piwik no script img

Korruption in SpanienErregung über Corinnavirus

Ein Skandal im Königshaus zieht weitere Kreise. Wütende Spanier fordern, die Schmiergelder dem Gesundheitssystem zugutekommen zu lassen.

Während der König eine Rede hält: anstehen für den Coronatest in Barcelona am 18. März Foto: Emilio Morenatti/ap

Madrid taz | Spaniens König Felipe VI. hat sich am Mittwochabend erstmals seit dem Beginn der Corona-Krise an das Volk gewandt. Er forderte seine Untertanen, die seit vergangenem Samstag unter einer weitgehenden Ausgangssperre leben, auf, „die Unterschiede beiseitezulassen“, um so das „Virus zu besiegen“.

Doch viele hörten überhaupt nicht zu. Sie klopften stattdessen auf ihren Balkons minutenlang auf Töpfe. Der Grund für den lautstarken Protest war der #Corinnavirus, wie die sozialen Netzwerke den jüngsten Korruptionsskandal des Königshauses getauft haben.

Es geht um mindestens 65 Millionen Euro Schmiergelder, die Felipes Vorgänger und Vater Juan Carlos I. aus Saudi-Arabien über ein Netzwerk von Stiftungen und Konten in die Schweiz geschafft hat. Dort – und mittlerweile auch in Spanien – ermittelt die Justiz.

Mit dem Töpfeklappern war die Forderung verbunden, die Königsfamilie möge das Geld an das Gesundheitssystem abführen, um damit Material für den Kampf gegen das Coronavirus einzukaufen.

Drohen mit einer Klage

Der Ausdruck #Corinnavirus bezieht sich auf die ehemalige Geliebte von König Juan Carlos I., die Deutsche Corinna Larsen oder bis zu ihrer Scheidung Corinna zu Sayn-Wittgenstein. Sie hatte mit Juan Carlos I. Geschäfte abgewickelt und ebenfalls gut dabei kassiert.

Die fragliche Summe, die jetzt für Schlagzeilen sorgt, steht wohl im Zusammenhang mit dem Auftrag an ein spanisches Industriekonsortium, einen Hochgeschwindigkeitszug von Medina nach Mekka zu bauen.

Larsen droht mittlerweile mit einer Klage in Großbritannien gegen Spanien. Die spanischen Geheimdienste versuchten sie einzuschüchtern, um Juan Carlos I. zu schützen, erklärte sie der britischen Presse.

Die königliche Beziehung zu Larsen sorgte erstmals 2012 für Schlagzeilen in Spanien. König Juan Carlos I. war mit ihr auf Elefantenjagd in Botswana. Als er sich ein Bein brach, wurden Seitensprung und Ausflug bekannt. Diese Vorfälle und Korruptionsfälle um Tochter und Schwiegersohn ließen Juan Carlos I. abdanken. Felipe VI. bestieg den Thron.

Rechtlich fragwürdig

Jetzt holt ihn die Vergangenheit seines Vaters ein. Denn er ist selbst Nutznießer väterlicher Schwarzgeldkonten. Vergangenes Wochenende verzichtete Felipe VI. schließlich notariell auf diesen Teil des Erbes. Rechtlich ist das mehr als fragwürdig.

Denn auf ein Erbe kann erst verzichtet werden, wenn der Erbfall eintritt. Und auf ein Erbe kann ganz oder gar nicht verzichtet werden. Da der Thron an die Erbfolge gebunden ist, stellt sich die Frage, ob ein Verzicht auf das Erbe nicht auch einen Verzicht auf die Krone bedeuten würde.

Felipe VI. erwähnte in seiner Ansprache den Skandal mit keinem Wort. Doch der Lärm auf den Balkonen machte deutlich, dass die Spanier trotz Ausgangssperre und Angst vor dem Coronavirus nichts übersehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Gut so, liebe spanische Mitbürger, gebt dem Königshaus den Rest. Keine Gesellschaft des 21. Jahrhunderts braucht dieses Gegockele, außer der yellow press, und die finden auch andere Personen über die sie schreiben können.