Krieg in der Ukraine: Kyjiw bestätigt Verlust von Wuhledar

Russische Truppen haben die ostukrainische Bergbaustadt im fünften Anlauf eingenommen. Sie liegt strategisch günstig, ist aber weitgehend zerstört.

Zerstörungen in einer von russischen Streikräften bomardierten Plattenbausiedlung in Wuhledar im Februar 2023

Von russischen Streikräften bomardierte Plattenbausiedlung in Wuhledar im Februar 2023 Foto: Evgeniy Maloletka/ap

Kyjiw ap/rtr | Das ukrainische Militär hat am Mittwoch Berichte über einen Rückzug seiner Soldaten aus der lange umkämpften Stadt Wuhledar im Osten der Ukraine bestätigt. Die dort kämpfenden Soldaten und ihr militärisches Gerät sollten in Sicherheit gebracht werden, teilte die zuständige Gruppierung der Armee, „Chortyzja“, am Mittwoch auf Telegram mit. Die Angreifer hätten zuletzt auch über die Flanken angegriffen, und es habe die Gefahr bestanden, dass die Stadt eingekesselt werde.

Das strategisch gut auf einem Hügel gelegene Wuhledar war in den vergangenen zwei Jahren ein wichtiges Bollwerk der ukrainischen Streitkräfte in der Region Donezk gewesen. Mit der Eroberung der Stadt haben die russischen Truppen eine bessere Ausgangslage für Angriffe auf ukrainische Soldaten und Nachschubrouten für den Süden. Außerdem können sie ihre eigene Kriegslogistik besser schützen.

Wuhledar bedeutet „Geschenk der Kohle“ und ist eine Kohlebergbaustadt in der ostukrainischen Region Donezk mit einer Vorkriegsbevölkerung von rund 14.000 Menschen, von denen fast alle geflohen sind. Wuhledar wurde in den 1960er Jahren von der Sowjetunion um eine Mine herum erbaut.

Heute gibt es dort zwei Minen mit bedeutenden Kohlevorkommen. Die Russen nennen die Stadt, die weitgehend aus Hochhäusern besteht, Ugledar.

Schritt Russlands, um Region Donezk einzugliedern

Russland hat die Region Donezk im Herbst 2022 zusammen mit drei anderen ukrainischen Provinzen einseitig annektiert. Für die Regierung in Moskau ist die Kontrolle über Wuhledar ein wichtiger Schritt zur Eingliederung der gesamten Region Donezk in Russland.

Die Kontrolle über die Stadt – welche die Russen lange als eine der am schwersten zu knackenden ukrainischen Festungen betrachteten – ist für beide Seiten wichtig wegen ihrer Lage auf erhöhtem Gelände inmitten einer Ebene. Zudem liegt die Stadt am Schnittpunkt der östlichen und südlichen Fronten, was ihr zusätzliche Bedeutung für die Versorgung der Streitkräfte beider Seiten verleiht. Solange ukrainische Kräfte die volle Kontrolle über Wuhledar hatten, konnten sie die Stadt als Plattform nutzen, um russische militärische Versorgungslinien in der Gegend zu beschießen.

Die Stadt liegt zudem in der Nähe einer Bahnlinie, die die von Russland bereits 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim mit dem Donbass verbindet. Dieser umfasst wiederum Donezk und die östliche Region Luhansk, von denen Moskau den größten Teil kontrolliert.

Die Einnahme von Wuhledar, die Russland als eine der letztenukrainischen Bastionen im südlichen Donezk darstellt, ebnet den Weg für russische Kräfte, auf andere Orte Richtung Westen vorzurücken.

Ukranischer Rückzug, um Einkesselung zu vermeiden

Russische Kräfte hatten ukrainische Soldaten in der Stadt zunehmend eingekesselt. Das machte den Nachschub für die ukrainischen Streitkräfte immer schwieriger. Die russischen Truppen hatten zuvor mindestens viermalKyjiw versucht, Wuhledar einzunehmen. Die ukrainischen Streitkräfte konnten die Angriffe bislang aber immer abwehren.

Toten- und Verletztenzahlen werden von keiner Seite bekanntgegeben. Nach ukrainischen Angaben mussten die Russen bei ihren Versuchen, die Stadt einzunehmen, aber jeweils heftige Verluste hinnehmen. Moskau zufolge hat auch die Ukraine einen hohen Preis für den Versuch gezahlt, Wuhledar zu halten.

Bilder von russischen Kräften, die am Dienstag ihre Flagge auf dem Dach eines Verwaltungsgebäudes im Zentrum schwenkten, zeigten das Umfeld in Trümmern.

Maksym Werbowksyj, der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, sagte den ukrainischen Staatsmedien schon im vergangenen Jahr, jedes einzelne Gebäude sei beschädigt, ebenso wie die gesamte Infrastruktur. Damals seien weniger als 500 Zivilisten, darunter drei Kinder und viele Rentner, geblieben. Alle Kinder und die meisten Erwachsenen seien seitdem evakuiert worden.

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