Kritik am Premium-Partner der ITB: Diktatur mit Messestand

Die Malediven sind Stargast bei der nächsten Internationalen Tourismusbörse in Berlin. Im Bundestag formiert sich jetzt Widerstand.

Eine Frau trägt ein Schild auf einer Demonstration, die den Rücktritt von Päsident Jameen Abdul Gayoom fordert

Trügerisches Idyll: Ein Traumstrand auf den Malediven. Foto: imago/Westend61

BERLIN taz | Für Ende Juli sind noch Last-Minute-Pakete im Angebot. Dieses hier zum Beispiel: Flug ab München, kostenloser Transfer zum Ressort auf einer 600 Meter langen Privatinsel, 15 Übernachtungen im Standardzimmer. Das hauseigene Korallenriff und der Spa-Bereich sind inklusive. Wer schnell bucht, zahlt pro Person 1.564 Euro – für die Malediven ein Schnäppchen.

Der Tourismus ist für den Inselstaat die Haupteinnahmequelle. Der deutsche Markt ist dabei besonders wichtig: Von 1,2 Millionen Gästen im vergangenen Jahr kamen über 100.000 aus Deutschland. Im kommenden Jahr will die Branche noch einmal zulegen und setzt dabei auf Hilfe aus Berlin. Dort findet jeden März die weltgrößte Reisemesse statt. Auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) 2016 stehen die Malediven als offizielles Partnerland im Mittelpunkt.

Eine Partnerschaft, die nicht allen passt. „Touristen müssen erfahren, was auf den Malediven wirklich los ist. Das Land entfernt sich mit Sieben-Meilen-Stiefeln von der Demokratie“, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete und Außenpolitiker Omid Nouripour.

Tatsächlich sind die Verhältnisse abseits der streng abgeschotteten Hotelinseln wenig paradiesisch: 2012 putschten Sicherheitskräfte gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Nasheed. Im März verurteilte ihn ein Gericht zu 13 Jahren Haft, weil er während seiner Amtszeit einen korrupten Richter hatte verhaften lassen. Amnesty International spricht von einem „politisch motivierten Prozess“.

Die Menschenrechtsorganisation prangert noch mehr Missstände an: Die neue Regierung schränke die Meinungsfreiheit ein, Oppositionelle erhielten Todesdrohungen, außer dem sunnitischen Islam dürfe keine Religion öffentlich ausgeübt werden. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es: „Für die junge Republik Malediven bleibt die Herausbildung stabiler demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen weiterhin eine große Herausforderung.“

Schiefes Bild vom Urlaubsparadies

Und das, so der Grünen-Politiker Nouripour, dürften auch die Messeveranstalter nicht ignorieren. „Wir müssen von Deutschland aus kritische Gespräche suchen, anstatt auf Messen weiterhin das Bild eines Urlaubsparadieses zu zeichnen.“ Die Verantwortlichen müssten hinterfragen, ob sich die Malediven als Partnerland eigneten. Im Zweifel müsse sich die Bundesregierung einschalten.

Das Außenministerium möchte diese Forderung jedoch nicht kommentieren, und die Messe Berlin (Eigentümer ist das Land Berlin) hält an ihrer Partnerwahl fest. Eine Sprecherin sagt, die ITB sei keine politische, sondern eine neutrale Plattform. Außerdem habe die Messe den Ethikkodex der Tourismusorganisation UNWTO unterschrieben, eine Art Selbstverpflichtung zu nachhaltigem Reisen. „Damit schärfen wir das Bewusstsein für die Bedeutung von Menschenrechten in der internationalen Reiseindustrie – auch bei unseren Ausstellern.“

Ein Anspruch, der im Bundestag auf Skepsis stößt. „Wenn tatsächlich auch Aspekte wie die Menschenrechtssituation angesprochen werden, ist das eine gute Sache. Bisher ist die Messe nicht für kritische Stellungnahmen bekannt“, sagt Nouripour.

Unterstützung bekommt er von Klaus Brähmig (CDU), langjähriger Vorsitzender des Tourismusausschusses. Er wolle nicht zum Boykott aufrufen oder politisch korrekte Reiseempfehlungen abgeben. Aber er sagt: „Wenn die deutsche Reisbranche den Ethikkodex unterschrieben hat, sollte sie konsequent sein und die Messe zum Ort für umfassende Informationen machen. Dazu gehören auch Fragen nach Menschenrechten oder Religionsfreiheit. Partner dürfen sich die Wahrheit sagen, dann können der Tourismus und das Reiseland nur gewinnen.“

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