Krise in Venezuela: Parlamentschef festgenommen
Der Parlamentsvorsitzende Guaidó wollte das Amt des Staatschefs übernehmen und Neuwahlen ausrufen. Der Machtkampf mit Präsident Maduro spitzt sich zu.
Der Linksnationalist Maduro hatte am Donnerstag offiziell seine zweite Amtszeit angetreten. Amtlichen Ergebnissen zufolge war er im vergangenen Mai mit 68 Prozent der Stimmen bis 2025 wiedergewählt worden. Der größte Teil der Opposition hatte die Wahl boykottiert und erkennt das Ergebnis ebenso wenig an wie die EU, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder.
Nach Maduros Amtsantritt hatte der Parlamentspräsident den Staatschef offen herausgefordert. Am Freitag kündigte er an, die Präsidentschaft vorübergehend zu übernehmen und Neuwahlen anzuberaumen. Er berief sich auf die Verfassung des südamerikanischen Landes und bat die Bevölkerung und die Streitkräfte um Unterstützung.
Zahlreiche Staaten, internationale Organisationen und die venezolanische Opposition bezeichneten seine Wiederwahl vom vergangenen Jahr als undemokratisch. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) erkennt Maduro nicht als legitimen Präsidenten an. Die USA und die EU forderten den Staatschef zur Rückkehr zur Demokratie auf.
Dem 56-jährigen Nachfolger des 2013 verstorbenen Hugo Chávez wird vorgeworfen, seit Jahren die Demokratie in Venezuela auszuhebeln. Maduro hat durch eine verfassunggebende Versammlung das Parlament de facto entmachtet. Vorangegangen waren 2017 monatelange Proteste der Opposition, in deren Verlauf 125 Menschen getötet wurden.
Venezuela befindet sich zudem in einer schweren Wirtschaftskrise mit einem dramatischen Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten. Regierungsgegner machen die sozialistische Regierung für die Versorgungsengpässe und die aktuell weltweit höchste Inflation verantwortlich. Maduro wirft den USA vor, einen „Wirtschaftskrieg“ gegen sein Land zu führen.
Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) haben seit 2014 mehr als 2,4 Millionen Venezolaner wegen der Krise das Land verlassen. Das entspricht rund acht Prozent der Gesamtbevölkerung. Jeden Tag überqueren Hunderte Migranten die Grenzen zu den Nachbarländern Brasilien, Ecuador und Kolumbien.
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