehören, die durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit etwas Sinnvolles tun.

     

    Meine Kritik an den Tafeln besteht darin, dass sie dem Staat eine wichtige und teure Aufgabe abnehmen, für die der Staat keine Gegenleistung bringt.

     

    Eine regierungsseitige Unterstützung, z.B. durch steuerbegünstigte grüne Nummernschilder findet nicht statt, obwohl andere "caritative" Institutionen damit gutes Geld verdienen.

     

    Bekämen alle ehrenamtlichen Mitarbeiter der Tafeln den gesetzlichen Mindestlohn und würden die Kosten für den Betrieb der Tafeln in den Bundeshaushalt einfließen, ständen wir wahrscheinlich in der Nähe des Verteidigungshaushaltes.

     

    Da fragt sich der brave Bürger, was wohl sinnvoller ist?

     

    Wer die Tafeln und ihre Arbeit in Frage stellt, sollte unsere Regierung in Frage stellen.

  • Würde man Obst/Gemüse, was nicht verpackungskonform ist, in Sozial- Läden zum Kauf anbieten, statt für die Vernichtung zu bezahlen, würde nicht nur Nahrung sinnlos vernichtet, sondern auch die Arbeit der bauern gewürdigt.

    Es bleibt Discountern unbenommen, ebenfalls Lebensmittel zu spenden. Inzwischen gibt es schon Discounter, die kurz vor Ablauf vom Mindesthaltbarkeitsdatum die Preise um 30%, teilweise sogar durch noch niedrigere Sonderpreise senken.

    Beschämend ist, dass Politiker bis zu 1 Million Euros an "Nebeneinkünften" erzielen können, aber bedürftige Bürger notfalls auf die Tafeln verweisen.

  • Ist eigentlich mal darauf hingewiesen worden, dass dieses Tafelangebot sowieso nur für die Stadtbevölkerung geeignet ist?

    Wenn hier in meinem Dorf jemand zur Tafel wollte, müsste er erst irgendwie ca.7€ investieren, um dahin zu kommen. Mit Glück hat er auch die Kondition ca. 2h mit leeren Rad hin und mit vollgepacktem zurückzufahren.

    Wenn ich zu den richtigen Zeitpunkten hier in die Läden gehe, bekomme ich auch alles entsprechend runtergesetzt. Wenn ich jetzt den ganzen Tag sogar Zeit hätte, würde ich hier auf dem Dorf vor den Läden warten, bis die wieder so weit sind und alles, was raus muss, auf ein Viertel des regülären Preises runtersetzen bzw. mir im Garten selber was anbauen. Und ansonsten kann ich auch den ein oder anderen Bauern fragen, ob ich ihm beim Ernten mal helfen kann oder bei 'ner Hausschlachtung.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Wie wäre es, wenn die Damen und Herren Akademiker, die sich selbst mit größtenteils sinnlosem Statistiken- und Studienquatsch gegen horrende Einkommen die Zeit totschlagen, mal jenen genauer auf die Finger schauen, die dafür verantwortlich sind, daß überhaupt Menschen auf die Tafel angewiesen sind? Aber natürlich: Wer beißt schon die Hand, die ihn füttert?

     

    Oder warum stellt sich Frau Fischbach nicht selbst als Helferin bei der Tafel zur Verfügung, wenn ihr so sehr dran gelegen ist, anstatt sich auf Podiumsdiskussionen mit schlauen Sprüchen zu profilieren?

     

    Widerlich, die bequeme Besserwisserei der verwöhnten akademischen Wohlstandsklasse. Sie selbst sind Teil des Problems, nicht der Lösung.

    • @90191 (Profil gelöscht):

      PS: 4. Es ist oben ja beschrieben, dass es bei diesen Studien um die Perspektive der Nutzer geht und eben nicht um "verwöhntes Akademikerblaba"

    • @90191 (Profil gelöscht):

      1. Um denen auf die Finger zu klopfen, die verantwortlich für die Armut sind, sind diese Studien nötig, sie liefern die Argumente gegen die aktuelle Politik.

