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Krise in VenezuelaMeine Mutter, die Chavistin

Telefonieren mit Caracas: Die Mutter des Autors lebt in Venezuela und ist Chávez noch immer treu. Doch damit ignoriert sie die Wirklichkeit.

Diese Frau hat den Glauben schon verloren Foto: ap

Berlin taz | Regelmäßig telefoniere ich mit meiner Mutter, die seit 1990, nachmehr als dreißig Jahren Aufenthalt in Westdeutschland, wieder im Land ihrer Geburt lebt. Wenn sie mich fragt, wie es um Deutschland steht, weiß ich, dass ich drei Sätze zusammensuchen muss, um einen einigermaßen interessanten Kurzbericht zu fabrizieren. Was sie von Venezuela zu erzählen hat, ist fesselnd, in den vergangenen Wochen aber auch zunehmend beunruhigend, sodass unsere Gespräche lange dauern.

Meine Mutter ist 77 Jahre alt – und immer noch eine treue Anhängerin von Hugo Chávez, den sie als zweiten Befreier Lateinamerikas bezeichnet. Der spanische Begriff für Befreier lautet „Libertador“, es ist der Ehrentitel für Simón Bolívar, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Unabhängigkeit für zahlreiche Länder des Kontinents erkämpfte. Bolívar heißt in Venezuela auch die Landeswährung, die seit dem Preisverfall des Öls im Jahr 2014 rasant an Wert verlor. Wenn Venezolaner einkaufen gehen, tragen sie Bündel von 100-Bolívar-Scheinen mit sich, mit denen sie sich mitten in der Nacht vor den Supermarkt stellen, um ein Brot oder ein Kilo Reis zu ergattern.

Meine Mutter steht täglich Schlange. Diese können im Lauf des Tages mehrere hundert Meter lang werden. Hyperinflation und Versorgungskrise sind Errungenschaften der Bolivarischen Revolution, die mit der Wahl des „Comandante“ Hugo Chávez Frías 1998 begann und nach seinem Krebstod 2013 von Nicolás Maduro fortgesetzt wird.

Meine Mutter macht für die venezolanische Katastrophe ein von den USA geführtes internationales Komplott verantwortlich, das den Sturz der sozialistischen Regierung zum Ziel hat, um eine Exploitation der weltgrößten Ölreserven zu erleichtern. Ihr erscheint die Opposition als Motor der Krise. Mit dieser Meinung steht sie nicht allein. Linke Intellektuelle wie der Historiker Tariq Ali oder die amerikanische Journalistin Abby Martin arbeiten für den englischsprachigen Kanal von Telesur, den TV-Sender der venezolanischen Regierung, und vertreten dort ähnliche Thesen.

Es ist auf den ersten Blick auch nicht abwegig, zu einer Interpretation zu gelangen, derzufolge die Demonstrationen der letzten Monate gegen die Regierung Maduros den Protest der Mittel- und Oberklasse darstellen, die ihre Privilegien zurückerkämpfen möchte, die sie vor Chávez’ Regierungsantritt gehabt hat. Für die derzeitige politische und soziale Krise sind tatsächlich auch die Vorgänger­regierungen mitverantwortlich. Doch wird dieses Argument von Regierungstreuen benutzt, um die ebenso große Verantwortung des Chavismus für die jetzige Misere zu leugnen.

Freund oder Feind

Es ist richtig, dass das Land bis 1998 von einem bürgerlichen Zweiparteiensystem (AD und Copei) beherrscht wurde. Es ist auch richtig, dass die Parteien der Dynamik sozialer Veränderungen nicht mehr Herr wurden, zweifelhafte Bedingungen des Internationalen Währungsfonds akzeptierten, die Wirtschaft mit bürokratischen und ineffizienten Maßnahmen ruinierten, korrupt waren und Aufstände blutig niederschossen, sodass 1998 der politische Außenseiter Hugo Chávez beinahe zwangsläufig als Sieger aus den Wahlen hervorgehen musste.

