Kommentar: Krämerseeles Flachsinn
■ Warum die Kooperation der Flusshäfen ökologisch und ökonomisch notwendig ist
Ein Minimum an hafenpolitischer Vernunft, so will es scheinen, kehrt ein. Die erklärte Absicht der Hanseschwestern Hamburg und Bremen, sich gegenseitig nur noch bedingt das Wasser abgraben zu wollen, ist immerhin ein Anfang. Wenn auch kaum mehr als der vom Ende jahrhundertelanger Kleingeisterei der Krämerseelen.
Was aus lokaler Sicht vor 100 Jahren bedeutsam gewesen sein mag, ist in der realen Welt der heutigen Warenströme lächerlich. Von Singapur oder Tokio aus betrachtet ist die räumliche Entfernung zwischen beiden potenziellen Zielorten unbedeutend. Irgendwo hinter Rotterdam eben, direkt nebeneinander.
Allein deshalb schon wäre es ökologischer und ökonomischer Flachsinn, wenn die beiden einst so stolzen Hansestädte sich weiterhin den Diktaten weltweit operierender Reedereien beugten. Manisch würden sie ihre Flusshäfen immer tiefer ausbuddeln und jede Containerkiste auf ihren Kais in einem unbezahlbaren Subventionswettlauf teuer einkaufen. Verlierer aber wären sie auf lange Sicht dennoch.
Im Zeitalter der überdimensionierten Containergiganten, die da kommen werden, sind neue Ideen überlebensnotwendig. Ein Hafen am tiefen Wasser wird wohl unumgänglich sein, und er ist das kleinere Übel. Dass ein solches Projekt nur gemeinsam zu machen ist, scheint nun auch denen in Politik und Wirtschaft zu dämmern, die sich so gern als Macher sehen.
Cux- oder Wilhelmshaven: An der Beisetzung dieses kleinkarierten Standortstreits wird sich bald schon zeigen, was von hehren Absichten zu halten ist.
Sven-Michael Veit
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