      2. Hier zu unterstellen, dass jemand für eine extrem aufwändige Masterarbeit, die sicherlich alles andere als "bequem" war "gefüttert" wurde, ist eine absolut vermessene Spekulation. In der Regel werden solch "unbequemen" Abschlussarbeiten von niemand finanziert, sie entstehen in Monaten kostenloser Arbeit.

      3. Inwiefern ein solches Engagement, welches skandalöse Zustände öffentlich macht, "widerliche" und "Teil des Problems" sein soll, ist absolut unverständlich.

       

      Sinnvoller wäre es doch, die Ergebnisse ernst zu nehmen und mit allen Beteiligten und Interessierten nach Lösungen zu suchen und da sind wir uns einig: Diese Armutszustände müssen politische Konsequenzen haben!

  • Überall gibt es Mitarbeiter die pampig sein mögen.

  • Was ist eigentlich mit dem zur Würde des Menschen gehörenden Sozialdatenschutz, wenn man sich vor Privatpersonen als "anspruchsberechtigt" ausweisen muß, obwohl es sich um Almosen handelt?

     

    Das BVerfG hat in BvR II 03/10 RNr 145 explizit darauf hingewiesen, daß Sanktionen unter Verweis auf diese Tafeln verfassungswidrig seien. Wenn man hier schon was von "fachlicher Betreuung durch die Diakonie" liest, ahnt man, das die Organisierte Sozial...äh -Industrie gar kein Interesse an der Abschaffung haben kann. Jede Menge Pöstchen für höchstqualifizierte Sozialverwaltungsfachangestellte etc. gingen da verloren, wenn die Klientel sich ihr Zeug wie jeder andere bei Aidl und Co beschaffen dürfte/könnte.

    • @jacha:

      Sehr richtig, es gibt eine Sozialindustrie, die keinerlei Interesse hat, sich selbst abzuschaffen. Das bedeutet, je mehr Menschen es gibt, die auf Hilfe angewiesen sind, umso besser geht es dieses Industrie. Dann gilt es nur noch, diesen Umstand zu erhalten. Wie hier auch geschrieben wurde, sollte sich eine Hilfe, die wahre Hilfe ist am Schluss erübrigen. Doch hier ist das so gar nicht angedacht. Das gilt nicht nur für die Tafeln, der Mensch wird von einer Hilfe in die nächste durchgereicht, und siehe da, immer hat die Wohlfahrt die Finger im Spiel. Ein Schelm, wer sich Übles dabei denkt!

  • Deshalb:

    Den Rechtsanspruch auf die Transferleistungen durchsetzen und für eine Erhöhung von Alg2 kämpfen und gegen die Kürzungen, Strafen, Schikanen.

    Der Reichtum ist überall zu finden. Nur die AfD will ihn nicht rausrücken.

    • @nzuli sana:

      Schuld an der Misere ist eher die SPD und Schröders Agenda2010, so wie unsere sparsame Kanzlerin mit ihrer CDU, die Trolle von der AfD spielen da kaum eine Rolle. Da nicht nur Arbeitslose davon betroffen sind,sondern auch Geringverdiener und Rentner,...und vor allem Kinder, ist die Abschaffung aller Sozialleistungen und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens erstrebenswerter, als für Alg2 Erhöhungen zu kämpfen und die Hartz Gesetze damit aufrecht zu erhalten.

  • Rund 1,5 Millionen Menschen nutzen derzeit bundesweit die Tafeln - der eigentliche Bedarf dürfte mindestens doppelt oder dreimal so groß sein, denn die Tafeln arbeiten ja nicht flächendeckend.