Zur Narration der venezolanischen Linken gehört auch, dass Chávez zahlreiche Betriebe, darunter den Ölmulti PDVSA, verstaatlichte und die Gewinne in soziale Projekte steckte. Ebenso ist der gescheiterte Putschversuch im April 2002 fester Bestandteil linker Überzeugungen, auch weil private Fernsehsender in Venezuela damals In­for­ma­tionen bewusst fälschten, um die bolivarische Regierung zu diskreditieren.

Übersehen wird aber, dass Chávez ein autoritäres Selbstverständnis hatte, das in ein Freund-Feind-Schema mündete. Die sozialen Projekte für die Besitzlosen verwandelten sich schnell in ein klientelistisches System, das die Befürworter seiner Politik belohnte und die Gegner mit bürokratischen Hindernissen bestrafte. Chávez war ein begnadeter Redner, konnte in Interviews gewinnend sein, wurde aber von seinem Narzissmus – den seine Anhänger mit ihrer Bewunderung fütterten – derart angetrieben, dass er glaubte, ein politischer Messias zu sein.

Chávez war ein gefährlicher Populist

So erklären sich seine fahrlässigen Entscheidungen in der Außenpolitik, etwa mit Irak und Iran politische Partnerschaften zu schließen, während ihm die USA stets als imperialistischer Blutsauger galten. Chávez war ein gefährlicher Populist, weil er sein ressentimentbeladenes Weltbild als eine Erlösungsgeschichte verstand, in der es darum ging, die Welt von Neoliberalismus und Kapitalismus zu befreien. Und er war ein politischer Amateur, der sehr viel Glück hatte, weil der hohe Ölpreis von 2004 bis 2012 ihm in die Hände spielte. Man muss beim Chavismus von einem ökonomischen Analphabetismus sprechen, dessen Folgen die Venezolaner bald zu spüren bekamen.

Die Zirkulation von Waren wurde nahezu zum Erliegen gebracht durch massive Verstaatlichung, die Eigenständigkeit der Händler gelähmt und beschnitten. Der Staat war aber vollkommen überfordert, weil er von Vorgängen, wie zum Beispiel Milch produziert wird oder wie der Vertrieb von Lebensmitteln funktioniert, nichts verstand. Deswegen kümmert sich der Staat in bürgerlichen Demokratien um die Rahmenbedingungen der Wirtschaft. Um den entscheidenden Rest kümmern sich die Bürger.

Die venezolanische Regierung versteht schon diese Arbeitsteilung als „Neoliberalismus“. Anhänger des bolivarischen Re­gimes können eloquent ihr System verteidigen und dabei die Wirklichkeit ignorieren. Die Parlamentswahlen 2015 hatte der Zusammenschluss der Oppositionsparteien haushoch gewonnen. Ende 2016 debattierten in der „Asamblea Nacional“ die Abgeordneten über die kritische Lage der Nation. Die Unterernährung der Säuglinge, die Verzweiflung vieler Mütter, der dramatische Verfall des Bolívars: Die sozialistischen Abgeordneten kümmerte die Krise nicht. Maduro und seine Clique hetzten schließlich, es war der 5. Juli 2017, einen Mob auf das Parlament, der auf die frei gewählten Volksvertreter einschlug. Wer die Bilder gesehen hat, kommt zur Schlussfolgerung: Es gibt keinen Rechtsstaat in Venezuela mehr.

Maduro ist inzwischen bis an die Zähne bewaffnet

Am vergangenen Samstag zog Präsident Maduro mit seinem Anhang feierlich in die Nationalversammlung. Bei diesem Anhang handelt es sich um die Delegierten der „Verfassunggebenden Versammlung“. Der Beschluss zur Veränderung der Verfassung bedurfte zuvor einer Abstimmung. Sie wurde mit allen Tricks zugunsten der So­zia­listen geführt: unter anderem durch Anhänger, die mehrmals wählen gingen.

Präsident Maduro und seine Gefolgsleute sind inzwischen bis an die Zähne bewaffnet. Die Nationalgarde wurde in den letzten Jahren von 30.000 auf 60.000 erhöht. In der venezolanischen Armee befinden sich allem Anschein nach auch Söldner der kolumbianischen Farc-Guerilla. In diesem Zusammenhang behauptete Maduro immer, dass die Revolution sich gegen einen Putsch der Opposition schützen müsse.

