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Krise wirkt auf deutsche WirtschaftAgenda für 2013 – Stellen streichen

Deutsche Unternehmer gehen von einer Stagnation der Wirtschaft aus. 28 Prozent der Firmen planen Kürzungen von Stellen. Eine Rezession werde aber nicht erwartet.

Wer Exportgüter produziert, muss um seinen Job fürchten. Bild: dapd

BERLIN rtr | Mehr als jedes vierte deutsche Unternehmen will im kommenden Jahr Arbeitsplätze streichen. Fast 28 Prozent planen einen Personalabbau, fand das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in seiner am Montag veröffentlichten Herbstumfrage unter 2.300 Firmen heraus. Dem stehen knapp 20 Prozent gegenüber, die Jobs schaffen wollen. „Aufgrund des schwächelnden Auslandsgeschäfts und der damit einhergehenden geringeren Produktion werden die Unternehmen deutlich vorsichtiger“, schrieb das IW. Das treffe vor allem auf die exportabhängige Industrie zu, wo 30 Prozent der Betriebe einen Stellenabbau planten.

Die Politik müsse daher alles tun, was die Beschäftigung stärke. „Dazu gehören der Verzicht auf Steuererhöhungen, die Nutzung aller Spielräume für Abgabensenkungen in der Sozialversicherung, die Weiterentwicklung der Infrastruktur und eine überzeugende Lösung der Energiewende“, sagte IW-Direktor Michael Hüther.

Hauptgrund für die Zurückhaltung bei Neueinstellungen seien die trüben Geschäftsausichten. Nur noch 24 Prozent der Betriebe erwarten im kommenden Jahr eine steigende Produktion, während 28 Prozent ein Minus und 48 Prozent eine Stagnation voraussagen. „Wir gehen davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum im Gefolge der nachlassenden Weltwirtschaft und der schwelenden Staatsschuldenkrise abschwächen wird“, sagte Hüther. „Eine Rezession erwarten wir nicht, gleichwohl wird die gewerbliche Wirtschaft nahe an den Rand der Stagnation rutschen.“ Das Bruttoinlandsprodukt werde in diesem Jahr um knapp ein Prozent zulegen, 2013 um 0,75 Prozent.

Trübe Exportaussichten

Die Unternehmen bewerten ihre Exportaussichten deutlich pessimistischer. Während im Frühjahr noch 23 Prozent von einem besseren und nur elf Prozent von einem schlechteren Exportgeschäft ausgingen, sind beide Lager inzwischen mit rund 20 Prozent nahezu gleich stark. „Ein Einfallstor für die Staatsschuldenkrise stellt der deutsche Außenhandel dar“, sagte Hüther. „Die deutlich abgebremste Weltwirtschaft - vor allem durch die rezessiven Entwicklungen in vielen europäischen Ländern - belastet die exportintensiven Unternehmen.“ Die Wirtschaft spart deshalb bei Investitionen. Fast 28 Prozent der Firmen wollen 2013 weniger ausgeben, nur knapp 23 Prozent wollen mehr investieren.

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4 Kommentare

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  • N
    naseweiser

    Hallo @ Volker Birk ... Wunschdenker und Gesundbeter !

    Ich ernenne sie hiermit zum Naseweisen honoris causa .

  • N
    naseweiser

    von Hans:

     

    "Das Problem am stagnativem Wachstum in Deutschland ist, dass bis heute keiner weiss, wann es endet"

     

    Doch , Hans , i c h weiß es ! Das stagnative (!) Wachstum bleibt eine Weile beim Null-Wachstum , um danach in Minus-Wachstum überzugehen und schließlich bei Fall-Wachstum auf dem Boden aufzuschlagen .

     

    Biete Wette eins zu zehn .

  • VB
    Volker Birk

    Die Neoliberalen fahren den europäischen Karren voll an die Wand.

     

    Ihr Austeritäts-Wahn, den sie vielen Ländern in Europa aufzwingen, führt direkt dazu, dass dort die Volkswirtschaften regelrecht implodieren. Damit fallen für den "Exportweltmeister" Deutschland die Kunden in Europa weg. Und so einfach kann man jene auch nicht anderswo auf dem Planeten finden und ersetzen, denn auch anderswo verkaufte man gerne nach Europa, z.B. in China.

     

    Austeritätspolitik heisst wirtschaftlicher Zusammenbruch. Und schliesslich erwischt es auch den bisherigen Profiteur der Eurokrise, das Land des Lohndrückens, der Inflationzurückhaltung und der billigen Exporte: es erwischt nun uns, Deutschland.

     

    Weil wir unsere Kunden in die Pleite drücken.

     

    Umgekehrt kann man jederzeit die Wirtschaft wieder ankurbeln:

     

    In Spanien und Italien muss dann nicht gespart, sondern vor allem einmal investiert werden. Es muss in Spanien und Italien zwar Lohnzurückhaltung geübt werden, aber Deutschland muss das Lohndrücken aufhören, und endlich wieder gute Löhne zahlen.

     

    Wird das gemacht, so ist die Eurokrise zu beherrschen. Wird es weiter nicht gemacht, kommt die Krise jetzt auch nach Deutschland.

     

    Überall anderswo in der EU ist sie ja schon.

  • H
    Hans

    Das Problem am stagnativem Wachstum in Deutschland ist, dass bis heute keiner weiss, wann es endet. İnzwischen sparen alle EU-Staaten und senken ihre Ausgaben. Die Prognosen für Deutschland sind für 3 bis 5 Jahre 0,5 bis 1,0 Prozent BİP.

     

    Das dürfte das Ende vom vermeidlichem Jobboom werden und sein. Er war aber auch vorher schon nicht die Realitaet, sondern Ergebnis von statistischen Zaehlverfahren und dem Nicht-Extra-Ausweisen von Aufstockern, die ca. 1,3 Mio. Leute liegen. Da Steinbrück und Merkel identische İdeen für die Wirtschaft haben, dürfte Stillstand angesagt sein. İch glaube, die İdeen des İW sind sogar zu kurz gedacht, weil die Euro-Risiken höher und grösser sind, als öffentlich zugegeben.

     

    Auf lange Sicht müsste Deutschland seine İnlandsnachfrage stimmulieren und die 450-EURO-Regelung kippen, sowie stringente Mindestlöhne von über 10 EURO einführen. Das würde m.M. aber auch nicht reichen, um 2,5 oder 3,5 Prozent Wachstum zu schaffen. Das sind aber die Orientierungsmarken für den Aufbau nachhaltiger Beschaeftigung. Alles darunter bringt nicht viel, bzw. muss mit Tricks und Propaganda aufgewertet werden.