     

    Die derzeitige Notwendigkeit von Tafeln für den Alltag so vieler Menschen ist in meinen Augen ein offensichtlicher Beweis, dass mit den Hartz- und Rentenreformen der - eigentlich grundgesetzlich garantierte! - Anspruch auf ein bedarfsdeckendes, menschenwürdiges Existenzminimum faktisch immer mehr zur Farce wird. Und das auch noch unter der offiziellen Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin ...

     

    In meinen Augen sind die Tafeln ein gesellschaftspolitischer Skandal.

    • @Der Sizilianer:

      Und auch ein ökologischer Skandal: Tonnen von essbaren Lebensmitteln würden ohne die Tafeln als Müll entsorgt. Ist gerade auch Titelthema beim enorm-Magazin: http://enorm-magazin.de/fuer-die-tonne

       

      Ich habe es als Kunde bei der Tafel ja gesehen: Frischkäse, der noch vier Wochen haltbar ist, eine Fülle an Backwaren vom Vortag, getrocknete Nudeln (halten ewig) aus Überproduktion. Selbst bei der vergleichsweise kleinen Fuldaer Tafel würde so manch einem die Augen angesichts des Überflusses überquellen! Auf der anderen Seite gibt es viele Menschen, bei denen das Geld kaum zu Leben reicht.

       

      Einige haben Jahrzehnte hart gearbeitet und sind dann in die Altersarmut abgerutscht. Erschreckend...

  • Ich finde es unglaublich, dass in einem reichen Land mit einem angeblich festen Sozialsystem überhaupt so viele Menschen auf Tafeln angewiesen sind! Die Regierung rechnet m.M. Hartz-IV und Renten falsch aus. Viele Menschen verschulden sich im Hartz-Bezug, weil sie mit den Geldern gar nicht auskommen. Und damit meine ich nicht Verschwendungen für Zigaretten, Bier etc. , sondern die scheitern am normalen Satz.

  • Ich war selber fast zwei Jahre lang Kunde bei der Fuldaer Tafel. Anfangs habe auch ich mich in Grund und Boden geschämt. Auch durch die Lockerheit, Freundlichkeit etc. der dortigen Mitarbeiter und andere Kunden, konnte ich meine Scham bald ablegen. Das ist ja ein innerer Prozess und es liegt an jedem Einzelnen, wie er seine Situation empfindet.

     

    Andersherum haben die Mitarbeiter selten das Wort "Danke" gehört und wer es ehrlich gebraucht, zauberte ein Lächeln auf die Gesichter. Natürlich habe ich auch Demut empfunden, was für mich ein positiv besetzter Ausdruck ist und natürlich war ich dankbar: Da transportieren und schleppen Freiwillige in ihrer Freizeit tonnenweise Lebensmittel, um sie zu verteilen. Ich möchte an dieser Stelle aber nicht den Rahmen der Kommentarfunktion sprengen, daher:

     

    In meinem Buch "Mein Weg aus dem Burnout - Der Stressfalle entkommen, Lebenskunst entwickeln" erfahren Leser u. a. wie ich zur Tafel kam und was ich dort alles erlebt habe (Kapitel "Schattensprünge). Infos unter http://www.pomaska-brand-verlag.de/index.php?id=427

  • "Sozialarbeit hat ein einziges übergeordnetes Ziel,"Sich auf Sicht selbst überflüssig zu machen!"

    Leider wird kein Sozialarbeiter(gerade professionelle),kein Amt ,keine Diakonie,Stadtmission,...dieses Ziel so verfolgen und sich daher immer weiter entpolitisieren.Niemand von denen will sich halt selbst gesellschaftlich überflüssig machen um irgendwann auf der anderen Seite vom Thresen zu stehen.

    • @rudeboy143:

      Jeder, der in sozialen Bereichen tätig ist und einen zumindest durchschnittlichen IQ hat, dürfte wissen, dass er nix weiter ist als der Reparaturbetrieb des Kapitalismus.

