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Krise im Osten KongosKampf gegen die Rebellen

Die UN und Regierungen der Region fordern den Rückzug der M23-Rebellen aus Goma. Regierungseinheiten setzen westlich der Metropole zum Gegenangriff an.

Kriegsmüde: Ein bei Kämpfen 2008 Versehrter bei den Siegesfeiern der M23 in Goma. Bild: dapd

BERLIN/GOMA taz | Die Rebellenbewegung M23 im Osten der Demokratischen Republik Kongo gerät nach ihrer Einnahme der Provinzhauptstadt Goma unter Druck. Nach dem UN-Sicherheitsrat in New York am Dienstag forderten am Mittwoch auch die Präsidenten von Kongo, Ruanda und Uganda die Rebellen zum Rückzug auf. Und am Donnerstag setzten Regierungseinheiten westlich von Goma zum Gegenangriff auf die M23 an.

„Selbst wenn es legitime politische Forderungen seitens der als M23 bekannten meuternden Gruppe gäbe“, so die drei Präsidenten Joseph Kabila, Paul Kagame und Yoweri Museveni nach ihrem Treffen in Ugandas Hauptstadt Kampala am Mittwoch, „muss die M23-Gruppe ihre Offensive sofort beenden und sich aus Goma zurückziehen.“ Die Regierung wiederum werde „umgehend die Ursachen der Unzufriedenheit untersuchen und sie so gut wie sie kann angehen.“ M23-Präsident Jean-Marie Runiga flog am Donnerstag umgehend nach Kampala.

Auch der UN-Sonderbeauftragte für den Kongo, Roger Meece, hatte am Mittwoch in einem Videolink aus Kinshasa dem UN-Sicherheitsrat in New York gesagt, die M23-Rebellion sei „keine Antwort auf reale oder imaginäre Forderungen“. Der gemeinsame Nenner scheint klar: Es gibt Reformbedarf im Kongo, aber die M23 ist dafür kein Partner, sondern ein Hindernis.

Der Rebellengruppe werden auch schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, allerdings ohne Einzelheiten zu nennen. Am Dienstag hatte ein UN-Sprecher in New York gesagt, die M23 habe „Zivilisten verletzt, Entführungen von Frauen und Kindern fortgesetzt, Eigentum zerstört und Journalisten sowie Gegner ihres Vormarschs eingeschüchtert“. Doch konkreter wurde er nicht, und die UN-Mission in Goma selbst hat keine derartigen Vorwürfe erhoben. Ein Bericht der Menschenrechtsabteilung der UN-Mission erklärte erst letzte Woche die lokale kongolesische Miliz Raia Mutomboki zum Hauptverantwortlichen für Morde in Nord-Kivu.

Strom- und Wasserversorgung zusammengebrochen

Laut Augenzeugen in Goma ist die Lage in der Stadt seit dem Einmarsch der M23 ruhig. Problematisch sind allerdings der Zusammenbruch der Strom- und Trinkwasserversorgung sowie der Zustrom zehntausender Flüchtlinge aus dem Umland.

Kaum hallten am Donnerstag die Schüsse der Regierungstruppen aus den Hügeln rund um Sake durch die Kleinstadt 30 Kilometer westlich von Goma, packten die Einwohner ihre Habseligkeiten und flohen. Im Laufschritt rannten tausende Menschen die schnurgerade Teerstraße entlang in Richtung Goma.

Dabei sind die Flüchtlingslager am Westrand von Goma überfüllt. Fast 50.000 Menschen hausen im Lager Mugunga im Elend. „Wir übernachten unter freiem Himmel“, sagt Espère Pakanie. Der 25-Jährige war einst aus seinem Heimatdorf in das Lager Kanyarucina nördlich von Goma geflüchtet. Als dort am Sonntag die Mörser einschlugen, ergriff er mit Zehntausenden anderen die Flucht. „Ich musste dann hierher“, seufzt er und hält sich den Bauch: „Ich würde ja nach Hause zurück, aber ich habe solchen Hunger, ich kann niemals nach Hause laufen.“

„Wir wollen über eine Ablösung Kabilas verhandeln“, sagt ein hoher M23-Kommandeur in Goma kurz nach Runigas Abflug nach Kampala der taz. Auch Verhandlungen mit der UNO-Mission seien essenziel: „Wir müssen nachts dringend gemeinsame Patrouillen arrangieren, um die Bevölkerung zu schützen“, fordert er. Die M23 weiß: Kann sie die Sicherheit in Goma nicht aufrechterhalten, wird sich die Bevölkerung nicht lange mit ihnen zufriedengeben.

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7 Kommentare

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  • N
    Naiara

    Ok, sorry, ich muss meine Aussagen wohl doch noch mal korrigieren. Es war am Dienstag morgen wohl. Meine Freunde berichteten mir am Abend davon, das ihr Freund mit zwei weiteren Mitstudenten getötet wurde. Sie erzählten mir am Abend davon und erzählten mir es seien die M23 gewesen. Aufgrund ihrer Wut und Trauer habe ich nicht auf den genauen Tathergang insistiert um das nochmals zu verifizieren, aber als ich heute noch mal nachfragte, um mir das bestätigen zu lassen, meinten sie, sie wären zu Beginn davon ausgegangen es wäre die M23 gewesen, aber nun waren sie sich nicht mehr sicher und meinten es hätte sich auch um FARDC handeln können....

  • DJ
    Dominic Johnson

    @Naiara:

    was genau ist die Information zu den Studenten?

    Wenn das am Montag in Goma war, kann es nicht M23 gewesen sein, denn am Montag war Goma noch in FARDC-Hand. Bitte um Details.

  • R
    rita

    naiara, nein ich will sicher nicht den Tod dieser Studenten herunterspielen. Mein Anliegen ist lediglich, die an die Rebellen gerichteten Vorwürfe zu relativieren. Denn, wie du ja auch weißt, und was eben auch mein Kritikpunkt ist: Es war Kabila, der sie in die reguläre Armee eingegliedert hat. Und es hat ihn weder gekümmert, welche Menschenrechtsverletzungen diese Soldaten vor oder während ihrer Zeit in der regulären Armee vielleicht begangen haben, noch hatte er jeweils den Willen, sich mit ihren Forderungen auseinanderzusetzen. Denn ich denke mal, das wäre doch das mindeste, dass er sich darum kümmert, was aus den Einheiten wird, die er da in seine Armee eingegliedert hat. Hat er sich aber jemals darum gekümmert? Die Antwort ist schlicht und einfach: Nein!

    Und genau das ist der Grund für die jetzige katastrophale Lage. Hat aber jemals jemand nach der Verantwortung des Präsidenten für sein Land und seine Armee gefragt? Diese Frage kannst du dir selber beantworten.

    Und des Weiteren hat die Regierung meiner Meinung nach ganz bewusst die Lage beschönigt und die Menschen in einer Sicherheit gewiegt, die eben nicht gegeben war, indem behauptet wurde, das Militär hätte die Lage im Griff. Vielleicht hätten deine Studenten sich nicht so ahnungslos in der Stadt bewegt, wenn sie mit Kämpfen gerechnet hätten.

  • M
    magy

    unterstellen wir der M23 mal gute Absichten mit der Bevölkerung zu haben ist das natürlich für andere ein Dorn im Auge weil sie nun wieder vehandeln müssen um weiter günstig und so reichlich an die Erdschätze zu kommen,

    Das Versprechen Kabilas er wolle mit der M23 sprechen und sich dann um die Probleme im Land kümmern werde so gut er könne ist lachhaft, hat er sich doch all die Jahre wenig eher gar nicht um die Belange des Volkes gekümmert aber hemmungslos die Erdschätze verschachert.

    Menschenrechte waren ihm auch nicht wichtig Polizei machte mit den Menschen was sie wollte siehe u.a. der ungestrafte Mord an Chebeya und dessen bis heute verschwundenen Fahrer, Journalisten usw., Willkür gegen Kritiker und all die Gräueltaten in Ostkongo

  • N
    naiara

    Die Studierenden sind nun mal von der M23 erschossen worden, das weiß ich von meinen Informanten vor Ort, und diese sind ganz und gar keine Freunde der Kabila-Regierung. Ich möchte hier keine Diskussion anzetteln, aber ist mir ehrlich gesagt etwas zu einfach, die Taten der einen mit den Taten der anderen zur rechtfertigen, und die Opfer dann lediglich als Kollateralschäden abzutun. Und zu deinem Kommentar zu Regierungsarmee, da stimme ich dir zu, desolat, aber waren nicht noch bis vor kurzen Teile der M23 Teil dieser Regierungsarme.

  • L
    libra12

    Naiara, wie willst du wissen, vom wem die Studenten erschossen wurden? Schließlich waren zu jener Zeit kriegerische Auseinandersetzungen im Gange. Und wer ist schuld an dieser kriegerischen Konfrontation? Ist es nicht so, dass die Rebellen der Regierung Verhandlungen angeboten haben, die diese abgelehnt hat? Hat nicht Herr Paluku am Wochenende noch versichert, die Regierungsarmee habe die Lage unter Kontrolle und die Rebellen keine Chance, in Goma einzumaschieren? Natürlich, der hohe Herr hatte die Möglichkeit sich schnell zu verdrücken und die genasführten Menschen in Goma ihrem Schicksal zu überlassen.

    Und was überhaupt macht Kabila in diesem Konflikt? Hat er sich vielleicht mal blicken lassen, um mit den Rebellen zu verhandeln? Nein, für ihn sind sie einfach nicht eines Gespräches wert. Und das sagt er aus sicherer Entfernung. Die Menschen in Goma sind ihm piepegal. Und erinnern sie sich, wer überhaupt dafür verantwortlich ist, dass die jetzigen Rebellen ihre momentane Vormachtstellung erreicht haben? Wer ist überhaupt für die desolate Regierungsarmee zuständig, die aus Not die eh schon armen Menschen ausplündert?

    Ich glaube, bevor jemand anfängt die Menschenrechtsverletzungen der Rebellen zu zählen, müssen auch die der Regierungsarmee aufgelistet werden. (Und Verantwortliche benannt!) Frage ist, was schwerer wiegt.

  • N
    Naiara

    Mich wundert ein bisschen, das die Un in Goma keine konkreten Menschenrechtsverletzungen nennt, ich weiß von mindesten drei Studenten die am Montag erschossen wurden, einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort!