Krieg in Libyen: Gaddafi-Getreue starten neue Offensive
Die Libysche Nationale Befreiungsarmee stößt vor den letzten Hochburgen Gadaffis auf heftigen Widerstand. Ein Sprecher des Diktators kündigt einen langen Krieg an.
BANI WALID/TRIPOLIS/NEW YORK dpa/dapd | Einheiten des gestürzten libyschen Machthabers Muammar Gaddafi haben am Sonntag einen Angriff auf die Truppen des nationalen Übergangsrats in Bani Walid gestartet. Sie feuerten mit Mörsern und versuchten, die ehemaligen Rebellen am nördlichen Stadtrand aus dem Hinterhalt anzugreifen. Bereits in der Nacht lieferten sich die Einheiten des alten und der neuen Herrscher Gefechte in der Stadt, wobei die Gaddafi-treuen Truppen erbitterten Widerstand leisteten.
Die Küstenstadt Sirte, der Wüstenort Bani Walid und die südliche Stadt Sebha sind die letzten größeren Bastionen der Streitkräfte Gaddafis. Von dem ehemaligen Diktator selbst fehlt jede Spur.
Am Freitag war es der Befreiungsarmee zunächst gelungen, in die Städte Sirte und Bani Walid vorzudringen. Nachdem sie dort jedoch auf heftigen Widerstand gestoßen waren, mussten sie sich unter Verlusten zurückziehen. Nach dem herben Scheitern sammelten sich die Truppen des libyschen Übergangsrats vor Sirte und Bani Walid neu. Im Verlauf des Samstags kam es dann lediglich zu sporadischen Raketen-Duellen.
Gaddafi-Sprecher droht mit langem Krieg
Bei Sebha ergriffen die Truppen des Übergangsrates gleichfalls die Initiative. Sie umzingelten die Stadt und nahmen nach Kämpfen den nahe gelegenen Flughafen ein. Nach Angaben arabischer Nachrichtensender wurden an den drei Fronten insgesamt 13 Gaddafi-Gegner getötet und Dutzende weitere verletzt.
Der Gaddafi-Sprecher Mussa Ibrahim behauptete am Samstag, der frühere Despot leite persönlich den "Abwehrkampf" gegen die Rebellen. "Die Schlacht ist noch lange nicht vorbei", sagte er im syrischen Fernsehsender Al-Rai. "Wir haben Waffen und Ausrüstung für einen langen Krieg vorbereitet." Die Nato bezichtigte er, in der Nacht zuvor bei einem Luftangriff auf ein Wohnviertel in Sirte 354 Zivilisten getötet zu haben.
Das nordatlantische Bündnis trat diesen Vorwürfen entgegen. Kampfjets des Bündnisses hätten eindeutig militärische Ziele bombardiert. Ein Militärsprecher kündigte jedoch eine genaue Prüfung an. Man werde "eine eingehende Schadensanalyse vornehmen", hieß es am Samstag in einer Erklärung des Nato-Militärsprechers Oberst Roland Lavoie.
Sicherheitsrat lockert die Sanktionen
Die in Libyen eingelagerten chemischen Waffen seien unter Kontrolle der Aufständischen, berichtete der "Tagesspiegel" (Sonntag) unter Berufung auf internationale Sicherheitskreise. Die Senfgas-Bestände seien in der Chemieanlage Ruwagha 600 Kilometer südöstlich der Hauptstadt gelagert. Die Nato überwache den Komplex aus der Luft. Das Gaddafi-Regime, das 2004 der internationalen Chemiewaffenkonvention beigetreten war, meldete damals einen Bestand von 23 Tonnen.
Die Vereinten Nationen haben indes den Übergangsrat der Gaddafi-Gegner als neue legitime Vertretung des Landes anerkannt. Den bisher dem Gaddafi-Regime vorbehaltenen Sitz sprach die Vollversammlung der 193 UN-Mitglieder in New York den neuen Machthabern zu. Der UN-Sicherheitsrat lockerte die Sanktionen gegen Libyen und billigte die Entsendung einer UN-Mission.
Die teilweise Aufhebung der Sanktionen betrifft die staatlichen Ölunternehmen und die großen Banken des Landes. Auch das strikte Waffenembargo wurde gelockert. Die United Nations Support Mission in Libya soll zunächst für drei Monate zum Einsatz kommen. Sie soll den Libyern bei der Stabilisierung der Lage nach dem Umsturz und beim Aufbau des Rechtsstaats helfen sowie auf die Einhaltung der Menschenrechte achten.
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