Krieg in Sudan: Kämpfe trotz Waffenruhe
In Sudan wird trotz vereinbarter Waffenruhe weiter gekämpft. Das UN-Welternährungsprogramm warnt vor einer Krise in der gesamten Region.
In Sudan kämpfen seit nunmehr zwei Wochen Armeeeinheiten unter dem Kommando von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan gegen die von General Mohamed Hamdan Daglo angeführte RSF-Miliz. Bei den Gefechten wurden nach offiziellen Angaben bereits mehr als 500 Menschen getötet und rund 4.600 verletzt. Es wird davon ausgegangen, dass die eigentliche Opferzahl viel höher ist.
Unzählige Menschen sind wegen der Kämpfe zudem auf der Flucht. Westliche Länder wie beispielsweise Deutschland haben ihre Staatsbürger per Flugzeug oder Schiffen in Sicherheit gebracht.
EU warnt vor Ausweitung der Krise auf Nachbarstaaten
Die Europäische Kommission sieht die Gefahr einer Ausweitung der Unruhen in Sudan auf die Nachbarstaaten. „Das Risiko, dass die Krise auf umliegende Staaten in der Region übergreift, ist reell“, sagte der für humanitäres Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic der „Welt am Sonntag“. An den Sudan grenzen demnach weitere Staaten, die „höchst fragil“ sind. „Die Konsequenzen wären desaströs. Das kann niemand wollen – darum muss die erste Priorität sein, die beiden Kriegsparteien zur Vernunft zu bringen“, sagte er.
Lenarcic rechnet mit einer Verschärfung der Lage in Sudan, die schon vor der aktuellen Krise dramatisch gewesen sei und „jetzt nur noch schlimmer werden“ könne. „Das Land steht in Flammen, es fehlt an allem: sauberem Wasser, Nahrungsmitteln, Medikamenten, Kraftstoff“, sagte der Kommissar.
Hunderte humanitäre Programme im ganzen Land seien suspendiert worden, Lagerhäuser geplündert und Transportmittel, auf die humanitäre Helfer angewiesen sind, zerstört. Dafür seien allein die beiden Kriegsparteien verantwortlich – aber die Zivilbevölkerung des Sudan müsse dafür „zahlen“, sagte Lenarcic.
UN-Welternährungsprogramm warnt vor Krise in ganzer Region
Die anhaltende Gewalt in Sudan könnte über das Land hinaus die gesamte Region in Ostafrika in eine humanitäre Krise stürzen. „Im Land hungerte schon vor Ausbruch der Kämpfe ein Drittel der Bevölkerung, nun fehlt es an allem und die Preise für Nahrung schießen in die Höhe“, sagte der Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) in Deutschland, Martin Frick, der Deutschen Presse-Agentur. Auch in den Nachbarländern Tschad und Südsudan komme es zu ähnlichen Preisanstiegen.
Beide Länder hätten seit Beginn der Kämpfe in Sudan bereits Tausende Flüchtlinge aufgenommen. „Im Südsudan, das klimabedingt gleichzeitig in Überschwemmungen versinkt und andernorts vertrocknet, sind die Preise für Nahrungsmittel in kürzester Zeit um 28 Prozent gestiegen“, sagte Frick. Hinzu komme die angespannte Situation am Horn von Afrika, in der nach sechs ausgefallenen Regenzeiten die Not ebenfalls auf einem Rekordniveau sei.
Das WFP musste aufgrund der Kampfhandlungen seine Unterstützung für 7,6 Millionen Menschen in Sudan einstellen. Gerade Geflüchtete, die in Sudan untergekommen seien, Schwangere oder mangelernährte Kinder stünden ohne die Unterstützung des WFP vor dem Nichts, so Frick. Sobald es die Sicherheitslage erlaube, solle die Hilfe wieder aufgenommen werden.
Niederlande beenden Evakuierung aus Sudan
Die Niederlande haben die Evakuierung ihrer Staatsangehörigen aus dem umkämpften Sudan abgeschlossen. Ein achter und letzter Evakuierungsflug sei am späten Samstagabend in Sudan nach Jordanien gestartet, teilte das Verteidigungsministerium in Den Haag mit. Insgesamt seien mindestens 160 Niederländer aus dem afrikanischen Land geholt worden, 85 davon mit Flugzeugen der niederländischen Luftwaffe. Die übrigen hätten mit Flügen anderer europäischer Länder mitfliegen können. Die Niederlande hätten auf ihren Flügen auch 130 Menschen mit 18 anderen Nationalitäten mitgenommen, hieß es.
Letzter britischer Evakuierungsflug verlässt Sudan
Großbritannien hat die Evakuierung seiner Bürgerinnen und Bürger aus dem Sudan beendet. Der letzte Flug des britischen Militärs habe das afrikanische Land am späten Samstagabend verlassen, teilte das Außenministerium in London am Sonntagmorgen mit. „Die britische Regierung führt keine Evakuierungsflüge vom Flugplatz Wadi Saeedna mehr durch.“ Insgesamt seien mindestens 1888 Menschen mit 21 Flügen außer Landes gebracht worden. Dabei handele es in erster Linie um Britinnen und Briten sowie ihre engsten Angehörigen. Schätzungen zufolge könnten sich noch Tausende Briten im Land aufhalten.
Außen-Staatsminister Andrew Mitchell nannte die Mission in der BBC „äußerst erfolgreich“. Zugleich betonte er: „Wir können angesichts solch gefährlicher Umstände nicht für immer dort bleiben.“ Außenminister James Cleverly kündigte an, weiter auf eine diplomatische Lösung zu drängen, um das Blutvergießen zu beenden. „Letztendlich ist ein stabiler Übergang zu einer Zivilregierung der beste Weg, um die Sicherheit und den Wohlstand des sudanesischen Volkes zu schützen“, sagte Cleverly.
Pro Asyl fordert bundesweiten Abschiebestopp
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl hat sich für einen bundesweiten Stopp von Abschiebungen in den Sudan ausgesprochen. „Die Bundesregierung kann nicht weiter zusehen, dass Menschen angedroht wird, in ein Gebiet abgeschoben zu werden, in dem ein bewaffneter Konflikt stattfindet“, sagte ihr flüchtlingspolitischer Sprecher Tareq Alaows dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Sonntag).
Es sei nicht absehbar, wann die vor rund zwei Wochen begonnenen Kämpfe rivalisierender Gruppen des sudanesischen Militärs beendet seien, warnte Alaows. „Deshalb brauchen wir einen bundesweiten Abschiebestopp jetzt. Wir können nicht einerseits Menschen evakuieren und andererseits Menschen abschieben.“ Ungefähr die Hälfte der sudanesischen Flüchtlinge in Deutschland sei nur geduldet und daher von Abschiebung bedroht.
Pro Asyl hatte bereits am Mittwoch gewarnt, verschlimmert werde die Situation, weil es weder eine funktionierende Infrastruktur noch eine medizinische Versorgung gebe. Es fehlten Strom, Wasser, Nahrungsmittel, Medikamente und Blutkonserven. Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser würden unter Beschuss genommen.
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