Korruptionsbekämpfung in Brasilien: Rousseff bleibt unter Druck
Das oberste Gericht erklärt Firmenspenden an Parteien für verfassungswidrig. Doch die Rechte setzt ihre Kampagne gegen die Regierung fort.
Angesichts des großen Korruptionsskandals, der eine dramatische politische Krise in Brasilien ausgelöst hat, wurde das Urteil zu den Parteispenden mit Spannung erwartet. Hunderte Millionen öffentlicher Gelder sollen bei illegalen Geschäften des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras und eines Kartells großer Bauunternehmen veruntreut und an Parteien der Regierungskoalition geflossen sein.
Doch nicht die konservative Opposition, die im Namen der Korruptionsbekämpfung auf eine Absetzung der halblinken Präsidentin Dilma Rousseff dringt, feierte das Urteil. Im Gegenteil, über ein Jahr blockierte der als Rechtsaußen bekannte Oberste Richter Gilmar Mendes den Fortgang des Prozesses. Zufrieden mit dem Urteil, das mit acht zu drei Richterstimmen deutlich ausfiel, zeigten sich Organisationen der Zivilgesellschaft, die regierende Arbeiterpartei PT und die Anwaltsvereinigung OAB, die 2013 gegen die übliche Parteispendenpraxis geklagt hatte.
Auch im von rechten Parteien dominierten Parlament herrscht Katerstimmung. Erst vergangene Woche verabschiedeten die Abgeordneten in zweiter Lesung einen Gesetzesentwurf, mit dem Unternehmensspenden in begrenzter Höhe sogar in der Verfassung festgeschrieben werden sollte. Parlamentspräsident Eduardo Cunha, der zwar Rousseffs wichtigstem Koalitionspartner PMDB angehört aber offen Oppositionspolitik betreibt, erklärte bereits, in der Frage der Parteispenden werde es jetzt zu einer Kraftprobe zwischen Legislative und Judikative kommen. Der evangelikale Hardliner Cunha gehört zu den Abgeordneten, die seit Jahren Millionenspenden von Unternehmen einsammeln. Über 80 Prozent aller Spenden im Wahljahr 2014 stammten von Firmen.
„Moderne Version eines Staatsstreichs“
Für Rousseff bedeutet der Entscheid des Obersten Gerichts eine Verschnaufpause. Ihr eventuelles Veto gegen den vom Parlament verabschiedeten Gesetzesentwurfs kann nun nicht mehr so einfach angefochten werden. Und es wird deutlich, dass ihre von der Presse so gern gelobten Widersacher alles andere als Vorreiter gegen die Korruption sind. Diese setzten nach wie vor auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff, sei es durch eine Abstimmung im Kongress oder aufgrund einer Verurteilung ihres Umgangs mit Finanzen zum Ende ihrer ersten Amtszeit. Rousseff verurteilte diese Initiativen wiederholt als „moderne Version eines Staatsstreichs“ und appelliert an die Opposition, die Ergebnisse der Wahlen zu respektieren.
Erschwerend für die Präsidentin kommt die Wirtschaftskrise hinzu. Vor allem die mit rund zehn Prozent extrem hohe Inflation und steigende Arbeitslosigkeit haben ihrer Beliebtheit geschadet, die bei Umfragen mittlerweile im einstelligen Bereich liegt. Dieses Jahr soll die Wirtschaftskraft um über zwei Prozent schrumpfen. Um die Lage wieder in den Griff zu bekommen, greift Rousseff zum Entsetzen ihrer Basis zu den traditionellen liberalen Mitteln und verkündete letzte Woche ein zweites, recht radikales Sparpaket. Jetzt soll der Rotstift auch bei den Sozialmaßnahmen, die der große Trumpf der zwölf PT-Regierungsjahre waren, angesetzt werden.
Die Rechte, die nach Meinung der Regierung seit langem auf das Motto ‚Je schlechter desto besser‘ setzt, kritisiert am Sparpaket vor allem die Steuererhöhungen. Und kündigte an, große Teile des Pakets im von ihr kontrollierten Kongress zu Fall zu bringen. Hauptsache, Rousseff bleibt unter Druck.
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