Krise im Südsudan: Sudan bietet Truppen für Ölfelder
Der bedrängte Präsident Salva Kiir sucht Hilfe bei zwei verfeindeten Nachbarn: Uganda und Sudan. Dessen Präsident gibt sich als Freund des Südsudan.
BERLIN taz | Südsudans bedrängter Präsident Salva Kiir scheint seinen Nachbarn sehr wichtig zu sein. Auf dem Schlachtfeld erzielt seine Armee derzeit wenig Erfolge gegen die Rebellen und meuternden Soldaten, die sich dem abtrünnigen ehemaligen Vizepräsident Riek Machar angeschlossen haben – dafür punktet seine Regierung anderweitig.
Ausgerechnet der Präsident von Sudan, Omar Hassan al-Bashir, kam am Montag zu einem Blitzbesuch in die südsudanesische Hauptstadt Juba. Bashir, der jahrelang Krieg gegen Südsudans Befreiungsbewegung geführt hatte, bevor er den Teilstaat schließlich 2005 in die Autonomie und 2011 in die Unabhängigkeit entließ, gibt sich nun als Freund der Südsudanesen. Ihre Krise ist für ihn die Gelegenheit, seinen Einfluss im Süden wieder zu stärken.
„Es sollte im Südsudan Frieden und Sicherheit geben“, sagte Bashir, als er aus dem Flugzeug in Juba stieg. „Wir kommen, um unseren Brüdern und Schwestern im Südsudan Frieden zu bringen. Unsere Beziehung ist sehr wichtig.“ Fliehende Südsudanesen seien im Sudan willkommen – eine Kehrtwende gegenüber der bisherigen Politik, Angehörige südsudanesischer Volksgruppen aus dem Norden zu vertreiben.
Südsudans Regierung erklärte, der nur wenige Stunden dauernde Besuch „bestätigt die Festigkeit“ der bilateralen Beziehungen.
Sudan braucht Südsudans Öl
Sudan hat ein großes Interesse daran, in Südsudans Machtkampf die Regierung zu stärken. In Berichten nach dem Treffen in Juba hieß es, es werde eine gemeinsame sudanesisch-südsudanesische Truppe zum Schutz der Ölfelder Südsudans erwogen. Die Ölquellen sind Südsudans wichtigster Devisenbringer, und an ihrem Export im Transit über Sudan verdient auch Sudans Regierung kräftig mit.
Mehrere bewaffnete Zusammenstöße zwischen beiden Ländern haben Südsudan dazu gezwungen, unüblich hohe Transitgebühren zu zahlen. Diese Vereinbarungen stünden auf dem Spiel, wenn Südsudans Regierung stürzen sollte. Anhaltende Kämpfe würden die Ölförderung zusammenbrechen lassen.
Aber Salva Kiir setzt nicht allein auf den ehemaligen Erzfeind im Norden – das würden ihm weder das eigene Volk noch die ostafrikanische Region verzeihen. Laut Augenzeugen überqueren seit Sonntag Militärkolonnen aus Uganda bei Nimule die Grenze nach Südsudan.
Ugandas Präsident Yoweri Museveni hat sich öffentlich auf die Seite Salva Kiirs gestellt und bereits mit Spezialkräften und Kampfjets in den Krieg gegen die Rebellen Riek Machars eingegriffen. Uganda war jahrzehntelang die militärische Hauptstütze der südsudanesischen Befreiungsbewegung. Viele südsudanesische Politiker betreiben Geschäfte und haben Verwandte in Uganda.
Rebellion breitet sich aus
Südsudans Armee kann Hilfe gut gebrauchen. Mehrere Versuche, die Provinzhauptstadt Bor zurückzuerobern, sind offenbar gescheitert. Mindestens ein General der Regierungsarmee soll dabei getötet worden sein.
Sowohl in der Hauptstadt Juba als auch im weiter südlich gelegenen Yei, wichtig für den Fernhandel mit Uganda und der Demokratischen Republik Kongo, sollen in den letzten drei Tagen weitere Armeeeinheiten desertiert sein und sich den Rebellen angeschlossen haben, ebenso in den Städten Mundri und Morobo.
Damit würde der bewaffnete Aufstand sich jetzt erstmals auch in der Westhälfte des durch den Nil geteilten Landes festsetzen.
Direktgespräche in Addis Abeba
Derweil trafen Vertreter der Konfliktparteien am Montagnachmittag erstmals zu direkten Verhandlungen zusammen. Auf der Agenda in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba sollen vor allem ein Waffenstillstand zwischen der Armee von Präsident Salva Kiir und Getreuen seines ehemaligen Vizes Riek Machar stehen.
Die Delegationen der beiden Kriegsparteien halten sich bereits seit vergangener Woche in Addis Abeba auf, aber es war bislang nicht gelungen, sie in einem Raum zu versammeln. Dies hatte zu internationaler Sorge geführt, dass die beiden Seiten nur zum Schein Unterhändler geschickt hätten und in Wirklichkeit auf eine militärische Lösung setzten.
„Die Verzögerungstaktik in Addis Abeba lässt befürchten, dass die Konfliktparteien kein wirkliches Interesse an einer schnellen politischen Konfliktlösung haben“, hatte der neue Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier noch am Montag mittag erklärt und mehr afrikanischen Druck gefordert.
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