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Kreditaffäre des BundespräsidentenWulff soll sich selbst anzeigen

Die BW-Bank muss schnell die Kriterien für Wulffs Kredit klären, sagt der Aufsichtsrat. Ein Verfassungsrechtler empfiehlt dem Präsidenten unterdessen eine Selbstanzeige.

Versteht sich gut mit Unternehmergrößen: Wulff mit Finanzunternehmer Maschmeyer. Bild: dpa

BERLIN afp | In der Kreditaffäre von Bundespräsident Christian Wulff will der Aufsichtsrat der BW-Bank weitere Aufklärung. Das Gremium forderte am Dienstag das Stuttgarter Unternehmen auf, rasch zu klären, nach welchen Kriterien ein zinsgünstiger Kredit an Wulff vergeben wurde. Auch die SPD pochte auf weitere Aufklärung, forderte aber keinen Rücktritt des Staatsoberhaupts.

Wulff hatte zur Ablösung des umstrittenen Privatkredits für sein Eigenheim, den ihm die Unternehmer-Gattin Edith Geerkens gewährt hatte, zunächst ein besonders zinsgünstiges, kurzfristiges Darlehen der BW-Bank erhalten. In seiner Erklärung vom 15. Dezember hatte Wulff dann mitgeteilt, dieses sei inzwischen in einen langfristigen Kredit zu normalen Konditionen umgewandelt worden. Die Welt am Sonntag hatte allerdings berichtet, der neue Kredit werde erst zum Jahreswechsel wirksam.

Die BW-Bank müsse "ganz schnell" klarstellen, nach welchen Kriterien sie den Kredit vergeben habe, sagte deren Aufsichtsrat Michael Kienzle der Bild-Zeitung. Wie das Blatt unter Berufung auf Informationen des Aufsichtsrats der BW-Bank berichtete, war das Gremium über die Geschäftsbeziehungen mit dem Präsidenten nicht unterrichtet. Ein BW-Bank-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern.

"Scheibchenweise Angaben"

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil bekräftigte die Forderung nach rascher, weiterer Aufklärung, "auch wenn dies bis in das kommende Jahr andauert". Heil kritisierte im Handelsblatt, durch Wulffs "scheibchenweise Angaben" sei schon viel Vertrauen in das Amt des Bundespräsidenten verloren gegangen. Weitergehende Schritte wie einen Untersuchungsausschuss plant die SPD aber vorerst nicht.

Der Verfassungsrechtler Jörg-Detlef Kühne riet Wulff, sich selbst anzuzeigen und sein Verhalten als Ministerpräsident vom niedersächsischen Staatsgerichtshof überprüfen zu lassen. Er verwies in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung auf einen Artikel der Landesverfassung, der diese Möglichkeit zur Klärung von Vorwürfen gegen aktuelle oder frühere Mitglieder der Landesregierung vorsehe.

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7 Kommentare

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  • O
    Observer

    BESSER DER RÜCKTRITT

     

    Das Verhalten des Wulf geht mir gewaltig auf den Senkel. Wenn es darum ging, andere für ihr Verhalten moralisch abzuurteilen, hat Wulf seine Klappe weit aufgerissen: "Es ist tragisch, dass Deutschland in dieser schwierigen Zeit keinen unbefangenen Bundespräsidenten hat, der seine Stimme mit Autorität erheben kann." (zu den Privatflügen von Rau).

     

    Selber kommt Wulf mit der Wahrheit nicht heraus. Erst leugnet er den erhaltenen Kredit des Geerkens, indem er auf eine Anfrage im nds. Landtag eine Geschäftsbeziehung zu Geerkens verneint.

     

    Dann war es die Ehefrau des Geerkens, die den Kredit gewährte. Auch dies ist eine geschäftliche Beziehung. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Frage, wer von den Eheleuten den Zinsgewinn durch das Darlehen in der Steuererklärung angegeben hat. Aber der gute Herr Geerkens habe ja nur beraten.

