Krise in Elfenbeinküste: Blutige Gefechte in Abidjan
Artilleriefeuer erschüttert seit zwei Tagen die ivorische Metropole Abidjan. Mindestens zehn Menschen sind seit Dienstag im nördlichen Stadtteil Abobo ums Leben gekommen.
Seit im nördlichen Stadtteil Abobo die Sicherheitskräfte des abgewählten Noch-Präsidenten Laurent Gbagbo, der seine Wahlniederlage nicht anerkennt, eingerückt sind, erschüttern Artilleriefeuer die ivorische Metropole Abidjan.
Abobo gilt als Hochburg des verhinderten Wahlsiegers Alassane Ouattara. Mindestens 10 Menschen sind in den vergangenen zwei Tagen dort ums Leben gekommen, ein Blogger berichtete am Mittwochnachmittag sogar von 20 Toten.
Gbagbo-treue Medien erklärten, die Sicherheitskräfte wollten in Abobo "Rebellen" vertreiben und "Waffenlager" ausheben. Wie die Lokalzeitung Soir Info berichtet, gestaltete sich diese Operation am Dienstag früh als Plünderfeldzug, worauf sich stundenlange Schießereien mit schwerer Artillerie entwickelten. Neue heftige Schusswechsel gab es mitten in der Nacht zum Mittwoch sowie erneut Mittwochmittag.
Am Dienstag sollen nach Medienberichten zwei Polizisten und drei Zivilisten getötet worden sein, am Mittwoch erneut fünf Polizisten, als mehrere Polizeiautos in Flammen aufgingen, dazu ein privater Sicherheitsbeamter, der auf dem Dach einer Bankfiliale erschossen wurde. Weitere Tote soll es in der Nacht gegeben haben.
Ouattara-nahe Medien bezweifeln, dass tatsächlich Polizisten im Einsatz sind, da die Polizei normalerweise nicht mit schwerer Artillerie ausgerüstet sei. Ob sich in Abobo tatsächlich Ouattara-treue Rebellen "infiltriert" haben, wie die Gbagbo-Seite sagt, bleibt unklar.
Klar ist jedoch, dass beide Seiten bewaffnet sind. Seit Mitte Dezember hat die Bevölkerung Abobos ebenso wie in einigen anderen Teilen Abidjans "Selbstverteidigungsmilizen" organisiert, um mit Patruoillen nächtliche Überfälle und Verschleppungen durch Gbagbo-treue Sicherheitskräfte und Milizen zu verhindern.
Seitdem hat die Zahl politischer Morde abgenommen, das Gewaltpotential aber nimmt zu. Erst letzte Woche hatten schwere Kämpfe zwischen verfeindeten Milizen in der westivorischen Stadt Duékoué nach UN-Angaben 36 Tote gefordert und 16.000 in die Flucht getrieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt