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Krise der deutschen AutoindustrieSchnellstens umbauen

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Deutsche Autobauer in der Krise: 70.000 Jobs könnten wegfallen. Sich mit anderen Mobilitätsanbietern kurzzuschließen könnte helfen.

Volkwagen präsentiert seine E-Auto-Strategie im November in Los Angeles Foto: Damian Dovarganes/ap

D ie Autoindustrie schwächelt, der Absatz von Neuwagen im Inland und die Exporte werden deutlich sinken. Den Preis dafür zahlen nicht in erster Linie AktionärInnen, sondern ArbeitnehmerInnen – erst recht, wenn sie wie in der Branche verbreitet als Leihkräfte oder auf Zeit prekär angeheuert sind. Die Zahl der Beschäftigten wird nach Schätzungen des Branchenverbands VDA allein bei den Autobauern um 70.000 sinken, hinzu kommen etliche Jobs bei Zulieferern.

Der Grund für die heraufziehende Krise: die schwächelnde Konjunktur und der von den Managern viel zu spät eingeleitete Strukturwandel hin zur E-Mobilität. Trotz großzügiger staatlicher Prämie kommt das E-Auto-Geschäft nicht richtig in Schwung, auch weil die Autobosse selbst immer noch damit fremdeln. Sie wollen lieber weiter extrem umweltbelastende SUV verkaufen, weil sie damit mehr verdienen. Das ist genauso kurz gedacht wie ihr Abwehrkampf gegen konsequenten Klimaschutz. Wer dafür sorgt, dass die Autoindustrie bleibt wie sie ist, sorgt dafür, dass sie keine Zukunft hat.

Neue Formen von Mobilität werden das Individualverkehrsmittel Auto immer mehr ablösen – schon wegen der Staus. Anbieter wie Tesla oder neu entstehende Unternehmen können VW, Daimler und BMW aus dem Feld schlagen – wenn die sich nicht etwas einfallen lassen. Statt ihren Abwehrkampf gegen Klimaschutz fortzusetzen, müssen sie in die Offensive kommen: mit einem sozial-ökologischen Umbau, der Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich genauso vorsieht wie gute ökologische und soziale Bedingungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Das heißt auch, dass weniger Autos produziert werden und Jobs wegfallen – aber an anderer Stelle entstehen neue. Die Bahnbranche sucht händeringend Ingenieure – in der Autoindustrie wird es schon bald zu viele geben. Echter Strukturwandel schafft mehr Arbeit als er vernichtet.

Dieser Umbau wäre die erforderlich Modernisierung, durch den die Bundesrepublik ihren Status als großen Industriestandort sichern könnte.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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16 Kommentare

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  • 9G
    90618 (Profil gelöscht)

    Die Automobilindustrie müßte etwas tun, was sie nicht will: Auf den Bau von Straßenbahnwaggons und Fahrrädern umsatteln! Das wird aber nicht passieren.

  • Es wird sehr verschiedene Batterien und Akkumulatoren geben. Feuerfest sollen sie sein, möglichst leicht und klein, die einen zyklisch schnellladend, andere einmalig von extremer Dauer oder Reichweite. Recyclebar, gut zu entsorgen und umweltfreundlich. Gehäuse aus Aluminium oder Magnesium, zur Zeit noch Plaste, Kathode, Anode und Membran aus Kohlenstoff oder Silicium, Alu oder Magnesium als Elektrolyt vielleicht ... organische Zuschlagstoffe sind ein Thema. Alukochtopf, Wasser, Salz, Zitronensaft, ein halbes Brikett, Isolierband und ein paar Löffel Öl, die Aluinnenwand anschmiergeln oder Magnesium- und Calcium Brausetabletten hinzugeben. Zwei Kupferdrähte mit einer Lampe oder einem kleinen Motor mit Propeller verbinden. Den unten isolierten Brikett hochkant auf den Topfboden stellen und oben einen Kupferdraht anschließen, den anderen am Topf und schon läuft der Propeller oder ein Licht leuchtet. Fertig ist die Kinderbatterie.