     

    Nach der Anfrage im nds. Landtag wird das Darlehen still und heimlich durch einen Kredit der BW-Bank abgelöst. Auch hier wieder zu marktunüblich günstigen Zinsen.

     

    Hinzu kommen die Urlaubsreisen für lau, die von Maschmeyer finanzierte Anzeigenkampagne kurz vor der Landtagswahl und der 'Nord-Süd-Dialog' des Manfred Schmidt. Und wer weiß, was sonst noch.

     

    Kurz gesagt hat Wulf seine Taschen überall aufgehalten, wo es nur ging.

     

    Wulf hat das Ansehen des Amtes des Bundespräsidenten mit Füßen getreten. Es ist geradezu grotesk, dass Leute wie Seehofer und Hasselfeld "aus Respekt vor dem Amt" ein Ende der Diskussion fordern.

     

    Wulf hat sich selbst zu einer Witzfigur gemacht. Sein geheuchelten moralischen Anspruch sollte er schnell bei sich selbst anlegen und zurücktreten, um das Ansehen des Amtes eines Bundespräsidenten zu schützen.

  • C
    Celsus

    Da rät ein Verfassungsrechtler zur Selbstanzeige. Ein schöner Gedanke. Aber der Bundespräsident zeigt nur, wie sehr er das als Privatangelegenheit betrachten will. Da ist nichts mit wirklicher Einsicht und Reue. Woher soll eine Selbstanzeige dann kommen? Vor allen Dingen: Sollte eine Einstellung des Verfahrens dann die ethische Korrektheit dieses Verhaltens belegen?

     

    Mutmaßlich ist das Verhalten nicht gesetzeskonform. Verfahrenseinstellungen, die dann nicht mit gutem Grund sondern willkürlich erfolgen würden, wären für Sitte und Anstand in der deutschen Politik und Gesellschaft fatal. Sobald dies geschehen würde, wäre ich ein vehementer Gegner dieses Präsidenten.

     

    Gut wäre es allerdings, wenn er mit würdigem und ernsthaften Bedauern die im Laufe der Zeit erlangten Vorteile verzinst bei einer Einstellung gegen Auflage einer Geldzahlung an einen Verein wie Mehr Demokratie zuwenden würde. Denn genau an derartigen Vorfällen zeigt sich, wie wichtig die von den SpitzenpolitikerInnen von CDU und CSU ungeliebte direkte Demokratie sein könnte.

  • FE
    Frau Edith Müller

    Wenn ich das Bild von Maschmeyer und Wulff sehe, kommt mir der Kaffee wieder hoch. Fehlen nur noch die beiden Frauenzimmer...

  • G
    Galster

    Wenn ich das aber als kleiner Beamter mache und das rauskommt bin ich dran.

     

    Da darf ich noch nicht einmal einen etwas besseren Kugelschreiber annehmen.

     

    Das ist Vorteilnahme im Amt & kann Job und Pension kosten....

  • G
    GWalter

    Ausgerechnet DIESES Deutschland wagt es Russland und andere Länder zu kritisieren.

     

     

    Ein Land in dem vom Staatspräsident täglich neue Verfehlungen auf den Tisch kommen und der dennoch nicht zurücktreten will.

     

     

    Eine Merkel-CDU u. eine FDP, aus Eigennutz und aus Angst vor Dem Volkszorn an diesem Präsidenten festhalten, den sie auf den Schild gehoben haben.

     

     

    Der Bundespräsident, die CDU, Merkel & Co. sowie die FDP sind reif für den Abtritt, aber was noch schlimmer ist sie beschädigen die Demokratie und das Ansehen Deutschlands.

     

    Der nächste Präsident muss vom Volk gewählt werden !!!!!!

  • K
    KFR

    Niemand will Aufklärung oder Rücktritt ! es könnte jemand gewählt werden, der den Job versteht, was Frau Bundeskanzler, Seilschaften und Medien vor unlösbare Probleme des Nachdenkens stellen würde.

  • WR
    Weiße Rose

    Könnte der christdemokratische Christ Christian nicht viel einfacher und effektiver beim nächstbesten Pfarrer beichten gehen?