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Krieg in LibyenBriten erkennen Rebellenrat an

Eingefrorenes Vermögen von Gaddafi in England soll dem Übergangsrat der Rebellen übergeben werden. In den von Gaddafi kontrollierten Regionen gibt es Engpässe in der Versorgung.

Die Nato bleibt bei ihrer Strategie: Bombenschäden in Tripolis. Bild: reuters

TRIPOLIS/BRÜSSEL dapd/rtr | Großbritannien hat den libyschen Übergangsrat der Rebellen offiziell anerkannt. Außenminister William Hague sagte, Großbritannien werde eingefrorenes Vermögen des Regimes von Machthaber Muammar al Gaddafi in Höhe von 91 Millionen Pfund (102 Millionen Euro) freigeben, um den Rat zu unterstützen. Alle Gaddafi-getreuen Diplomaten würden des Landes verwiesen werden.

Der libysche Geschäftsträger sei ins Außenministerium einbestellt worden, um ihm mitzuteilen, dass er und alle noch in Großbritannien verbliebenen Diplomaten ausgewiesen würden, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch.

Die vom libyschen Machthaber Muammar al Gaddafi kontrollierten Landesteile haben nach Angaben der Vereinten Nationen mit Engpässen bei der Lebensmittel- und Treibstoffversorgung zu kämpfen. Zudem gestalte sich die medizinische Versorgung der Bevölkerung schwierig, teilten die UN in einem am Montag veröffentlichten Lagebericht mit. Grund hierfür seien nicht nur die bei Kämpfen Verwundeten, sondern auch die Flucht Tausender ausländischer Arbeiter im Gesundheitswesen.

Ein weiteres massives Problem stelle der Treibstoffmangel dar. So bildeten sich vielerorts an den Tankstellen lange Schlangen. Die Benzinreserven könnten bereits in zwei Wochen vollends erschöpft sein, erklärten die UN unter Berufung auf libysche Experten.

Das ölreiche Libyen verfügt zwar über funktionierende Raffinerien, jedoch nicht über genügend Produktionskapazität, um den täglichen Bedarf zu decken. Treibstoff und andere Produkte werden daher derzeit aus Tunesien und dem benachbarten Algerien importiert oder geschmuggelt. UN-Beobachter hatten sich für ihren Bericht eine Woche lang vor Ort ein Bild von der Lage gemacht.

Nato will Luftangriffe so lange wie nötig fortsetzen

Unterdessen erklärte die Nato, die Angriffe gegen die libyschen Streitkräfte trotz zunehmender internationaler Kritik so lange wie nötig fortsetzen zu wollen. "Gaddafi kann uns nicht aussitzen", erklärte Nato-Sprecherin Carmen Romero am Dienstag. "Solange seine Truppen Zivilpersonen angreifen oder bedrohen und solange sie versuchen, humanitäre Hilfe zu verhindern, werden wir an unseren Operationen in Libyen festhalten."

Zu Beginn der Mission hatte die Nato noch mit einem schnellen Rücktritt Gaddafis gerechnet, mittlerweile ist jedoch kein Ende der bereits seit fünf Monaten andauernden Luftangriffe in Sicht. Die USA und Italien haben ihre Beteiligung an dem Einsatz zurückgefahren, Norwegen möchte seine Kampfjets vom Typ F-16 bis zum 1. August endgültig abziehen.

Ungeachtet dessen erklärte die Nato nun, die Angriffe auf dem gegenwärtigen Niveau weiterführen zu wollen. Man habe noch immer die nötigen Mittel, um die derzeit 100 bis 140 Luftangriffe pro Tag fortzusetzen, sagte Oberst Roland Lavoie von der Nato-Einsatzführung im italienischen Neapel.

Pläne für Gaddafis Bleiben in Libyen

Unterdessen zeichnet sich möglicherweise ein breiter Konsens darüber ab, dass Gaddafi im Falle eines Rücktritts in Libyen bleiben könnte. Der britische Außenminister William Hague signalisierte zuletzt Zustimmung für den von seinem französischen Kollegen Alain Juppé vorgebrachten Vorschlag. Das Weiße Haus hatte hingegen erklärt, dass die Entscheidung von libyschen Volk abhänge.

Unstimmigkeit über den Vorstoß herrschte indes vor allem unter den libyschen Rebellen. So hatte der Vorsitzende des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdul Dschalil, Berichten zufolge erst am Montag erklärt, eine derartige Einigung in Betracht ziehen zu wollen, seine Äußerungen jedoch kurz darauf wieder revidiert. Gaddafi selbst hatte mehrfach erklärt, er werde weder zurücktreten noch das Land verlassen.

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5 Kommentare

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  • 1
    1-Gaou

    @Jürgen Orlok, du sagst es! Vor allem auch, was die Cote d'Ivoire betrifft! Und da hat sich die Berichterstattung in der TAZ ja nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert - und ist auch heute nicht in der Lage mal auch nur einen kritischen Artikel zum neuen "Machthaber" nach UNO-Putsch zu bringen, trotz massiver Menschenrechtsverletzungen, illegaler Inhaftierungen von Menschen, die mit der ganzen Sache aber auch gar nichts zu tun haben, Aushebelung der bis dahin gekannten Pressefreiheit usw. Ich glaube, langsam sollte man mal die TAZ etwas schärfer kritisieren, nicht nur NATO und /oder UNO!!!! Die bereiten das doch medial mit vor!

  • JO
    Jürgen Orlok

    In bewährter kolonialer Manier :

    Es wird ein Putsch als Aufstand inszeniert,

    es wird eine pseudolegale Basis zum militärischen Eingreifen geschaffen,

    es werden Kriegsziele weit außerhalb der pseudo-legalen Basis definiert - also ILLEGAL nach eigenen Maßstäben,

    da die Putschisten nicht die Macht erringen können, wird ILLEGAL die NATO zur Rebellen-Luftwaffe,

    aber täglich Lügt die NATO ...zum Schutz von ZIVILISTEN,

    immerhin wir die Hauptrolle der NATO für die Putschisten ganz nebenbei erwähnt, deren ILLEGALITÄT natürlich nicht,

    es wird den Putschisten die Anerkennung ausgesprochen, um einen Vorwand für die Vermeidung von Kosten für deren Unterhalt zu erhalten, eine ILLEGAL Basis,

    So sieht die aktuelle Form des Suezkrieges der kolonialen Mörder GB, F und Co aus.

     

    Die Vorform war die getürkte Wahl in der Elfenbeinküste, bei der ein korrupter West-Kandidat zur Macht gehievt wurde.

     

    So sieht unsere schon immer verlogene Wertebasis aus !!1

  • G
    Gadaffi-Fan ?

    Hmm, nichmal die taz lässt einen kritischen Blick auf diesen Krieg zu.

     

    Die feudalen Könige aus den Emiraten pumpen jetzt haufenweise Waffen an die OstLibyer im Schutz der Nato Bomber. War da nicht in Bahrein auch irgenwas ?

     

    Die wollen all diese Menschen:

    http://www.youtube.com/watch?v=jWzNhk3zv4U

    befreien ?

     

    Ich empfehle mal nen Blick hier

    http://libyancivilwar.blogspot.com/

    reinzuwerfen, insbesondere zu den Kriegsgründen vom Februar.

    Gezielte Massenvergewaltigungen (gabs nich), Bombardierung der Zivilisten per Luftwaffen (gabs auch nicht, sagen die Russen )

     

    Guckt nicht die "rebel atrocity videos" !

    Sind echt ekelig.

     

    In unseren Medien ... nix

  • A
    aurorua

    Mit diesem Zugeständnis haben sich die Briten womöglich via Geheimverträge die Ölvorkommen in der Region gesichert.

    Aus demselben Anlass haben sie ja auch ihre Soldaten zusammen mit den USA im Irak verheizt, obwohl definitiv klar war, dass Saddam keinerlei Massenvernichtungswaffen besitzt (bis auf die von USA gelieferten Giftgasreserven) und auch keine herstellen kann.

  • A
    Anna

    Und die "Zivilpersonen", die Gaddafis Truppen angreifen, sind wohl die zvilistischen Kämpfer?

    Nach 5 Monaten Bombenkrieg ist Gaddafi immer noch da, da müssen die Angreifer natürlich weiter bomben. Welch Gesichtsverlust wäre es sondt. Nun gibts also auch offiziell gegen die libysche Zivilbevölkerung NATO-Bomben. Offensichtlich hat Gaddafi mmehr Rückhalt in der Bevölkerung, als uns die westliche Propaganda glauben machen möchte.