Krieg im Jemen: Amnesty sieht Kriegsverbrechen
Die Menschenrechtsorganisation fordert eine internationale Untersuchung des Krieges. Die Vorwürfe richten sich gegen beide Konfliktparteien.
„Zivilisten im Südjemen sind gefangen in einem tödlichen Kreuzfeuer zwischen Huthi-Getreuen und Anti-Huthi-Gruppen am Boden, während sie vom Himmel her mit anhaltender Gefahr von Luftangriffen der Koalition konfrontiert sind“, sagte Donatella Rovera, ranghohe Krisenberaterin bei Amnesty. „Alle Parteien in diesem Konflikt haben eine rücksichtslose und mutwillige Missachtung der Sicherheit von Zivilisten an den Tag gelegt.“
AI führte die Untersuchung von Mai bis Juli 2015 durch. Die Delegierten besuchten zahlreiche Orte, die Ziele von Luftangriffen waren oder durch Bodenkämpfe in Mitleidenschaft gezogen wurden – darunter Schulen, Moscheen, Märkte und Wohngegenden. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt im Süden des Landes auf der Stadt Aden, aber die Teams besuchten auch die Hauptstadt Sanaa, die Stadt Tais sowie die Hochburg der Huthis im Norden, Saada.
Von dem Krieg betroffen sind 20 der 22 Regierungsbezirke. Die Zahl der Toten wird auf 4.000 geschätzt, die Hälfte davon Zivilisten und viele Kinder. Seit dem 25. März 2015, dem Beginn der Luftangriffe durch die Militärkoalition, wurden über eine Million Menschen vertrieben; schätzungsweise 80 Prozent der Bevölkerung sind auf irgendeine Form von humanitärer Hilfe angewiesen.
Familien werden ausgelöscht
Unter den zahlreichen Fallbeispielen, über die AI berichtet, ist auch der eines Bombenangriffs auf das Dorf Dar Saber in der Nähe von Tais am 26. Mai um 5 Uhr morgens. Acht Mitglieder der Familie Sayed, darunter sechs Kinder, wurden dabei getötet und sieben weitere verletzt.
Ali Qaed al-Hakim, ein Nachbar, der noch im Dorf lebt, berichtet gegenüber AI: „Das Dorf brach über uns zusammen und wir versuchten alle, die Ursache der Explosion zu finden. Plötzlich hörten wir einen Mann schreien: „Rettet uns! Rettet uns!“, und wir stellten fest, dass es das Haus von Khaled Sayed war, das getroffen wurde. Vor dem Angriff hatten alle gedacht, dass das Dorf sicher ist, es war voll mit Flüchtlingen, die gekommen waren, um sich vor dem Konflikt in der Stadt in Sicherheit zu bringen. Aber nach diesem Luftangriff verließen alle das Dorf.“
Amnesty forderte die UNO auf, eine internationale Kommission einzusetzen, die die mutmaßlichen Kriegsverbrechen untersucht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus