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Krawalle in Athen160 Jugendliche festgenommen

Ein Jahr nach tödlichen Schüssen auf einen Demonstranten wollen viele Athener am Sonntag dem Toten gedenken. Am Vorabend gab es nach einer Razzia bereits Krawalle und viele Festnahmen.

Hartes Eingreifen: Behelmte Polizei führt am Samstagabend Jugendliche ab. Bild: dpa

ATHEN ap | Vor dem ersten Jahrestag der tödlichen Unruhen in Athen hat die Polizei mindestens 160 Jugendliche festgenommen. Im Stadtteil Keratsini gab es am Samstagabend eine Razzia in einem Haus, das laut Polizei als Werkstatt für Brandbomben genutzt wurde, außerdem kam es zu Ausschreitungen im Zusammenhang mit dem Gedenken an den vor einem Jahr von der Polizei erschossenen 15-Jährigen. Die Sicherheitskräfte wurden nach eigenen Angaben von rund 60 Jugendlichen mit Steinen angegriffen, drei Einsatzfahrzeuge wurden zerstört.

Anschließend verschanzten sich die Jugendlichen mehrere Stunden lang im Rathaus von Keratsini, die Polizei nahm dort 41 Menschen fest. In dem von mutmaßlichen Linksextremisten als Lager genutzten Haus wurden laut Polizei Gasmasken, Vorschlaghammer und 200 leere Bierflaschen beschlagnahmt, die – so zumindest der Verdacht der Polizei – als Brandbomben eingesetzt werden sollten. 20 Menschen wurden festgenommen.

Weitere Festnahmen gab es im Zusammenhang mit einer zunächst friedlichen Gedenkveranstaltung, nach der sich eine Gruppe Anarchisten eine Straßenschlacht mit der Polizei lieferte. Die Polizei nahm 14 Demonstranten fest, darunter auch fünf Italiener und drei Albaner.

Der Tod des 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos am 6. Dezember 2008 hatte zu zwei Wochen andauernden Ausschreitungen in Athen und anderen Städten geführt. Zwei Polizisten müssen sich wegen Mordes beziehungsweise versuchten Mordes vor Gericht verantworten. Der Prozess soll am 20. Januar beginnen.

Präsident Karolos Papoulias hat die Bevölkerung angesichts des Jahrestags zur Ruhe aufgerufen. Mindestens 6.500 Polizisten sollten am Wochenende in Athen für Sicherheit sorgen. Die Hauptkundgebung zum Gedenken an Grigoropoulos findet am Sonntagmittagn der Hauptstadt statt. Am Abend ist eine weitere Demonstration geplant, außerdem soll es am Nachmittag einen Protestzug in Thessaloniki geben. Die Familie des Getöteten will am Vormittag auf dem Friedhof an Grigoropoulos erinnern.

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9 Kommentare

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  • KP
    Kein Polizeibericht

    Bitte endlich die Hetze entfernen!!!

     

    "Im Stadtteil Keratsini gab es am Samstagabend eine Razzia in einem Haus, das laut Polizei als Werkstatt für Brandbomben genutzt wurde, blabla..."

     

    "Anschließend verschanzten sich die Jugendlichen mehrere Stunden lang im Rathaus von Keratsini, die Polizei nahm dort 41 Menschen fest. In dem von mutmaßlichen Linksextremisten als Lager genutzten Haus wurden laut Polizei Gasmasken, Vorschlaghammer und 200 leere Bierflaschen beschlagnahmt, die – so zumindest der Verdacht der Polizei – als Brandbomben eingesetzt werden sollten. 20 Menschen wurden festgenommen."

     

    Erklärung (in Mehrheitsentscheidung) des Stadtrates von Keratsini:

     

    announcement (official number 284)

    After the sad events that happened in our town, Keratsini Municipality Council in majority (of Mr. Dimitrios Mourikis and Mrs. Sophia Thomaeri having in mind that their statements should be noticed) decided:

     

    1. We state that we do not stand anymore the state repression in our town against political actions.

    2. We condemn the attack of the cops against the political place RESALTO in Keratsini and against the Major Hall.

    3. The political movement RESALTO functions and acts in our town with political, artistic, cultural and other activities.

    4. We ask for freedom to all 64 arrested citizens that were arrested in our town.

    5. We state that none crime or destruction took place in the Major Hall by the squatters.

    6. The action of the 42 arrested people to enter the building is a political action for us and we accept it.

    7. We condemn the Mass Medias that report faked news consciously or by mistake.

    8. The Municipality Administration should organize an open press conference, so the truth can be known, because political actions are something we accept in our town.

     

    THE PRESIDENT

    PANAGIOTIS LEONTIADIS

     

    NOTIFICATION:

    1/Queen's Peace Minister

    2/Inland Minister

    3/Prosecution of Pireaus

    4/Mass Media

     

    Sources: http://docs.google.com/Doc?docid=0AdUakZjjUyAJZGRod25tcDJfNTRjbXg0bmdjcw&hl=en

     

    http://katalipsiesiea.blogspot.com/

  • K
    Kommentator

    Guter Artikel derzeit auf telepolis über den Billig-"Journalismus" zu Athen.

    Da lügen ein paar rum und der Rest (inkl. taz) schreibt ab.

     

    Athen brennt nicht, es regnet, der Uni-Dekan wurde nicht verprügelt, die Fahne ist schwarz/rot....

     

    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31668/1.html

    (Athen brennt nicht von Wassilis Aswestopoulos, 07.12.2009)

     

    Viel Spaß beim seriösen Informieren, Kommentator.

  • M
    Marjane

    Die TAZ könnte sich wirklich mal was von Arte Info abschauen. Die berichten realtiv neutral und erwähnten sogar, dass eine schwarz-rote Fahne über dem Rektorat in Athen hängt. Das ist doch mal was. Ein zweites Barcelona und die Taz auf der Seite der Bullen :D

  • AI
    Athenerin in Berlin

    Seit gestern sind über 200 Menschen gehaftet worden/bei meisten Fälle vorsichtshalber. Die Polizei ist schon wieder sehr agressiv geworden.

    Bei dem Video, bei dem einerseits die Demostration und andersseits die Krawalle "live" gezeigt worden sind (ist von 2 Stunden aufgenommen worden) beim 3.04 Minuten sieht man ein Polizist, der mit seinem Motorrad den Protestierenden entegegen gestossen ist. Eine Frau ist verletzt worden und ins Kranken haus gebracht worden. Das Video kommt aus dem staatlichen Rundfunk her.

    Bisher wurden 3 Protestierenden verletzt (eine war sogar eine Journalistin).

  • F
    Faisal

    "...200 leere Bierflaschen beschlagnahmt, die – so zumindest der Verdacht der Polizei – als Brandbomben eingesetzt werden sollten."

     

    Die Anzahl findet man doch in jeder zweiten WG. Waren in Genua bei der Razzia in der Diaz-Schule nicht Weinflaschen als Beweis für die Gefährlichkeit der Demonstranten aufgetaucht?

  • G
    Grammatik

    >"dem Toten gedenken"

     

    Korrektes Deutsch wäre toll.

  • KP
    Kein Polizeibericht

    Wieso werden hier 1:1 die Vörgänge in GR aus Sicht der gr. Polizei geschildert, die bekanntermaßen enge Verbindungen zu Faschisten unterhält? Es liegen mittlerweile interne Informationen von JournalistInnen der griechischen Massenmedien vor, wie die griechische Polizei die Pressefreiheit (live-Berichte von den Straßen) verhindert/filtert (dazu im weiteren Tagesverlauf mehr). Nun zu den inhaltlichen Fehlern dieses Artikels:

     

    1. Es war nicht ein Haus, das in Keratsini durchsucht wurde sondern ein soziales Zentrum, das von der Polizei überfallen und zerstört wurde! Das soziale Zentrum befindet sich in einem traditionell kommunistisch geprägtem Bezirk, es ist legal gemietet und wird von den NachbarInnen aller Altergruppen gerne als Treffpunkt für politische Diskussionen/Veranstaltungen genutzt (was der Polizei schon lange ein Dorn im Auge ist...). Was laut Polizei an staatsgefährdenden Materialien gefunden wurde waren: ein PC!, leere Bierflaschen (wo hat die TAZ die genaue Zahl her, selbst gezählt?), Hämmer (in einem ArbeiterInnenbezirk!) und Gasmasken (auf gr. Demos geht mensch lieber mit Gasmaske, dank der deutschen Tränengasimporte...). 22 Menschen wurden verhaftet...