      Um ehrlich zu sein, war das lange, bevor ich mich entschied, im sozialen Bereich tätig zu werden eine Tatsache, die mir bekannt war und ich kenne kaum Kollegen, die das anders sehen.

       

      Aufgabe ist es eher für einen selbst, sich die Nischen zu suchen, in denen man sinnvoll doch noch was machen kann und bei viel Glück noch einen emanzipatorischen Ansatz rüberbringen kann. Das muss aber von einem selbst kommen. Auf der Uni bekommen Sozialarbeiter und -pädagogen das selten beigebracht.

  • Sozialarbeit hat ein einziges übergeordnetes Ziel,"Sich auf Sicht selbst überflüssig zu machen!"

    .

    20 Jahre Tafel? Überfordert weil zu viele Kunden? ...... und 700Mio. € für den "Schrottbau" an der Elbe. Wunderschöne Kontraste:-(((((

    .

    Tafeln = Gute Werke sind so was von Elberfelder Modell!

    .

    Kennt niemand mehr?

    .

    Zu Beginn der Industrialisierung taten sich in Wupertal-Elberfeld die Fabrikantengattinen zusammen um etwas für die armen Arbeiterkinder zu tun, denen es so "Dreckig" ging, weil sie so arm waren.

    .

    Die Ehemänner dieser Damen zahlten aber weiter Löhne unter dem Existenzminimum!

    .

    Diakonie, Ehrenamt..... die übliche Mischung, von unausgebildeten "Helfenden Händen" die die politische Ebene ihrer Arbeit nicht begreifen:-((

    .

    Wenn die Leute die sich mit Tafeln ein "gutes Gewissen" machen oder sich sozial Abgrenzen...... nur 1/4 ihrer Arbeitskraft für die politische Ebene verwenden würden, wären Tafeln schon lange überflüssig und wprden wegen "keine Kunden" eingehen!

    .

    Brummt Sikasuu

    (der nicht verstehen kann, wie sehr sich Sozialarbeit , selbst professionelle, sich in den letzten Jahren entpolitisiert hat!!)

  • Bitter zu lesen -

    insbesondere die Kommentare;

    und soziale Scham gräbt sich tief ein.

     

    Gib einem Menschen einen Fisch

    und er ist satt -

    lehre ihn Fischen -

    und er wird nie wieder Hunger haben.

    (chin.Weisheit)

     

    ps - gibt es Untersuchungen

    zu Emmaus et al?

  • Die Ausgabe läuft in der Regel sehr unfair ab.Fast jeder Ehrenamtliche hat seine"Lieblinge" die etwas mehr bekommen oder ohne Nummer vorgelassen werden.Andere "unsymphatische", wie alleinstehende Männer(die können ja arbeiten gehen),Suchtkranke oder Menschen mit sprachlichen Verständigungs-problemen bekommen oft nur wenig oder unbrauchbare Ware.Dadurch kommt es oft zu Streitigkeiten während der Ausgabe.Wirklich hochwertige Gourmetprodukte landen oft unterm Ausgabetisch und später in den Taschen der Ehrenamtlichen, obwohl diese meist selbst nicht bedürftig sind. Nach der Ausgabe ist mir regelmäßig aufgefallen wie abwertend die Ehrenamtlichen über die 1€Jobber und über die "Kunden"geredet haben.Obdachlose(die oft nichts bekommen weil die nötigen Papiere fehlen)Suchtkranke, Roma und Sinti und andere mit Migrationshintergrund heißen dort bei einigen z.b."das Pack".Auch Menschen die sich herausnehmen die Lebensmittel selbst auszuwählen sind nicht beliebt."Es wird gegessen was auf den Tisch kommt.Auch noch Anforderungen stellen,sei froh und dankbar wenn du überhaupt was bekommst"bekommen Bedürtige regelmäßig zu hören.Auch bei z.b. Muslimen, die ja kein Schweinefleisch essen wird kaum eine Ausnahme gemacht. Natürlich gibt es auch die Ehrenamtlichen die die Arbeit in der Ausgabe sehr korrekt machen ,wo auf die Bedürfnisse der Menschen (wie bei Vegetariern, Muslimen, Menschen mit Lebenmittelunverträlichkeiten, Allergien,...)eingegangen und sogar darauf geachtet und beraten wird, in welchen Lebensmitteln sich z.B. tierische Produkte oder Schweinefleisch versteckt befinden.Aber das ist leider noch die Ausnahme.

