Krieg im Irak: Mord an hunderten Jesiden
Der IS soll mehr als 300 jesidische Geiseln umgebracht haben. Am Wochenende starben außerdem mehrere Menschen bei Bombenanschlägen in Bagdad.
BAGDAD dpa | Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben Berichten zufolge im Nordirak zahlreiche Jesiden getötet. Die jesidische Fortschrittspartei gab die Zahl der Opfer am Samstag mit mehr als 300 an, die nicht-staatliche Menschenrechtskommission im Irak mit rund 70.
Zu den Ermordungen der Mitglieder der uralten religiösen Minderheit kam es demnach am Freitag in der Stadt Tal Afar, die nahe der vom IS kontrollierten Millionenmetropole Mossul liegt. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.
Die Jesiden sind Kurden und lebten bisher vor allem in der Gegend um Mossul und im nahe gelegenen Sindschar-Gebirge. Beim IS-Vormarsch in die Region waren vergangenen Sommer nach Angaben der Jesiden rund 500.000 Menschen geflohen.
Einem Mitglied der Menschenrechtskommission zufolge werden noch mindestens 3.000 Jesiden von den Radikalsunniten gefangen gehalten. Entkommene Frauen hatten der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch von systematischen Vergewaltigungen, Misshandlungen, Zwangsehen und Zwangsübertritten zum Islam berichtet.
Anschläge in Bagdad
Im Dezember hatten kurdische Peschmergakämpfer die IS-Miliz aus der Stadt Sindschar vertrieben. Seither wurden in der Gegend mehrere Massengräber mit Überresten von Jesiden gefunden. Viele Muslime betrachten die Jesiden als „Teufelsanbeter“, weil sie auch den „Engel Pfau“ als zentrale Figur ihres Glaubens verehren. Der IS bezeichnet die Jesiden als „Ungläubige“, die zu töten sind.
Irakische Offizielle machen die Terrormilz derweil für eine Reihe von Anschlägen in Bagdad in den vergangenen Tagen verantwortlich. Erst am Samstagabend starben in der Hauptstadt bei einem Autobombenanschlag mindestens 13 Menschen, wie der Nachrichtenkanal Al-Dschasira berichtete. Weitere 36 Menschen seien bei der Explosion im Zentrum der Stadt verletzt worden. Am Vortag hatte es 23 Tote bei drei ähnlichen Anschlägen in Bagdad gegeben.
Der Beobachtungsplattform Site zufolge veröffentlichte der IS am Samstag zudem ein Video, auf dem zu sehen sein soll, wie ein Junge einen mutmaßlichen Spion im Nordirak durch Schüsse hinrichtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?