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Korruptionsvorwürfe in ThüringenErmittlungen gegen BSW-MinisterInnen

Thüringens Finanzministerin Katja Wolf und Digitalminister Steffen Schütz stehen unter Korruptionsverdacht. Der Landtag hat ihre Immunität aufgehoben.

Erfurt, 22. Novemeber: Katja Wolf und Steffen Schütz bei der Vorstellung des Regierungsvertrages für Thüringen Foto: Sascha Fromm/Thüringer Allgemeine/imago

Leipzig/Erfurt taz/dpa | Die Staatsanwaltschaft Erfurt ermittelt gegen zwei Mi­nis­te­rIn­nen der Thüringer Landesregierung und hatte deshalb die Aufhebung ihrer Immunität beim Landtag beantragt. Dem hat der Justizausschuss an diesem Nachmittag stattgegeben. Es geht um Finanzministerin Katja Wolf und Digitalminister Steffen Schütz, die beiden Landesvorsitzenden des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen. Die beiden genießen grundsätzlich Immunität, weil sie auch Landtagsabgeordnete sind.

Wie die dpa zuerst berichtete, lautet der Verdacht, Schütz habe Wolf mutmaßlich bestochen, als diese noch Oberbürgermeisterin von Eisenach war. Die Thüringer Landesregierung äußerte sich bislang nicht zu den Vorgängen um die beiden MinisterInnen, da es sich um laufende Ermittlungen handle, hieß es von einem Sprecher.

Über ihren Fraktionssprecher teilten Wolf und Schütz nach der Ausschusssitzung mit: „Uns ist der Inhalt der Anzeige nicht bekannt. Sobald dies der Fall ist, sind wir vollumfänglich bereit, die Vorwürfe aktiv, transparent und kooperativ auszuräumen. Deshalb haben wir auch der Aufhebung unserer Immunität zugestimmt.“ Es handle sich um eine anonyme Anzeige.

Die Ermittlungen beziehen sich laut der dpa und nach Informationen der taz auf eine Reise von Wolf nach Mallorca, als sie noch Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach war. Die Stadt hatte sich im September 2022 als Standort für das „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ beworben. Ein Projekt der Bundesregierung, um mit rund 200 Millionen Euro im Osten Deutschlands ein Forschungs- und Begegnungszentrum aufzubauen. Eisenach hatte rund 50.000 Euro vom Freistaat Thüringen für die Bewerbung bekommen.

Eine Finca auf Mallorca

Mitglied der Eisenacher Bewerbungsgruppe war damals Steffen Schütz. Er war als Leiter einer Marketingfirma in die Bewerbung involviert. Allerdings ging Eisenach leer aus. Im Wettbewerb um das Projekt ging im Februar 2023 Halle (Saale) als Siegerin hervor. Eisenach sollte als Trostpreis ein „Bürgerforum der Bundesrepublik“ von der Bundesregierung finanziert bekommen.

Laut den Vorwürfen soll Katja Wolf auf die Mallorca-Finca von Schütz gereist sein. Danach gab es weitere 25.000 Euro im Stadt-Haushalt für Betriebsausgaben und Beratung, um die Entwicklung des Forums vorzubereiten. Nach dpa-Informationen will die Staatsanwaltschaft Erfurt der Frage nachgehen, ob Wolf sich von Schütz im Zusammenhang mit dieser Reise hat bestechen lassen.

Demnach hatten die Ermittlungen schon begonnen und wurden nun durch die nötige Aufhebung der Immunität der beiden bekannt. Wolf und Schütz zogen als BSW-SpitzenkandidatInnen nach der Wahl im September 2024 in den Thüringer Landtag ein, inzwischen sind sie zudem Mitglieder im Regierungskabinett des neuen Ministerpräsidenten Mario Voigt (CDU), der eine Koalition aus CDU, BSW und SPD geschmiedet hat.

Abgeordnete des Thüringer Landtags genießen Schutz vor Strafverfolgung, die sogenannte parlamentarische Immunität. Grundsätzlich sind strafrechtliche Ermittlungen gegen sie nur mit Zustimmung des Landtags beziehungsweise des Justizausschusses des Parlaments zulässig. Das soll sicherstellen, dass der Landtag funktioniert und Abgeordnete vor politisch motivierten Klagen schützen. Über die Immunitätsaufhebung tagte der Ausschuss im Geheimen, seine Mitglieder dürfen sich nicht darüber äußern.

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11 Kommentare

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  • ... wenn man den Text liest komme ich, abgesehen vom Tatvorwurf, zu dem Schluss, dass dies eigentlich ein formidables Beispiel für staatlich gewolltes —oder zumindest toleriertes "Geld mir vollen Händen ausgeben" plus "eine Hand wäscht die Andere" ist.



    Mal wieder Wasser auf die Mühlen der AfD ("alle anderen sind korrupt außer uns natürlich") ...



    Gruß Fritz

  • Man sollte mal ein Parteienranking erstellen, in dem Spenden, anhängige und abgeschlossene Verfahren auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene nach Schadenssumme erfasst werden.



    Dürfte interessant werden.

  • Hätte man wohl besser mal eben bei einer Wanderung auf die Wartburg geklärt. Aber warten wir die Klärung erst ab, was Sache ist.

    Das BSW sollte sich vielleicht dort wieder auflösen, sich geistig sortieren und bei den Linken oder der SPD wieder konstruktiv anpacken. Kein Mensch braucht Ein-Personen-Parteien, unsolidarische oder angriffskriegerfreundliche Politikansätze, so sehr ich die frühe Sahra Wagenknecht auch gelegentlich schätzte.

  • Populisten dürfen das, sieht man an der FPÖ in Österreich, von der Stracheaffäre spricht keiner mehr, sind ja ganz verrückt mit ihrem Nazi-Kickl. Und wer redet heute noch von Spendenaffären der AfD?



    Der Populist hat die einfachen Lösungen für schwierige Probleme, da nimmt der Anhänger es nicht krumm, wenn mal jemand ins Töpchen greift.

  • Das BSW ist aber blitzschnell "erwachsen" geworden....

  • Echt jetzt? Eine Reise nach Mallorca? Bei Cum Ex kann sich keiner erinnern, aber der Besuch in einer Finca ist ein echter Skandal. Wer hat das Frühstück bezahlt? Wurde das Wechselgeld korrekt vom Bäcker abgerechnet? Da scheint mir privat ganz viel in die eigene Tasche geflossen zu sein. Von wie vielen Tagen sprechen wir? Waren es gar 14? Gut, dass das endlich aufgedeckt wird.

    • @Niemals:

      Na klar, wegen der grossen Schweinereien, gehen kleinere schon in Ordnung !



      - Oder wie soll man ihren Beitrag anders deuten ??

    • @Niemals:

      Achja? Hats denn keine Untersuchungen und Gerichtsprozesse im Cum Ex Skandal gegeben? Rechtfertigt eine Straftat die andere? Soll jetzt in Zukunft bei Korruptionsfällen weggesehen werden, weil bei CumEx versagt wurde? Dem letzten Satz kann ich mich anschließen. Gut ist jeder Fall von Korruption, der aufgedeckt wird. Völlig egal obs Warburg Olaf oder irgendeine Mallorca Connection betrifft.

  • Peinlich. Kaum gegründet, schon korrupt. Ist das bei Politikern so ein Gen?

    • @Minelle:

      Blöderweise war das ganze ja, bevor es das BSW überhaupt gab.

  • Das fängt ja gut an!