Krise in Burundi: Tage der Angst in Bujumbura

Protestiert wird schon lange nicht mehr. Kurz vor der Präsidentschaftswahl überwiegt die Sorge vor einer bewaffneten Konfrontation.

Damals trauten sie sich noch: Protestierende in Bujumbura, Anfang Juni. Foto: ap

BUJUMBURA taz | Als die Polizisten um die Ecke gebogen sind, gucken die Einwohner vorsichtig aus ihren Hoftoren. Ein paar Männer wagen sich in die enge Gasse und linsen, wohin die Uniformierten verschwunden sind. „Wir trauen ihnen nicht, sie erschießen und entführen Leute“, sagt ein 30-Jähriger, der seinen Namen nicht preisgeben will. Die Angst geht um.

Cibitoke, ein Viertel der burundischen Hauptstadt Bujumbura, wirkt wie ein Schlachtfeld. Nach wochenlangen Protesten und deren gewaltsamer Niederschlagung herrscht in Bujumbura noch immer Ausnahmezustand. Entlang der sonst so geschäftigen Hauptstraße sind die Geschäfte verbarrikadiert. Die Überreste verbrannter Reifen haben den grauen Asphalt schwarz gefärbt. „Keine dritte Amtszeit“, hatten Protestler in roter Farbe auf die Straße gesprayt. Die Buchstaben sind kaum mehr sichtbar.

Wochenlang hatten im April und Mai in Cibitoke, wie in vielen anderen Stadtvierteln, die Menschen demonstriert: gegen Präsident Pierre Nkurunziza, der seit zehn Jahren an der Macht ist und für die Präsidentschaftswahl erneut kandidiert. Er darf laut Verfassung eigentlich nicht mehr antreten, doch das Verfassungsgericht hat sein O. K. gegeben. Wochenlang demonstrierten die Burunder. Mitte Mai hatte der zeitweilige Geheimdienstchef General Godefroid Niyombare Präsident Nkurunziza für abgesetzt erklärt, doch der Putschversuch wurde von loyalen Einheiten niedergeschlagen. Die Polizei geht seitdem brutal gegen Demonstranten vor.

In Cibitoke patrouillieren jetzt mehr Polizisten als Einwohner herumlaufen. Doch sie sorgen nicht für Sicherheit, im Gegenteil: „Nachts schießen sie wild um sich, ich traue mich in der Dunkelheit nicht mehr vor die Tür“, sagt der junge Mann. Er sieht müde aus: blutunterlaufene Augen, die Angst steht ihm ins Gesicht geschrieben. Seine Frau und die zwei Kinder hat er nach Ruanda geschickt. Über 150.000 Burundier sind geflohen. Auch seine Nachbarn.“ Ich bin geblieben, weil ich mein Haus bewachen will, sonst rauben sie uns aus, dann haben wir gar nichts mehr“, sagt er.

Verteidigen gegen den eigenen Staat

Cibitoke ist ein Armenviertel. Ein Haus zu besitzen, bedeutet hier sehr viel. Der junge Mann guckt sich vorsichtig um. Steine, Baumstämme und Stacheldraht blockieren den Eingang der engen Gasse. „Wir haben die Barrikade errichtet, damit die Polizisten nicht mit ihren Autos hier durchfahren können“, erklärt er. Die Menschen verteidigen sich gegen ihren eigenen Staat.

Präsident Nkurunzizas Partei CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) war 2005 nach jahrelangem Bürgerkrieg und einer von Gewalt geprägten Übergangszeit an die Macht gekommen. Die Elite der ehemaligen Hutu-Rebellenbewegung regiert seitdem wie ein Mafiaclan. Bujumbura gilt als Umschlagplatz für Drogen-, Waffen- und Goldhandel.

Von oben auf den Hügeln kann man Bujumbura überblicken: die frisch geteerten Hauptstraßen, eine der sichtbarsten Errungenschaften des Nkrurunziza-Regimes. Aber auch neue Hochhäuser und gigantische Villen mit Pools – Beweise, dass einige Leute richtig viel Geld in Zement gießen. Die Clique um Nkurunziza ist enorm reich, doch Burundi zählt immer noch zu den ärmsten Ländern der Welt.

Diese Ungleichheit hat die Menschen auf die Straßen gelockt. Sie hatten die Hoffnung, die korrupte Machtelite endlich loszuwerden, nachdem zehn Jahre jetzt zu Ende gehen.

Doch dann schickte Nkurunziza seine Schergen los. Der CNDD-FDD-Jugendarm „Imbonerakure“ – übersetzt: „die Weitsichtigen“ – wurde als Miliz trainiert, in Polizeiuniformen gesteckt, mit Waffen ausgestattet. Jetzt terrorisieren sie die Bevölkerung. Zugleich droht der Wirtschaft der Kollaps, sorgen sich internationale Beobachter. Regierungsangestellte und Soldaten werden nicht mehr bezahlt, heißt es. Teile der Armee sind desertiert und drohen mit Rebellion. Vergangene Woche hat es erste Kämpfe mit mutmaßlichen Rebellen im Norden des Landes gegeben. Ein Bürgerkrieg droht.

Uganda vermittelt

Diese Woche kam Ugandas Präsident Yoweri Museveni, um zu vermitteln und den Bürgerkrieg abzuwenden, der nach den Wahlen am 21. Juli droht. Der 70-Jährige ist seit knapp 30 Jahren an der Macht und gilt als Großvater in der Politik der Region der Großen Seen. An diesem Mittwoch hat der Ugander Burundis Opposition – zumindest die, die nicht geflohen sind, aber die Wahlen boykottieren wollen – im Luxushotel Bel-Air zusammengetrommelt. Das Hotel auf den Hügeln über dem Armenviertel Cibitoke ist nun umzingelt von Hunderten von Leibwächtern.

In stundenlangen Sitzungen erteilt Museveni den Burundiern wie ein Großvater Lektionen: Sie sollen die Waffen niederlegen, sich um den Aufbau des Landes bemühen. „Setzt euch endlich hin“, doziert er. „Alle Seiten haben zugesagt, intensiv zu verhandeln und eine Lösung zu finden“, versichert Museveni zum Abschluss seiner Stippvisite. Er werde jetzt Ugandas Verteidigungsminister schicken, um weiter zu vermitteln. Ob die Wahlen nächste Woche tatsächlich stattfinden, darüber schweigen sich alle aus.

So geht weiter die Angst um.

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