Kreuzbergs Baustadtrat Panhoff: Der Grüne, der die Grünen rief
Dem Baustadtrat platzte in Sachen Ohlauer Straße der Kragen. Sein Ruf nach der Polizei klang erst wie ein Scheitern. Nun könnte er ihn stärken.
Am Dienstagmittag hatte Hans Panhoff genug. Der grüne Baustadtrat schickte ein Fax an die Polizei: Eine offizielle Bitte um „Amtshilfe“ – grünes Licht für die Räumung der seit 2012 von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg. Er wisse sich einfach nicht mehr anders zu helfen, sagte der 57-Jährige. Seit einer Woche verharren rund 40 Flüchtlingsaktivisten auf dem Dach der ehemaligen Schule. Sie fordern ein Bleiberecht und drohen mit Suizid. Polizei, Anwohner und der CDU-geführte Innensenat machen Druck auf den grünen Bezirk, der um eine liberale Flüchtlingspolitik ringt.
Panhoff, seit 2011 für Planen, Bauen, Umwelt und Immobilien zuständig, ist durchaus konflikterprobt. Der studierte Stadtplaner hat mit der Spreeufer-Bebauung, dem Görlitzer Park samt Drogendealern und dem Mietendruck viele explosive Themen in seiner Zuständigkeit. Bislang galt der gebürtige Karlsruher als stiller Arbeiter und Pragmatiker, der den politischen Auftritt anderen überließ.
Jetzt ist ihm wohl der Kragen geplatzt: Seit fast einem Jahr war er vor Ort, diskutierte mit den Besetzern über Gewalt, fehlende Duschen und Bleiberechtsforderungen. Er warb für den Umbau der Schule als Flüchtlingszentrum. Und sorgte im Hintergrund dafür, dass mehr als 200 Menschen in neue Unterkünfte ziehen konnten. Auch das gelang nur mit Polizeischutz.
Panhoffs erneuter Ruf nach der Polizei mag wie ein Scheitern wirken. Manche vermuten, dass er zum Sündenbock gemacht wurde, damit die Bezirksgrünen ihr liberales Gesicht wahren können. Mag sein. Vieles spricht aber auch dafür, dass er am Ende als Sieger aus der Sache hervorgeht. Wenn die Flüchtlinge jetzt wirklich einlenken, ist er der Mann der Tat. Genauso, wenn friedlich geräumt wird. Für den Fall, dass jemand zu Schaden kommt, hat Panhoff bereits seinen Rücktritt angekündigt.
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