Krise in Bolivien: Präsidentinnen eilen zur Hilfe
In der Provinz Pando starben mindestens 30 Menschen durch Gewalt. Ein Treffen der südamerikanischen Staaten an diesem Montag soll einen Bürgerkrieg in Bolivien verhindern.
Bolivien braucht Hilfe von außen. Nach der Verschärfung der Krise durch die konservativen Gouverneure der Tieflandprovinzen scheint die Lage so verfahren, dass die Vermittlung durch die Regierungen der Nachbarländer immer mehr als letzter Ausweg erscheint. Die Zeichen dafür stehen gut, denn einen neuen Kalten Krieg, wie ihn bereits manche heraufziehen sehen, kann Südamerika am allerwenigsten brauchen. Deswegen hat Chiles Präsidentin Michelle Bachelet für diesen Montag zum Krisengipfel nach Santiago geladen.
An Solidaritätsadressen besteht kein Mangel. Selbst die rechte kolumbianische Regierung stellte sich hinter Präsident Evo Morales und "die demokratischen Institutionen". Bemerkenswerter war da schon die Geste von Manuel Zelaya aus Honduras: Der Staatschef verweigerte dem neuen US-Botschafter die Akkreditierung und verlangte von Washington, eine "Lösung für das bolivianische Problem" zu suchen. Das zentralamerikanische Land, das in den Achtzigerjahren noch als US-Flugzeugträger verspottet wurde, war im August dem linken Handelsbündnis Alba beigetreten, einem Projekt von Hugo Chávez.
Der venezolanische Präsident wiederum beschuldigte die bolivianischen Streitkräfte, "eine Art Streik zu machen, der es den faschistischen Paramilitärs erlaubte, das bolivianische Volk zu massakrieren" - ein Hinweis auf die Lage in der Provinz Pando (siehe unten). Anstatt sich gegen seine "starke Erklärung" vom Donnerstag zu wenden, hätte Oberbefehlshaber Luis Trigo die "obszöne Einmischung" der USA verurteilen sollen, meinte Chávez: "Ich bleibe dabei - wenn sie Evo stürzen oder umbringen, sehe ich nicht mit verschränkten Armen zu."
Doch ob Chávez mit seinem gewohnt undiplomatischen Auftreten seinem Verbündeten Morales einen Gefallen tut, ist fraglich. Vielversprechender ist da schon die Initiative, die zwei Frauen am Freitag ergriffen: die Präsidentinnen Cristina Fernández de Kirchner aus Argentinien und Michelle Bachelet aus Chile. Nach viel Hin und Her zwischen den südamerikanischen Hauptstädten sollen nun die 12 Staatschefs der im Mai gegründeten "Union südamerikanischer Nationen" (Unasur) zumindest die Perspektive für eine Verhandlungslösung eröffnen. Bachelt hat derzeit den Unasur-Vorsitz.
Es wird die erste Bewährungsprobe für den Staatenbund, ein Lieblingsprojekt von Luiz Inácio Lula da Silva. Der brasilianische Staatschef kündigte seine Teilnahme an, möchte allerdings vor seiner Abreise grünes Licht aus La Paz und von der Opposition haben: "Das Treffen ist nur sinnvoll, wenn es eine Bitte und einen Vorschlag aus Bolivien gibt." Zu Lulas Ärger hatte Morales am Donnerstag bereits abflugbereite Diplomaten aus Brasilien, Argentinien und Kolumbien auf später vertröstet.
Argentinien und Brasilien sind vor allem an einer raschen Normalisierung der Erdgaslieferungen interessiert, die Oppositionelle im bolivianischen Tiefland durch Besetzungen und Sabotageakte erschweren. Cristina Fernández treibt ein weiteres Motiv: Ihr ist die Rolle der USA nicht geheuer. "Wenn wir jetzt nicht handeln, könnten wir in 30 Jahren Dokumente sehen, wie wir sie jetzt über den Sturz von Salvador Allende sehen", soll die argentinische Präsidentin laut einem Bericht der Zeitung Página 12 zu Bachelet gesagt haben. Am Donnerstag jährte sich der Putsch gegen Bachelets Parteifreund Allende, bei dem die rechte Opposition auf den tatkräftigen Beistand Washingtons zählen konnte, zum 35. Mal.
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