Krisenpolitik in Berlin: Koalition legt 'ne Schippe drauf

BerlinerInnen sollen angesichts steigener Energiekosten stärker entlastet werden als geplant. Auch ein Nachfolger für das 9-Euro-Ticket kommt wohl.

Drei PolitikerInnen bei Pressekonferenz

Zumindest bei der Kleidung nicht auf Linie: Koalitionstrio Schubert, Ghirmai, Giffey (v. l. n. r.) Foto: dpa

BERLIN taz | Berlins rot-grün-rotes Bündnis hat sich auf ein deutlich höheres Energiepreis-Entlastungspaket für die BerlinerInnen geeinigt – und auch ein verbilligtes ÖPNV-Ticket für die Monate Oktober bis Dezember wird es geben. Das teilten VertreterInnen der drei Parteispitzen nach der Sitzung des Koalitionsausschusses in der SPD-Landeszentrale im Wedding mit. Über den Preis des Tickets wollten sie allerdings keine genaue Aussage treffen.

Die SPD hatte kurz vor dem Treffen den Vorstoß über die Presse lanciert, in den drei Herbstmonaten ein Berliner 9-Euro-Ticket zu finanzieren, das allerdings nur im Tarifbereich AB Gültigkeit hätte. Auf diese Kommunikationspolitik angesprochen, wollte Linken-Chefin Katina Schubert nicht von einer Düpierung sprechen;immerhin rutschte ihr aber ein „Wir sind vieles gewohnt“ heraus.

Dass ein vergünstigtes Ticket kommen soll, steht nun jedoch fest: Man habe der Senatsverwaltung für Mobilität dazu den Auftrag erteilt, sagte die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Co-Landeschefin Franziska Giffey. Auf einen Preis wollte sie sich aber nicht festlegen: „Ob das genau 9 Euro sind, wird geprüft werden“, sagte sie; das hänge auch von den Gesprächen ab, die mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) geführt werden müssten.

Giffey erwähnte allerdings anvisierte Kosten in Höhe von „roundabout 300 Millionen Euro“ – ein Betrag, mit dem sich ein AB-Monatsticket auf den Preis drücken ließe, der im bundesweiten Regionalverkehr von Juni bis August fällig wurde. „Sehr sinnvoll“ sei es, ergänzte Schubert, auch das Tarifgebiet C einzubeziehen. Auch darüber werde mit dem VBB gesprochen.

Schubert sprach von einer „Notlösung“, weil der Bundesfinanzminister „alles blockiert, was sinnvoll ist“. Für die Grünen sagte deren Co-Parteichef Philmon Ghirmai, man wünsche sich eigentlich eine dauerhaft günstige Ticketalternative für den ÖPNV, aber auch hier stehe zuerst der Bund in der Pflicht. Bei allen drei PolitikerInnen – die allzu klare Formulierungen tunlichst vermieden – war herauszuhören, dass die Konditionen des Berliner Tickets erst bestimmt werden könnten, wenn die Bundesregierung klargestellt habe, ob und wie es ab 2023 weitergehe.

380 Millionen Euro reichen nicht

Der Berliner Härtefallfonds, der bereits bei den Haushaltsverhandlungen im Mai mit 380 Millionen Euro gefüllt wurde, soll in einem weiteren Nachtragshaushalt auf ein „Mehrfaches“ aufgestockt werden, so Giffey. Ob es die von Co-Chef Raed Saleh geforderte Milliarde wird, blieb offen. „Wir werden die Berlinerinnen und Berliner gut durch die Krise bringen“, verkündete sie. Orientieren werde man sich bei Auszahlungen von Hilfen an den Einkommensgrenzen für den Wohnberechtigungsschein (WBS), um gezielt die unteren und mittleren Einkommensgruppen zu entlasten.

„Unsere Hilfen sind auf jeden Fall zielgerichtet“, sagte Ghirmai, das „Prinzip Gießkanne“ helfe nicht weiter. Deshalb lehne die Koalition auch den von CDU-Chef Kai Wegner eingebrachten Vorschlag einer pauschalen Zahlung von 300 Euro für alle BerlinerInnen ab. Schubert betonte, die Linke setze sich zudem für ein Kündigungsmoratorium ein: „Jeder soll durch den Winter kommen, ohne im Kalten und Dunklen zu sitzen.“

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