Viele Venezolaner befürchten, dass es in naher Zukunft zu einem Bürgerkrieg oder einer brutalen Diktatur kommen wird

Oppositionspolitikern wie Leo­pol­do López wurde vorgeworfen, Gewalt zu schüren. In seinen öffentlichen Reden ist aber nicht erkennbar, dass er die Demonstranten aufhetzt. Trotzdem wurde López in der vergangenen Woche erneut verhaftet. Präsident Maduro wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Dosis an Beschuldigungen erhöhen, dass ein internationales Komplott für die Misere Venezuelas verantwortlich ist.

Währenddessen erscheinen jeden Tag neue Berichte über die unfassbare Korruption und kriminelle Bereicherung durch führende Chavistas. Viele Venezolaner befürchten, dass es in naher Zukunft zu einem Bürgerkrieg kommen wird oder die Chavisten eine brutale Diktatur errichten werden. Währenddessen muss jeder, dem es gelingt, das Land zu verlassen, obwohl die meisten interna­tio­nalen Fluglinien Venezuela nicht mehr anfliegen, befürchten, dass die eigene Wohnung sofort verstaatlicht wird.

Meiner Mutter ist klar, dass es Chávez war, der die Büchse der Pandora geöffnet hat – und dass es längst nicht mehr darum geht, neoliberalen Vorstellungen eine Politik des sozialen Ausgleichs gegenüberzustellen. Ihr erscheint aber immer noch entscheidender, dass die Ablehnung des Regimes in tiefen gesellschaftlichen Ressentiments wurzelt.

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23 Kommentare

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  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Was Sie immer über Venezuela wissen wollten, aber nie gewagt haben zu fragen.

    https://m.youtube.com/watch?v=xUWrn11qF7s

  • Seltsamer Artikel, auf der einen Seite wird die Notwendigkeit der Änderungen nicht bestritten und auf der anderen Seite auch völlig die Probleme durch Rechte in Venzuela verleugnet. Nach wie vor werden arme Landarbeiter von Todesschwadronen bedroht und bei den vergangenen Protesten sind viele Anhänger Maduros ermordet worden.

     

    Daher stellt sich die Frage, sollen wir wirklich die Seite die versucht mit Gewalt und Unterdrückung eine andere Politik zu erreichen unterstützen?

     

    Mein Eindruck ist, dass mit Hilfe einer moralisierender Bercihterstattung, in einem demokratischen Land, ein Machtwechsel zu einem autoritären Kapitalismus begründet werden soll.

    • @Struppi:

      Sei haben offenbar ein Wort vergessen. Der Satz muss lauten:

       

      "bei den vergangenen Protesten sind viele DURCH Anhänger Maduros ermordet worden."

       

      Ein weiterer Fehler: die Umwandlung eines demokratischen Landes zu einem autoritären Regime versucht gerade Herr Maduro. Der GEGEN die Mehrheit des Parlamentes regiert, und dessen Lakeien in der "Verfassungsgebenden Versammlung" gerade rechtsstaatliche Prinzipien mit Füßen treten.

      • @Kaboom:

        Richtiger wäre: Es sind viele Menschen von Gegnern Maduros getötet worden, aber auch von Anhängern Maduros wobei Polizisten nicht unbedingt Anhänger der Regierung sein müssen. Es ist ja auch nicht jeder Polizist in D ein Merkel-Fan.

  • Info.-Empfehlung: Venezuela 2017. Comeback oder Waterloo des Chavismus? Von Michael Langer.