  • Ich habe ca.1 Jahr als Helfer der Kieler Tafel gearbeitet und kann viele dieser Vorwürfe bestätigen.Ziel der Tafel-bewegung war es einmal,darauf hinzuarbeiten,daß keine Tafeln mehr nötig sind und sich daher selbst schnell wieder abzuschaffen.Doch die Tafeln expandieren.Und dies mit Hilfe der Jobcenter.Die meisten Helfer der Tafeln sind 1€ Jobber.Diese sind füs Einsammeln der Lebensmittel und alles rund um die Ausgabe z.B. Reinigung der Ausgabestätte zuständig.Die Ehrenamtlichen sind für die Organisation und die Ausgabe der Lebenmittel zuständig.Als 1€ Jobber ist man aber lediglich Helfer der Tafel und ist damit den Gepflogenheiten einiger Ehrenamtlichen ausgesetzt. Dass bei der Tafel nicht registriert wird, dass mit 1€Jobs ein System aufrecht erhalten wird,in dem sämtliche hart erkämpfte Arbeitsrechte ausgehebelt werden, finde ich sehr fragwürdig. Es wird von Tafelbetreibern und z.b. der Diakonie(die als Maßnahmeträger mit 1€Jobbern eine ganze Menge Fördergelder vom Staat kassiert) sogar angenommen, daß den Menschen damit etwas Gutes getan wird, da sie wieder eine Beschäftigung und einen geregelten Tagesablauf haben.Die Ehrenamtlichen sind oft ältere sehr konservative Menschen, bei denen ich mich oft gefragt habe, welche Motivation hinter ihrem Ehrenamt steckt.Die Art und Weise (das Nummernsystem ), wie Menschen für teilweise unbrauchbare Ware anstehen müssen ist Menschenverachtend und ist sogar in Krisengebieten besser geregelt.

  • Wenn die "Bedürftigkeitsprüfung" wegfällt, wird leider beschissen...Das Phänomen der "Freerider" wurde auch schon in der "taz" thematisiert ...

    • @kasus74:

      Beschissen wird eh schon.Einige fahren mit nem BMW oder Benz zur Tafel und packen sich den Kofferraum voll.Wenn sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren können....Es geht aber um Lebensmittel die sonst auf dem Müll landen und nicht um HartzIV oder andere Geldleistungen und daher ist eine Bedürftigkeitsprüfung überflüssig.Auch ein Arbeiter kann vorübergehend mal finanzielle Probleme haben,so daß der Kühlschrank leer bleibt und er auf "Hilfe" angewiesen ist.

      • @rudeboy143:

        ach ja, die schlimmsten"Freerider"sind unsere Politiker, Wirtschaftsbosse und Manager die neben ihren hohen Diäten und Gehältern alles kostenlos in den A.... gesteckt bekommen.

        • @rudeboy143:

          Word!!