    Oder bei Youtube Aluminiumbatterie und Physik eingeben und den Versuchsaufbau anschauen.

    Kupferspulenmotoren werden immer kleiner, sogar ein Flyboard fliegt schon bis über den Ärmelkanal. Wie groß bzw. Leistungsstark sie sein können, ist mir noch entgangen. Zuletzt hat mich ein Skateboard mit E-Antrieb begeistert.

    Da wir auf Autojobs mehr und mehr verzichten müssen, konzentriert sich heute alles auf Energietechnik und das ist wichtig. Es bleibt viel nachzuholen.

  • 0G
    07954 (Profil gelöscht)

    Dieser Artikel ist einfach fürchterlich.

    • @07954 (Profil gelöscht):

      fürwahr , zumal letztendlich planwirtschaft im focus steht. die mobilität der zukunft ist vollkommen offen , die energiewende ein 25 mrd p.a. teures desaster - die nominal benötigten 10 akw für die e-mobilität unberücksichtigt. hier plant berlin mitte für menschen , deren wünsche und träume sie im grunde bestenfalls für infantil hält. die wollen aber kein e-auto , sowenig wie windräder vor der haustür. man kann zufrieden sein , der individualverkehr wankt - zumindest in der brd. blöd nur dass hier bisher 12 % wertschöpfung generiert wurden , anteilig an 1000 mrd sozialstaat p.a. . allerdings wählen die einschlägigen bezieher mitnichten grün. deren wähler haben das geld , zumal es eine billige , weitreichende und haltbar schonende batterie schon aus physikalischen gründen nicht geben wird .

      • @oliver pasch:

        Oi, die Trollarmee der Autoindustrie (wenn Sie's nicht sind: Sie machen's gut!)

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Strukturwandel setzt zunächst und vor allem Bereitschaft und Motivation voraus. Die deutsche Automobilindustrie und ihre Lobbyisten haben dies offenbar gründlich verschnarcht.

    Schnelles Gegensteuern ist geboten. Aber nicht durch Verlagerungen innerhalb des Individualverkehrs, sondern vom Individualverkehr zum ÖPNV, von der Straße zur Schiene. Die von der Autorin geforderte Modernisierung hilft da wenig weiter, eher ein grundlegender Paradigmenwechsel. Auch das Potenzial der Binnenschifffahrt ist längst noch nicht ausgereizt. Jedenfalls, solange deutsche Flüsse noch Wasser führen.

    Eigentlich eine klare und eindeutige Aufgabe. Wo also liegt das Problem?

    • 0G
      07400 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      Sorry. Die Politik wusste das. Wollen sie die Namen der Teilnehmer und Orte der Konferenzen aus 2010-2013. Redaktionsschluss 2011 - 1.000.000.000.000€ Rückstau Infra und nur Strassen 7.200.000.000€ Wertverlust durch Abnutzung. Sg Daehre Kommision (Schönrechner). Tatsächlich 25 Mrd pa und 25 Mrd pa bei Bahn. Warum?



      Fragen sie mal in der Invalidenstr. 44 in Berlin.



      Bundesverkehrsministerium. Die haben Bürgersprechstunden oder Bundeskanzleramt Mache Mit online 2013. Drei Fragen an Frau Merkel. Antwort von Herr Armin Disput - Geile Zeit das war für alle.

  • Machen wir uns nichts vor: selbst wenn alles optimal (für die Arbeitsplätze) liefe wird die Autoindustrie künftig wesentlich weniger Jobs zu bieten haben.

    Elektroautos brauchen weniger Arbeit. Zudem kann es nicht so viele geben wie bisher Verbrenner (auch die gewohnten Wachstumsraten wird es nicht mehr geben). Zudem werden die Autohersteller beim aufwendigen Umbau ihrer Fertigungslinien auf viel mehr Automatisierung setzen.

    Wir sollten uns von "unserer" Autoindustrie als Jobmotor verabschieden. Noch besser sollten wir das Verhältnis von Arbeit und Gesellschaft gründlich überdenken. Bevor es uns überdenkt.

    • 0G
      07400 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Hat es längstens. Seit 2013. Da war ich mal aktiv im Wahlkampf für RotRotGrün mit 30 Stundenwoche und Mindestlohn 25€ für 30-40 Jährige weil da schon 2044.

      Hybride gibt es seit 2000. Autogas Bifuel genauso lange. E Motor ist Älter als Verbrenner. Die Holländer haben vor 40 Jahren angefangen Autos an den Rand der Städte und innerhalb Rad Fuss Bus.

      Wasserstoff alles da.

      Es gibt den Willen nicht.



      Wegen Öl, Waffen und Geopolitik.



      Deswegen Horxen wir alle am Besten. Wenn die Politik aktiv die Zukunft zerstört.

      • @07400 (Profil gelöscht):

        Einigen wir uns darauf: es ist gerade dabei. Danach ist mensch zwar immer schlauer, entscheiden müssen wir aber leider vorher. Wir *müssen* annehmen, es sei nicht zu spät.

        Deshalb hat auch EG meine volle Sympathie, wenn sie Aktionen an und um die Automobilmesse macht. Dieses Goldene Kalb muss vom Sockel, sonst kommen wir nicht weiter.

      • 0G
        07400 (Profil gelöscht)
        @07400 (Profil gelöscht):

        schon 2044 das Rentenniveau unter 36% war und ich die Politik fragte ob sie einen an der Waffel hätten. Und Rente ist nur Ein Beispiel des Versagen dieses Staates.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Wie Recht Sie doch haben.

      Wenn ich bedenke, dass dieses Thema in seinen Auswirkungen selbst einem technischen Laien wie mir seit knapp 30 Jahren bekannt ist, dürfte dies bei Leuten vom Fach kaum anders sein.

      Mit einer Mischung aus Traurigkeit und Zorn denke ich an hochtrabende Artikel in den Hochglanz-Zeitgeist-Magazinen TEMPO und WIENER. Allen vorweg Exponante von Matthias Horx und anderen Schaumschlägern.

      30 Jahre Agonie. Lissbett, mein Eimer!

      • @76530 (Profil gelöscht):

        :-)

  • In Norwegen werden 2025 nur noch Elektroautos fahren, heute fahren ca. zwei Drittel mit Strom. Welche Stromtankstelle also die Beste ist, lässt sich schon herausfinden.



    Das Modell dann nach Deutschland zu übertragen sollte schnell gehen, doch manchen Autobossen ist klar, ohne Stromtankstelle wird sich auch kein E-Auto verkaufen. Mit dem KIA Soul EV Baujahr 1919 hat erstmals ein Stromer den Markt erreicht, der konventionellen Blicken als Auto genügt, 450 km Reichweite und vermutlich preislich sehr koreanisch und mit KoreanerGarantie. Jezt dürfen sich die deutschen Firmen wirklich beeilen.

    Die koreanischen Autogewerkschaften gehen sehr offen mit ihren Mitgliedern um, lügen sie nicht an und nennen reale Zahlen. Nicht unter zwei Drittel aller Autojobs müssen in Korea gehen. In Deutschland wäre die Größenordnung von 70 Prozent wohl nicht übertrieben. Da kommen dann natürlich andere Zahlen auf uns zu.



    Der Chef der Hyundaiautogewerkschaft wetterte mit diesen Zahlen gegen die E-Autos. Damals hat Deutschland an der Schreibmaschine festgehalten und der Computer kam trotzdem. Wilhelmshaven und Friesland als Orte von AEG Olympia sind seit dem Steppe. Nixdorf, Miro, Siemens,Olivetti und Bull leuchteten noch ein wenig, danach war nur noch Apple, Sony, Samsung, HP und Lenovo und Co.



    Faktisch sieht es schon so aus, als ob wir bald im schönen Friesland wohnen.

    • @Nik...:

      Naja, die Arbeitskultur in Korea ist auch anders. Die koreanischen Hersteller verdienen nicht umsonst doppelt so viel pro Auto wie die Deutschen.