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Kritik an Deutsche-Bank-ChefGabriel jagt Fitschen

Jürgen Fitschen hat sich für sein Verhalten nach der Steuerrazzia bei der Deutschen Bank entschuldigt. SPD-Chef Sigmar Gabriel reicht das nicht.

Jürgen Fitschen: Da hilft nur noch beten. Bild: dapd

FRANKFURT/MAIN dpa | Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen kann die Gemüter auch durch seine öffentliche Entschuldigung für sein Verhalten nach der Steuerrazzia nicht beruhigen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte Fitschens Beschwerdeanruf bei Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) scharf: „Ein Politiker hätte bei einem solchen Versuch, die Arbeit von Staatsanwalt und der Polizei durch einen Anruf beim Ministerpräsidenten zu behindern, bereits seinen Job verloren“, sagte Gabriel der Neuen Osnabrücker Zeitung (Mittwoch).

Fitschen hatte sich nach der Durchsuchung der Bank vor einer Woche über die aus seiner Sicht „überzogene“ Aktion telefonisch bei Bouffier beklagt. 500 Fahnder hatten unter anderem die Zentrale des Dax-Konzerns in Frankfurt durchkämmt. Ermittelt wird wegen schwerer Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchter Strafvereitelung beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikaten).

Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ/Mittwoch) versicherte Fitschen, er habe sich nicht über das Gesetz stellen wollen: „Die Unabhängigkeit der Rechtspflege ist auch für mich ein hohes Gut. Sollte mein Anruf in der Öffentlichkeit zu einem falschen Eindruck geführt haben, möchte ich mich dafür ausdrücklich entschuldigen.“

Fitschens tiefe Betroffenheit

Der 64-Jährige erklärte: „Mein Anruf erfolgte mit guten Absichten.“ Er habe gegenüber Bouffier seine „tiefe Betroffenheit über die Wahrnehmung der Vorgänge im Ausland“ ausdrücken wollen. Schließlich seien die Bilder der Razzia um die ganze Welt gegangen.

SPD-Chef Gabriel erinnerte an den Fall Christian Wulff: „Der letzte Bundespräsident kam ja sogar schon unter Druck, weil er die Berichterstattung einer Zeitung durch ein Telefonat mit dem Chefredakteur beeinflussen wollte. Aber offenbar gelten bei Bankvorständen andere Maßstäbe.“

Der SPD-Vorsitzende beklagte, in Deutschland hätten sich „Parallelgesellschaften in den obersten Etagen“ gebildet. Ein Kulturwechsel sei dort dringend nötig. Das seit Juni amtierende Führungsduo der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen und Anshu Jain, hatte einen Kulturwandel in dem Weltkonzern angekündigt.

Nachkorrigierte Steuererklärung

Fitschen zeigte sich im FAZ-Interview zuversichtlich, dass der Wandel gelingen kann: „Ich bin überzeugt, dass wir noch enger zusammenrücken werden, um die vor uns liegenden Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.“ Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hat 25 Beschäftigte im Visier, darunter Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause. Die beiden Vorstände hatten die – später korrigierte – Steuererklärung für das Jahr 2009 unterschrieben. Fünf Mitarbeiter wurden verhaftet, vier davon blieben zunächst in Untersuchungshaft.

In der FAZ wollte sich Fitschen unter Hinweis auf die seit 2010 laufenden Ermittlungen nicht zu dem Vorwurf äußern, die Bank habe im Zusammenhang mit den Untersuchungen in großem Stil E-Mails vernichtet. „Wir prüfen die Vorwürfe und kooperieren vollumfänglich mit den Ermittlungsbehörden“, bekräftigte der Deutsche-Bank-Chef.

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3 Kommentare

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  • K
    Krankfurz

    Hätte Bouffiers Vorgänger Koch sein Wahlkampfversprechen wahr gemacht und für "sichere Strassen" gesorgt, wäre das alles nicht passiert. Aber nicht nur in Hessen sind Autos bis heute immer noch nicht verboten.

  • W
    Wahrheitssager

    Es ist schande für TAZ. Was für ein Überschrift sich TAZ ausgedacht hat. Natürlich hat Gabriel recht. So einfach ist es nicht wie TAZ sich vorgestellt. Wie kommt ein Vorstandvorsitzerder auf die Idee über die Mitarbeiter von Finanzamt bei sienem Chef zu beschwerden, weil diese MA seine Arbeit gemacht hat. Wenn es gut an kommt, ist es in Ordnung. Wenn es nicht gut ankommt, entschuldige ich mich öffentlich, ist die Sache vergessen. So hat es bis her funktioniert. Deshalb sagt man "Das Geld regiert die Welt". Anscheinend hat TAZ keine Interesse das zu ändern.

  • F
    fritze

    Ach Gott, nur weil Wulff über die Klinge gesprungen "wurde", muss man hier nicht gleich rechtsstaatliche Konsequenz herbeifabulieren, die es so gar nicht gibt.

    Strepp, man erinnere sich, der Programmgestalter des ZDF bei der CSU, ist nun bzw. bleibt weiterhin Planungschef der CSU-Parteizentrale. Da verliert i.d.R. keiner seinen Job. Da wird höchstens umgelabelt.

     

    Das übliche Demokratiedarstellergefasel.