     

    Das rohstoffreiche Venezuela und sein demokratisches System stehen vor den Trümmern. Hugo Chavez erkannte früh, dass es galt, die unterprivilegierten Bevölkerungsschichten stärker zu beteiligen. Das Übel der Rentenökonomie war zwar erkannt, aber in der Praxis nicht durch eine Diversifizierung der Wirtschaft behoben. Im Gegenteil. Schon werden internationale Investoren für den sog. »Arco Minero« angeworben. Der rohstoffreiche Süden Venezuelas bietet alles, was eine Rentenökonomie als Droge braucht: Gold, Diamanten, Coltan, Seltene Erden. Abkommen mit Südafrika, Russland und China versprechen einen erneuten Devisenfluss.

     

    Die vorgestellte Mischung aus planwirtschaftlichen Wachstumsphantasien, räterepublikanischen Partizipationsideen und autoritär-staatlichem Kontrollbestreben offenbart aber ein taktisches Kalkül ohne inhaltlichen Tiefgang. So verschärft sich der Konflikt zunächst weiter. Diverse bewaffnete Gruppen stehen in Konkurrenz oder in komplexen Abhängigkeitsverhältnissen zueinander: teils als legale Sicherheits- oder Ordnungskräfte, teils als paramilitärische Revolutionsmilizen, teil als unabhängige agierende Banden.

     

    Die politischen Kosten für wirtschaftliche Anpassungsmaßnahmen sind aber nicht zu unterschätzen. Hier sind strukturelle Änderungen wie die Erhöhung von Benzin- und Transportpreisen gefragt, die einen erheblichen Einschnitt in die Lebensbedingungen bedeuteten. Jede Regierung wird aber nur soweit Anerkennung finden, wie es ihr gelingt, die wirtschaftliche und soziale Krise nachhaltig zu überwinden. Entscheidend dafür wird letztendlich nicht die Frage nach dem Grad an Sozialismus in der Gesellschaft sein, sondern die Fähigkeit sich von der Rentenökonomie und seinen Versuchungen zu befreien.

     

    Vgl.: Venezuela 2017. Comeback oder Waterloo des Chavismus? Von Michael Langer, Juni 2017, FES. http://library.fes.de/pdf-files/iez/13456.pdf

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Reinhold Schramm:

      Erstaunlich, dass Sie sich bei der FES zur Nachilfe bedienen. Weiter so, am Ende werden Sie noch ein guter Sozialdemokrat! :D

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Sie finden wissenschaftliche Analysen und wirklichkeitsnahe Berichte, auch bei bürgerlichen Wissenschaftsinstitutionen und Parteistiftungen, sowohl bei der Hanns-Seidel-Stiftung (seit mehr als 35 Jahren in der Berufsausbildungsarbeit in China), bei Radio Vatikan (sehr gute und wirklichkeitsnahe Studien und Erfahrungsberichte zur Religion und Gesellschaftsentwicklung u.a. in Kuba), bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (empfehlenswert zu China) und auch bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Wenn sich bürgerliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Weltaneignung beschäftigen, nicht nach Wunschdenken, sondern so wie sie ist, gibt es keine Berührungsängste [die gibt es ohnehin nicht]. In diesem Zusammenhang auch meine Empfehlung zur historischen Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands: Der Verrat 1918/1919 - als Deutschland wurde, wie es ist. Das Buch wurde von dem bekannten konservativen Journalisten und Autor, Sebastian Haffner, geschrieben. Auch ist das Buch sehr zu empfehlen: So werden Kriege gemacht! Über Hintergründe und Technik der Aggression, von Albert Norden. Er war ein Tischler-Berufskollege. Wir kannten uns nicht persönlich. Der Antifaschist Norden war auch Mitglied im Politbüro. Zu empfehlen sind die Berichte und Analysen zur kulturellen, traditionellen und gesellschaftspolitischen Wirklichkeit von Peter Scholl-Latour. Merke: Ohne umfassende und allseitige Information und Bildung, dazu gehört auch die bürgerliche Wissenschaft und Literatur, kann man sich die Wirklichkeit der Welt nicht aneignen.

        • 6G
          61321 (Profil gelöscht)
          @Reinhold Schramm:

          "Ohne umfassende und allseitige Information und Bildung, dazu gehört auch die bürgerliche Wissenschaft und Literatur, kann man sich die Wirklichkeit der Welt nicht aneignen"

           

          Neben vielen anderen eine wichtige Bemerkung von Ihnen, Herr Schramm

  • "ökonomischer Analphabetismus" trifft es sehr gut!

