Kriegsverbrecherprozess gegen Bemba: Geteiltes Echo in Bangui
Der Kriegsverbrecherprozess gegen den Kongolesen Jean-Pierre Bemba in Den Haag wird am Tatort mit Spannung verfolgt - und mit Kritik.
BANGUI taz | Als vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag der Prozess gegen den ehemaligen kongolesischen Warlord Jean-Pierre Bemba begann, war das in Bangui Stadtgespräch. Denn es war die Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik gewesen, wo 2002/03 Bembas Rebellenarmee MLC (Kongolesische Befreiungsarmee) den damaligen Präsidenten Ange-Felix Patassé gegen die meuternden Truppen des damaligen Armeechefs und heutigen Präsidenten François Bozizé schützte. Dabei sollen Bembas Kämpfer in Bangui, das direkt an der Grenze zum Kongo liegt, schwere Kriegsverbrechen begangen haben, so die Anklage in Den Haag.
Dass darüber jetzt vor einem internationalen Gericht gesprochen wird, reißt in der Zentralafrikanischen Republik alte Wunden neu auf. Der Tag des Prozessauftakts sei der schönste Tag ihres Lebens, erklärte Marie-Hélène Ngoita, die damals von Bembas Kämpfern vergewaltigt wurde und heute HIV-positiv ist.
Der Strafgerichtshof scheute keine Mühen, um die Öffentlichkeit von Bangui für sich zu gewinnen. Er lud Journalisten nach Den Haag ein und schaltete großflächige Anzeigen in zentralafrikanischen Zeitungen, um ein Gefälligkeitsinterview abzudrucken. Er mietete eigens einen Veranstaltungssaal in Bangui, um die ersten Anhörungen live aus Den Haag zu übertragen. 500 Menschen kamen. "Das ist wenig", meint Crispin Dembassa, Journalist beim unabhängigen Radio Ndeke Luka. "Vielleicht liegt es daran, dass die Ereignisse schon sieben Jahre her sind."
Mit seiner Rebellenarmee MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) beherrschte Jean-Pierre Bemba 1998-2003 das nördliche Drittel der Demokratischen Republik Kongo, das an die Zentralafrikanische Republik grenzt. Der dortigen Regierung half er mit Truppen aus.
Dafür steht er seit dem 22. November vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Das Verfahren gegen Bemba, 2003-06 Vizepräsident des Kongo und 2008 in Belgien verhaftet, wird am 11. Januar in Den Haag fortgesetzt. (d.j.)
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Zentralafrikaner sich nicht in erster Linie für Bemba interessieren, sondern für ihren damaligen Präsidenten Patassé, der Bembas Kämpfer nach Bangui holte. Patassé wird nicht vom Strafgerichtshof verfolgt.
Die Zeitung LAgora druckt unter der Überschrift "VIP-Zellen" Fotos vom Gefängnistrakt in Den Haag, der im Vergleich zu afrikanischen Haftanstalten sehr luxuriös aussieht. Die Zeitung Le Démocrate macht den heutigen zentralafrikanischen Machthaber Bozizé dafür verantwortlich, dass gegen Patassé nicht ermittelt wird: Bozizé selbst habe ja schließlich auch mit Bemba zusammengearbeitet, als er noch Armeechef unter Patassé war.
2001 - zu einem Zeitpunkt, den das Den Haager Verfahren nicht abdeckt - schickte Bemba erstmals auf Wunsch Patassés Truppen nach Bangui. Die standen damals unter dem Befehl François Bozizés und des damaligen Verteidigungsministers Jean-Jacques Demafouth. Heute sind Bozizé, Patassé und Demafouth alle drei Kandidaten zur nächsten zentralafrikanischen Präsidentenwahl am 23. Januar 2011. Es scheint, als hätten sie miteinander ein Stillhalteabkommen geschlossen.
"Es waren Bembas Elemente, die die Übergriffe begingen, die ihm heute Gefängnis in Den Haag bescheren", kommentiert Le Démocrate. "Aber er war nicht vor Ort. Und selbst wenn seine Kommandanten Operationen befehligten, waren sie nicht die Herren der Lage". Das Blatt erinnert an eine Rede Patassés vom 26. November 2002, als dieser Bemba für seinen "unverzichtbaren und rettenden Beistand" dankte. Damals hatten Bembas Kämpfer bereits zahlreiche Übergriffe begangen.
Ein Zeuge des damaligen Krieges in Bangui meint, Bembas kongolesische Kämpfer seien Ende 2002 nur deshalb plündernd und mordend gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen, weil Patassé sie nicht bezahlt hatte. Dabei hatte der damalige Präsident 10 Millionen Dollar aus Libyen als Kredit bekommen - sowohl für die eigenen Beamten als auch für die "Söldner" aus dem Kongo gedacht. Dass er dieses Geld nicht denen zukommen ließ, die es gebraucht hätten, wurde ihm zum Verhängnis, als im März 2003 Bozizé Patassé stürzte.
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