Kritik an Innovationspolitik: Mehr Gerechtigkeit statt Hightech

Experten fordern, die Innovationspolitik der Bundesregierung stärker an Nachhaltigkeit und sozialem Ausgleich zu orientieren.

Ein Elektrofahrzeug, dass an einer E-Tankstelle aufgeladen wird

Auch in Sachen innovativer Mobilität hat die Bundesrepublik Nachholbedarf Foto: dpa

BERLIN taz | Die Innovationspolitik der Bundesregierung braucht dringend eine Kursänderung in Richtung Nachhaltigkeit und sozialen Ausgleich. Diese Auffassung vertritt der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU), der am Mittwoch im Forschungsausschuss des Bundestages zur „Hightech-Strategie“ der Regierung angehört wird.

Das Gremium zur Umsetzung dieser Innovationsstrategie der Bundesministerien, das „Hightech-Forum“, war in der Vergangenheit wiederholt wegen seiner Technologielastigkeit und zu starken Ausrichtung auf Konzerninteressen kritisiert worden. Zur Anhörung zum Thema „Forschung und Innovation in Deutschland: Zwischenbilanz der Hightech-Strategie“ sind nun sieben Experten geladen, darunter Vertreter des Stifterverbandes für die Wissenschaft, des DGB, der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) und von Universitäten.

Innovation müsse „ stärker in den Dienst des gesellschaftlichen Gemeinwohls“ gestellt werden, schreibt der Vorsitzende des WBGU, der Bonner Entwicklungswissenschaftler Dirk Messner in seiner schriftlichen Stellungnahme. Zugleich erfordere es die ökologische Situation des Planeten, dass mehr in Richtung einer „Großen Transformation“ geschehe. So lautete der Titel eines viel beachteten WBGU-Gutachtens aus 2011. So verlange die Einhaltung des im Pariser Klima-Abkommen beschlossenen Ziels, die globale Erwärmung zwischen 1,5 °C und 2 °C zu stabilisieren, nach Messners Worten, „tiefgreifende systemische Transformationen der Wirtschaft, entsprechende technologische Innovationen, aber auch soziale, gesellschaftliche und kulturelle Neuerungen“.

Hierzu zählten etwa veränderte Mobilitäts- und Ernährungsgewohnheiten, wie etwa die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung („food waste“). Daher sollte sich die Hightech-Strategie neben einer „beschleunigten inhaltlichen Neuausrichtung“ auch einen neuen Namen geben. Der WBGU-Vorschlag: „Forschungsstrategie für Wohlfahrt, Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit in Deutschland“.

Ralph Lenkert (Linke): „Schade um verlorene Chance“

Der umwelt- und forschungspolitische Sprecher der Links-Fraktion, Ralph Lenkert, bezeichnete gegenüber der taz die Vorschläge des Hightech-Forum als „nützlich, wenn sie denn umgesetzt werden“. Doch der Auftrag an das Forum sei falsch formuliert, so Lenkert. Aus linker Sicht müsse dieser lauten: “Wie muss sich unsere Gesellschaft, Forschung und Wirtschaft entwickeln, damit sowohl der Fortschritt als auch das sozialökologische Überleben der Menschheit gesichert werden?“ Angesichts dieser Orientierung sei eine zwar „richtige Kommission mit den falschen Aufgaben betraut“ worden. Lenkert: „Schade um die verlorene Chance zu wirklicher gesellschaftlicher Innovation.“

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