  • Die beschämende Behandlung kann ich nur aus eigener Erfahrung bestätigen. Bei der Tafel in Reutlingen muss man Morgens um 8 Uhr eine Nummer abholen (anstehen draussen bei jedem Wetter). Nachmittags wieder kommen und dann in Nummernreihnefolge Essen kaufen, wenn man seine Nummer verpasst Pech ganz hinten anstellen. Anfahrtszeit mit öffentlichen bei mir 25 Minuten (einfacher Weg). Da ich stillte hatte mir eine Dame vom Jugendamt geraten um einen G-Schein zu bitten (gehbehindert), damit müsste ich nicht morgens schon eine Nummer holen und könnte mittags gleich zu Anfangs rein. Das hatten auch schon andere stillende Mütter bekommen. Gesagt getan, fragte die Dame von der Tafel nach dem G-Schein, diese rastete total aus. Sie brüllte laut herum dass das die Höhe sei erst einen Tafelschein wollen und dann noch einen G-Schein obwohl ich doch gesunde Beine hätte. Ich versuchte ihr noch zu erklären, dass das doch nur wg. des Babys und der Stillerei sei. Es sei doch Winter und ich könnte doch nicht draussen im Regen oder Schnee stehen und stillen oder wickeln nur um meine Nummer zu bekommen. Sie hat mich gnadenlos niedergebrüllt während ich unter Tränen (voll hormonelles Chaos) meinen ersten und einzigen Einkauf in der Tafel Reutlingen getätigt habe. Frecherweise bat ich als Vegetarierin um 2 Stück Käse anstatt 1 Käse und 1 Wurst. Wieder kam die Furie und brüllte. Ein Mann nach mir tauschte vor ihren Augen dann mein Wurstpäckchen gegen sein Käsepäckchen. Zum Glück brauchten wir nur 4 Monate Harz 4 . Diese Erfahrung war sehr erniedrigend. Später habe ich erfahren, dass diese Frau für ihre Tätigkeit bei der Tafel geehrt wurde.

    • @illsister:

      Wir haben auch einige solche "Ehrenamtlichen",ist also kein Einzelfall bei den Tafeln.Menschen mit Betreuung und Mütter während der Schwangerschaft und Stillzeit dürfen bei uns jedoch immer vor und brauchen keine Nummer.Als Vegetarier hat Mensch bei der Tafel fast immer Probleme,da in der Ausgabe meist alte konservative Leute stehen,die sich darüber noch nie Gedanken gemacht haben.

    • @illsister:

      Diese Hexe hätte ich nicht geehrt, sondern der beim letzten Einkauf den Krempel links und rechts ins Gesicht geklatscht; das kommt bei Milch und Jogurt besonders gut. :-)))

  • Die sehr viel zu niedrigen Hartz-IV-Sätze sind keine Geld-Problem. Dieser Staat verschwendet unfassbare Summen sinnlos. Eine Aufstockung würde auch den vollarbeitenden Niedriglöhnern großen Nutzen bringen, weil deren Einkommen nach oben folgen würde. Und für die "Konjuktur" wäre es eine sicher wirkendes Förder-Programm; Grund: Wer kein Geld hat kann nichts kaufen.

    Aber heute ist Hartz-IV nicht anderes als die SUBVENTIONIERUNG der ganz Reichen, die Arbeitsleistungen geschenkt bekommen, die von den Steuern der JOB-Besitzern bezahlt werden müssen. Nicht die Arbeitslosen erhalten Subventionen, sondern die JOB-Vernichter.

     

    Dieses Land hat ein gigantisches "Bedarf-Potential", aber das bleibt ungenutzt.

    Und das ist Absicht der Neoliberalen, weil es Millionen Menschen denunziert, demoralisiert, entwürdigt und die Menschen gegeneinander aufhetzt. Faulheit: Wer hat denn die Trümmer nach 1945 weggeräumt? Die selbsternannten "Eliten" waren es nicht. Wer dann?

    Ich denke: Wem eine notwendige Arbeit es nicht wert ist, sie so zu bezahlen, wie es für eine angemessenes Leben INNERHALB der Gesellschaft nötig, der muss diese Arbeit selber machen; Zwangsarbeit wie bei Hartz-IV ist eine schweres Verbrechen.

     

    Was würde sein, wenn die Opfer des Neoliberalismus für sich selbst die Methoden eben dieses Neoliberalismus entdecken? Könnte schnell dazu kommen.