     

    Ein Beispiel was sich hinter so allgemeinen Worten wie Misswirtschaft, welche zu der aktuellen Armut führt eigentlich verbirgt:

     

    In Venezuela sind Preise für Milch gedeckelt. Gleichzeitig dürfen die Milchproduzenten jedoch niemanden unterhalb eines gewissen Lohnniveaus anstellen.

     

    Die Folge ist das es einem Milchproduzenten gar nicht mehr möglich ist Milch bereitzustellen ohne sich nicht immer weiter und weiter verschulden zu müssen.

     

    Und die Folge davon ist wiederum das ein Betrieb nach dem anderen (gezwungenermaßen) aufgibt , was dann wiederum zu leeren Regalen führt.

     

    Ökonomie für Anfänger.

     

    Unfassbar das eine ganzes Land auf solch einen Schwindel hereingefallen ist.

  • 》Man muss beim Chavismus von einem ökonomischen Analphabetismus sprechen, dessen Folgen die Venezolaner bald zu spüren bekamen. 《

     

    Richtig. Dieser politische Analphabetismus spiegelt sich auf der deutschen Linken: Sozialpädagogen, Lehrer, wasmitMedien, wasmitKultur. BWL ist ja viel u anstrengend und die Leute sind so komisch. Lieber im kleinen Biotop bleiben, dass das System großzügig für Abweichler unterhält.

     

    》Deswegen kümmert sich der Staat in bürgerlichen Demokratien um die R》ahmenbedingungen der Wirtschaft. Um den entscheidenden Rest kümmern sich die Bürger.《

     

    Falsch. Nicht die Bürger kümmern sich, sondern die Kapitaleigner bzw die Fachleute, die sie dafür bezahlen und zwar mit dem Ziel der eigenen Profitmaximierung. Wenn er sich um das entsprechende Personal bzw Spezialistenwissen bemühen würde, könnte der Staat wohl auch hinbekommen.

     

    Aber die Machtverschiebung in den einzelnen Unternehmen weg von den Eigentümern hin zu den Mitarbeitern und demokratischen Kontrollgremien ist wohl ein geeigneterer Weg abseits des Staatssozialismus hin zu einer humanen zukunftsfähigen Wirtschaft

    • @kleyrar:

      Der Kapitalismus, die privaten Eigentümer*innen, die Vorstände und Anteilseigner (Aktionär*innen), lassen keine tragfähige humanistische Alternative zu! Deren bürgerlicher Staat ist ein Instrument zur Aufrechterhaltung der bestehenden kapitalistischen Wirtschaftsordnung [der "Sozialen Marktwirtschaft" der "Sozialpartner" - zw. Putzfrau und Frau Quandt etc.].

       

      Mit Hilfe des staatlichen Gewaltapparates würde die (auch die heutige) politische, juristische, polizeiliche und militärische Administration, jede ernsthafte humanistische Alternative physisch beseitigen und vernichten!

       

      "Humanismus" dient allenfalls für schöne Worte auf Kirchentagen, bei Weihnachtsansprachen und zum Jahreswechsel. Aber so auch aktuell zu den anstehenden Bundestagswahlen im September 2017. Danach in ungebrochener Fortsetzung ...

      Amen.

  • Glücklich das Volk, das keine „Libertadoren“, wie Lenin, Mao, Kim, Chávez oder Maduro braucht. Die schwärmen zwar von einer „herrlichen Zukunft“, können aber ihre Versprechungen nicht halten. Meist läuft es auf Sozialismus/Kommunismus hinaus, der von Anfang an als Diktatur daherkommt. Sobald das Volk merkt, dass es um seine Hoffnungen betrogen wurde, bekommt es die Repression mit voller Brutalität zu spüren. Dieser Stand ist jetzt in Venezuela erreicht.

     

    Die große Frage ist dann nur, ob ein neuer „Libertador“ wirklich die Lösung bringt!

