Kritik an Finnlands Regierungschefin: Sanna Marins „Frühstücks-Gate“
Finnlands Regierungschefin hat sich mit Familie auf Staatskosten mit Essen versorgen lassen. Es geht um 14.363 Euro und die Auslegung eines Gesetzes.
Ist das legal und vor allem auch ethisch vertretbar? Das wird kontrovers diskutiert, seit die Boulevardzeitung Iltalehti den Sachverhalt in der vergangenen Woche publik gemacht hatte. Eigentlich doch nur Peanuts? Nicht in Finnland, das auf der Liste von Transparency International auf Platz 3 der am wenigsten korrupten Länder steht und wo jeder Verdacht fragwürdiger persönlicher Vorteile schnell zum Thema wird.
Und schon gar nicht, wenn es um Sanna Marin geht. Die Sozialdemokratin war mit dem Versprechen angetreten, Schluss mit der „Saunapolitik“, den traditionell an diesem Ort ausgehandelten politischen Mauscheleien, zu machen. Bei ihr werde größtmögliche Offenheit herrschen. Aber gerade bei den Frühstückskosten hatte ihre Kanzlei zunächst mit „Schutz der Privatsphäre“ argumentiert.
In der Sauna war das mit dem Frühstück nicht ausgehandelt worden. Der Streit dreht sich im Kern um die Auslegung eines Steuergesetzes. Einerseits steht da, dass für den Dienstsitz Kesäranta und „dazu gehörende Dienste“ nichts bezahlt werden muss. Andererseits gibt es einen allgemeinen Grundsatz, wonach geldwerte Vorteile als eine Art Einkommen gelten, Marin die 14.363,20 Euro also versteuern müsste.
Konsequenzen bei Kommunalwahlen?
Die Regierungschefin verzichtet nun erst mal auf das kostenlose Frühstück. Die Debatte hat das aber nicht beruhigt. In den sozialen Medien wird ihr etwa vorgerechnet, wie viele Packungen Haferflocken eine Mutter, die vor einer Tafel stundenlang Schlange steht, für die 200 Euro, die den Staat ein einziges von Marins Frühstück kostete, kaufen könnte. Auch die Opposition hofft, endlich ein Thema zu haben, mit dem sie der populären Politikerin am Zeug flicken kann. In zwei Wochen finden in Finnland Kommunalwahlen statt. „Aamiaisgate“ könnte AnalytikerInnen zufolge negative Konsequenzen für die Sozis haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht