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Bürgerkrieg in LibyenGaddafi-Anhänger festgenommen

Die Rebellen nehmen nach stundenlangen Gefechten 63 Personen fest. Sie werden verdächtigt, für Gefängnisausbrüche und den Mord an General Junes verantwortlich zu sein.

Respekt für den ermordeten General Junes: Demo in Bengasi. Bild: dapd

BENGASI/PARIS afp/dpa | Die libyschen Rebellen haben in ihrer Hochburg Bengasi 63 mutmaßliche Anhänger von Machthaber Muammar al-Gaddafi festgenommen. Wie der Rebellensprecher Mustafa al-Sagasli sagte, erfolgten die Festnahmen nach einem mehrstündigen Feuergefecht am Sonntag, bei dem vier Rebellen und fünf Gaddafi-Anhänger getötet worden waren. Zunächst war von inneren Kämpfen in den Reihen der Rebellen die Rede gewesen.

Die Rebellen hatten in einer großangelegten Razzia ein Fabrikgebäude gestürmt, in dem sich den Angaben zufolge eine Gruppe Bewaffneter versteckt hielt. Die Männer sollen Befehle von Gaddafi erhalten haben und für zwei Gefängnisausbrüche in der vergangenen Woche verantwortlich sein. Dabei waren nach Angaben eines Vertreters der Rebellenarmee auch einige "hochrangige Kriegsgefangene" entkommen.

Die Gruppe wird den Angaben zufolge auch verdächtigt, hinter der Ermordung des Rebellenmilitärchefs Abdel Fatah Junes zu stecken. Junes war am Donnerstag von einer Gruppe Bewaffneter getötet worden. Teils war aber auch vermutet worden, dass Rebellengruppierungen oder Islamisten hinter der Tat stecken könnten. Der General war lange Zeit Vertrauter Gaddafis und bis Januar dessen Innenminister, lief dann aber zu den Rebellen über.

Während des Feuergefechts am Sonntag waren nach Angaben des Rebellensprechers zunächst mehrere der mutmaßlichen Gaddafi-Anhänger entkommen. Nach 38 Festnahmen am Morgen hätten die Soldaten der Rebellen in ganz Bengasi nach den Geflohenen gesucht und bis zum Abend weitere 25 von ihnen gefasst. Ihnen wird auch vorgeworfen, in Bengazi Anschläge mit Autobomben geplant zu haben.

Unterdessen mussten die Rebellen im Westen des Landes die am Vortag eroberte Ortschaft Josh, die am Fuß der Nafusa-Berge liegt, am Montag nach mehrstündigen Kämpfen mit Gaddafis Truppen wieder aufgeben. Die Region Nafusa war Schauplatz heftiger Kämpfe, seit die Rebellen Anfang Juli eine Offensive in Richtung der Hauptstadt Tripolis begonnen hatten.

Der französische Verteidigungsminister Gérard Longuet forderte am Sonntag in Paris, den militärischen Druck auf Gaddafi weiter zu erhöhen. Doch Frankreich wünsche mehr Begleitung durch seine EU-Partner: "Ich denke an Spanien, Deutschland, Polen, die Staaten Nordeuropas." Deutschland nimmt nicht an dem Militäreinsatz in Libyen teil und hatte sich bei der Abstimmung darüber im UN-Sicherheitsrat enthalten. Nach Angaben von Diplomaten in New York beabsichtigt der Sicherheitsrat, eingefrorene libysche Staatsgelder für Hilfsprojekte freizugeben.

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6 Kommentare

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  • P
    Paul

    Solidarität organisieren: http://www.neinzumkrieg.tk/

  • JK
    Jürgen Kluzik

    Was eigentlich wollen die "nicht-rechten" Islamkritiker dem Islam entgegensetzen?

     

    Den in Deutschland vorherrschenden am nur Materiellen orientierten Nihilismus? - Der sich beispielsweise in in deutschen Waffenlieferungen an Gaddafi ausdrückte.

     

    Freiheit, Selbstbestimmung, Menschenwürde haben unsere von Mehrheiten gewählten Regierungen in Libyen, Tunesien, Ägypten usw. gewiß nicht unterstützt und propagiert. Stattdessen hat Europa seine nationalsozialistisch-faschistischen Ideen in den Köpfen der dortigen Machthaber, die als putschende Militärs an die Macht kamen, wuchern lassen und beschimpft jetzt ihre Völker und die hiesigen Emigranten, weil sie sich an ihrer muslimischen Religion festhielten und festhalten.

     

    Die Kommentarspalten bei "taz.de" sind seit ungefähr vier Monaten vollgemüllt mit Kommentaren aus angeblich "nicht-rechten politischen Gruppierungen", die den Aufstand gegen Gaddafi verurteilen und die Aufständischen als "Königsmachtträumer, kriegsgeile Blutsauger, CIA-Marionetten, königstreue Steinzeittypen", kurz: Moslems beschimpfen, und verlogene Propaganda für einen der brutalsten Diktatoren machen, der sein Reich seit etwa vier Jahrzehnten u.a. mit perversesten Foltermethoden regiert. Der aber in ihren Augen eine Lichtgestalt ist, weil er den in Osteuropa untergegangenen "Sozialismus", Stalinismus, Faschismus repräsentiert. Europäische Ideologien, die, nach ihrer Meinung, positiver zu bewerten sind, als der Islam.

     

    Arme Linke, armes Deutschland.

  • D
    daniel56

    Man sollte sich schon fragen, was das für Leute sind, die da von NATO, EU und USA unterstützt werden. Keiner weiss genau, was die tun wollen, wenn Sie denn je "gewinnen", ob sie zB die sozialen Errungenschaften der Volks-Dschamahirija beibehalten werden; ich zweifle sehr daran. Auch dass die Regierung Ghaddafis ganz Afrika unterstützt hatte, ist eine Tatsache, die hierzulande kaum bekannt ist, selbst "Experten" wie D. Johnson tun so, als seien zB Hilfszahlungen an die Somalische Übergangsregierung eine seltsame Ausnahme (http://www.taz.de/65-Millionen-Dollar-verschwunden/!75569/). Und nun zeigt sich, dass diese seltsamen "Rebellen" wohl doch nicht sooo demokratisch sind.

    Immerhin ist taz.de eine der wenigen Medien hier, die überhaupt noch vom Libyen-Krieg berichten, aber auch das sehr lückenhaft. So zB nichts von der Zerstörung von Sendeanlagen des libyschen Fernsehens am letzten Samstag, bei der mindestens 3 Zivilisten starben. Dieser Angriff verstösst eindeutig gegen die UN-Resolution 1973, da diese Bombardierung eindeutig NICHT dem "Schutz der Zivilbevölkerung" dient!

    Die Aktionen dieser "Rebellen" und ihrer NATO-USA-EU Verbündeten sind daher ein Versuch, eine selbstorganisierte und selbstfinanzierte faire Entwicklung Afrikas zu zerstören, ein Versuch, den Reichtum der Länder (Öl in diesem Fall) westlichen Konzernen zukommen zu lassen, dh zu stehlen.

    Damit klingen alle Sonntagsreden über "good governance", "nachhaltige Entwicklung" und "Eigenverantwortung" Afrikas wie blanker Hohn!

  • KI
    Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei...

    Verbohrter Menschenrechtskrieger- und Scheuklappen-Journalismus - nicht rechts noch links schauen: Da nicht sein kann, was nicht sein darf - dass die sogenannten 'Rebellen' nichts anderes sind als kriminelle CIA-Milizen und radikalislamistische Al-Kaida Terroristen sowie von Katar und Saudi-Arabien finanzierte Söldner- und Mordbanden, dass sie es sind, welche Verbrechen an der libyschen Bevölkerung begehen (Lynchmorde, Raub, Brandschatzung, bestialische Hinrichtungen im Al-Kaida Stil, rassistische Jagden auf Menschen mit dunkler Hautfarbe und Menschen schwarzafrikanischer Herkunft, Erniedrigung von emanzipierten Frauen mit Schleierzwang und Verdrängung aus dem öffentlichen Leben) - das kommt in der reinen Schwarz-Weiß Taz-Propaganda vom dämonisierten 'kinderfressenden Satan Gaddafi' und den 'heldenhaft für Demokratie und Freiheit kämpfenden Rebellen' nicht vor. Nein, nicht an der Seite der libyschen Massen die in ihrer überwältigenden Mehrheit hinter Gaddafi stehen sondern an der Seite der Monarchisten, CIA-Agenten und Al-Kaida Terroristen und der europäischen und amerikanischen Ölimperialisten und der Arroganz einer weißen Herrenrasse stellt sich die TAZ!!! Bomben werden zu humantärer Hilfe, aus Terroristen und gefährlichen Mördern werden Befreiungskämpfer und Demokraten, die Täter werden zu Opfern, und die Opfer werden zu Tätern erklärt. Die Wahrheit wird um 180 Grad zurechtgelogen, damit das eigene eurozentristische, rassistische Weltbild von der Überlegenheit der westlichen 'demokratischen' Kultur und der weltweite Missionierungsauftrag bestätigt wird. Schließlich sind viele der ehemals Friedens- und Ökologiebewegten in den Schoss ihrer spießbürgerlichen Herkunft zurückgekehrt, oftmals beruflich erfolgreich und als Angehörige einer wohlhabenden Mittelschicht sind sie dem System dankbar und zollen ihm auch int ideologischer Hinsicht Tribut. Der Menschenrechtsbellizismus ist nur alter Wein in neuen Schläuchen - früher sagte man noch für Zivilisation und Christentum. Die Rechtfertigungen ändern sich, der brutale Imperialismus und die Mordbrennerei für koloniale und neokoloniale Unterdrückung und Ausbeutung bleiben. Ehemals Friedensbewegte stellen nun mit die Speerspitze für brutale Kriegstreiberei! Die TAZ ist wahrlich im Establishment angekommen.

  • F
    Fidel_C

    Wie man aus anderen Medien (ORF)erfährt wurde Abdel Fatah Junes von Islamisten aus den eigenen Reihen erschossen und nicht wie behauptet von Gadaffi Anhängern.

  • DB
    Dirk Berlin

    Liebe TAZ-Redaktion, warum wird der Haftbefehl der Rebellen gegen Younis verschwiegen?

    Am 29. 7. 2011 hatten verschiedene "Minister" (u. a. der Ölminister) zugegen, dass es einen Haftbefehl gegen Younis gab. Auch Augenzeugen berichteten von der Verhaftung. Gleichzeitig hatte Jalil sich ahnungslos gegeben, Krokodilstränen vergossen und Younes einen Helden der Revolution genannt.

    Gaddafis Sprecher Ibrahim hatte behauptet, zwei Al Kaida-Männer hätten Younis mit Hilfe des NTC verhaftet und anschließend beschuldigt, er hätte "die Sache verraten".

    Warum lese ich im Bericht nichts zu diesen Abläufen?