    • @Pfanni:

      Alternativen zum Kapitalismus werden bekämpft. Beispielsweise wurde der Kapitalfaschismus der bürgerlich-faschistischen NSDAP von der großen Mehrheit der Deutschen aktiv bis zum äußeren Kriegsende mitgetragen. Danach waren alle unschuldig und wussten nichts von ihrer aktiven Beteiligung und Mitwirkung am NS-Regime und NS-Verbrechen. Die Erwachsenenbevölkerung war Teil des kapitalistischen NS-Regimes. // Auch hieraus erklärt sich der massive antikommunistische Kampf der Mehrheit nach 1945, gegen die [west- und ostdeutschen] Antifaschisten. Gegen die deutschen Kommunisten. So sorgte auch die vom NS-Faschismus der Eltern und Großeltern mitgeprägte ostdeutsche Bevölkerung für die ökonomische Niederlage und Implosion der unvollkommenen, antifaschistischen und antikapitalistischen DDR. Der Kapital-Faschismus ist eben immer noch fruchtbar in den Köpfen großer Teile der Bevölkerung!

      • @Reinhold Schramm:

        Kleiner historischer Tipp. Neben Stalinismus und Nationalsozialismus gab es seinerzeit noch eine dritte bestimmende Strömung: den Liberalismus. Er manifestierte sich in der Weimarer Republik und vielen anderen europäischen Staaten. Fast wäre er durch Nazen und Stalinisten unter die Räder gekommen.

        Es soll ja immer noch sogenannte Kommunisten geben, die von all dem nichts mitbekommen haben und wo Sozialdemokraten immer noch Sozialfaschisten sind.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Reinhold Schramm:

        Das Nazi-System war nicht kapitlaistisch im Sinn der Markfreiheit, eher eine Art Sozialismus der sich mit der Ausbeutung anderer Länder finanzierte.

      • 8G
        82741 (Profil gelöscht)
        @Reinhold Schramm:

        Wird Ihnen eigentlich schwindelig von solch steilen Thesen?

  • "Die Mutter ... noch immer treu." Die ökonomische Wirklichkeit ist der Kapitalismus. Worin besteht die Alternative? Versuche einer ökonomischen und sozialen Alternative hat es in der Geschichte der letzten hundert Jahre gegeben. Alle diesbezügliche Versuche sind gescheitert. Die ökonomische, militärische, ideologische und gesellschaftspolitische Administration des Kapitalismus hat mit allen Mitteln die Entfaltung einer Alternative bekämpft und war damit im Ergebnis erfolgreich. Bestes Beispiel hierfür ist auch das frühere Westberlin. Diese Teilstadt wurde zuletzt pro Jahr mit mehr als zwanzig Milliarden DM als künstliches sozioökonomisches städtisches Gebilde, als Pfahl im Fleische der historischen DDR, gesponsert. Dabei wurden die Hirne der Bevölkerung, nachhaltig, bis in die Gegenwart, tiefenpsychologisch Vernebelt. Das Bewusstsein wurde bis in nachfolgende Generationen irreversibel antikommunistisch vergiftet.

     

    Analoges geschah und geschieht, und dabei meist modifiziert anderen Mitteln, bei der äußeren Einwirkung auf die Bewusstseinslagen der lateinamerikanischen Völker. So unter anderem auch auf die Bewusstseinslagen der Bevölkerungen Kubas, Chiles, Brasiliens, Panamas, Argentiniens, Perus, Boliviens, Mexikos. Ein Hebel hierbei sind die modernen Medien und der Tourismus, vor allem auch aus der sog. Ersten Welt. Die große Schau des persönlichen Besitzes und Konsums der Wohlhabenden und Vermögenden, weckt Erwartungshaltungen und vielfältige Bemühungen sich einen Anteil zu holen. Oder sich durch Flucht der Teilnahme an einer alternativen Entwicklung zu entziehen. So entzogen sich auch Hunderttausende Kubaner. Häufig nach ihrer beruflichen, kreativen oder sportlichen Qualifikation, der persönlichen Teilnahme am Aufbau ihres Landes. Gleiches kennen wir auch von vormaligen Bürgern Ostdeutschlands.