     

    2. Der Angriff auf die 3 Polzeifahrzeuge geschah nicht in Keratsini (Athen) sondern in der Stadt Agrinio, nachdem es vor einer Bar zu verbalen und körperlichen Angriffen seitens der Polizei! gekommen war und BarbesucherInnen das mitbekommen hatten. Daraufhin wurden drei Polizeifahrzeuge (darunter Zivilpolizeifahrzeuge) und die dazugehörigen PolizistInnen mit Fußtritten angegriffen, damit sie das Gebiet, in dem es in der Vergangenheit desöfteren zu Übergriffen der Polizei kam, zu verlassen.

     

    3. Das Rathaus in Keratsini wurde aus Protest gegen den Überfall auf das soziale Zentrum in Keratsini besetzt und nicht! nachdem irgendwelche immaginären Jugendlichen drei Polizeifahrzeuge dort überfallen haben sollen, als Rückzugsort genutzt. Um die äußerst brutale Räumung, bei der 41 Menschen festgenommen wurden später zu rechtfertigen, hat die gr. Polizei gefälschte Bilder von eingeschlagenen Fensterscheiben der Eingangstür des Rathauses (die sie selbst, um in das Gebäude einzudringen, zerstört haben) in den gr. Massenmedien veröffentlicht. Desweiteren wurden Bilder kaputter Stühle in einem alten verstaubten Treppenhaus veröffentlicht, die dazu dienen sollten, die angebliche Zerstörungswut der BesetzerInnen zu zeigen (dumm nur, dass auf den Fotos eindeutig zu erkennen ist, das diese Stühle schon lange nicht mehr benutzt wurden...).

     

    http://athens.indymedia.org/front.php3?lang=el&article_id=1201552

     

    4. Es sind nicht min. 6.500 sondern über 12.000 Polizisten plus eine unbekannte Anzahl and Zivilpolizisten allein in Athen im Einsatz. Die meisten Verhaftungen geschehen nicht in Verbindung mit Ausschreitungen sondern äußerst willkürlich und sollen die Menschen davon abhalten auf die Straße zu gehen. Die Polizei fährt mit eigens dafür angemieteten Vans durch die Gegend und greift massiv Menschen nach dem Schema "deine Nase gefällt mir nicht..." raus und verfrachtet sie in die Vans, danach werden diese Menschen in die Polizeiwachen gebracht, ihnen wird stundenlang verboten ihre Anwälte zu kontaktieren, das betrifft vor allem Menschen, die ihre Rechte kennen und auf sie bestehen!

     

    Liebe TAZ das nächste Mal bitte besser recherchieren und sich nicht nur auf Polizeiberichte verlassen, sonst verliert ihr eure Glaubwürdigkeit!

  • T
    thedude

    In Griechenland muss man Krawalle anzetteln damit die Bullen anrücken und einen verprügeln. In Deutschland reicht es ne friedliche Demo anzumelden und durchzuführen.

  • IB
    IKlaus Braunert

    Sehr geehrte TAZ- Schreiber,

    ich erinnere an den Gutseller von Sick "der Dativ ist dem Genitiv sein Tod."

    Konkret hier: "wollen viele Athener am Sonntag dem Toten gedenken" Kann ich auch bei Ihnen veröffentlichen? Besser als Leute die vom Genitiv, "des Toten gedenken" heißt es, noch nichts gehört haben,kann ich es wohl allemal.

    Freundliche Grüße Klaus Braunert