     

    Eine Alternative für Venezuela gibt es nicht im Kapitalismus, nicht im Bourgeoissozialismus. Soziale Gestaltung der Zukunft gibt es nur im demokratischen Gemeineigentum.

    • @Reinhold Schramm:

      "So entzogen sich auch Hunderttausende Kubaner. Häufig nach ihrer beruflichen, kreativen oder sportlichen Qualifikation, der persönlichen Teilnahme am Aufbau ihres Landes"

       

      Menschen haben nun mal individuelle Bedürfnisse. Wie der rechte Faschismus, läuft der linke (Kommunismus) auf Kollektivismus hinaus. Wie ja bereits "Kommunismus", hergeleitet von lat. communis (gemeinschaftlich) andeutet. Der einzelne Mensch hat sich in's Kollektiv einzufügen. Der Rechte will eine Gesellschaft unter Gleichen und spricht vom Volksgenossen. Der Linke ist universalistisch, wie die Kirchen, und spricht vom Genossen. Es wird aber immer Menschen geben, die Interessen und Bedürfnisse außerhalb dieses Kollektivs haben. Das ist auch eine dynamische Enwicklung, der Zeitgeist ändert sich, geht weiter. Der perfekte sozialistische Staat müsste all die individuellen Interessen der Menschen abdecken, befrieden können. Und zwar dauerhaft, zukünftig. Das kann er nicht. Will er ja auch gar nicht -vielleicht anfangs, aber auf Dauer kommt der sozialistische Planstaat mit der Entwicklung nicht mehr mit. Und so wirkt der Staat auf einmal alt, knorrig, faltig, verkrustet, reaktionär, ein dahinsiechender alter, besserwisserischer Mann, der sich gerade noch so auf seinem Rollator hält und, wenn er wütend wird, mit seinem Regenschirm zuschlägt. Wie die Ex-DDR. Wenn er ein netter Opa ist, nimmt er sich auch mal zurück, lässt neue Leute ran, auch wenn die ihm nicht recht gefallen. Kommunistenopas kleben an ihrer Macht. Wie mit Honecker, der Castroclan etc. pp. Da hilft alles Jammern über die weglaufenden Leut nichts. Wären Maduro und sein Clan lässig, würde er Neuwahlen ausrufen und sich dem Ergebnis beugen- er könnte ja weiterhin antreten- anstatt sich einzumauern...

      • @Grmpf:

        Individuelle Bedürfnisse lassen sich jedoch nur in Abstimmung und Anerkennung mit der sozialen Umgebung realisieren. Der atomistische, isolierte und Verkrüppelte Konsument befriedigt keines seiner Bedürfnisse. Er strampelt nur steif konditioniert in einem Kreislauf von Leistungsdruck und Fremdbelohnung.

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @kleyrar:

          Befreien Sie sich aus Ihrer selbstgeschaffenen Unmündigkeit, dann klappts vielleicht auch mit dem befriedigenden Konsum! Darauf eine Südfrucht! :D

      • @Grmpf:

        Die "Mitte" war die soziale Basis für die NS-Faschisten. Die kapitalfaschistische Rechte und die "Mitte" blieben an der Seite des NS-Regims bis zum Ende. Mit Ausnahme der Minderheit der Linken und Kommunisten, der bürgerlichen Humanisten und kath. Christen, gab es aus der großen Mehrheit der kapitalfaschistischen Volksgemeinschaft keinen Widerstand gegen das NS-Regime. Auch hieraus erklärt sich die spätere Niederlage und Implosion der antifaschistischen DDR. Sie hatte nicht die ostdeutsche Volksgemeinschaft, nicht die "Mitte" auf ihrer Seite.

  • Ich finde es toll, dass die taz hier moralisch Kurs hält und sehr ausführlich & kritisch über die Vorgänge in Venezuela berichtet.

     

    Es ist auch wichtig, herauszustellen, dass die Probleme nicht erst mit Maduro begannen, sondern von Anfang an systemischer Natur waren.