Korruption in Mosambik: Jagd auf die Milliardendiebe
Die Elite des bitterarmen Landes hat sich jahrelang an dubiosen Krediten bereichert. Jetzt wandern immer mehr Profiteure hinter Gitter.
Erst am Freitag hatte die Justiz in Südafrika es abgelehnt, Mosambiks Ex-Finanzminister Manuel Chang aus der Auslieferungshaft zu entlassen. Chang war von 2005 bis 2015 im Amt und wurde Ende Dezember am Flughafen Johannesburg festgenommen. Er wird seitdem aufgrund eines US-Haftbefehls festgehalten.
Im Jahr 2016 war bekannt geworden, dass Mosambik über eine Milliarde US-Dollar Auslandsschulden mehr hatte als offiziell zugegeben. Am Anfang stand ein Vertrag mit Frankreich aus dem Jahr 2013 über die Lieferung einer Fischereiflotte an Mosambik durch die Firma Privinvest im Wert von 200 Millionen US-Dollar.
Im April 2016 enthüllten US-Medien, dass die zuständigen mosambikanischen Staatsfirmen, mehrheitlich kontrolliert von Mosambiks Geheimdiensten, für diese Flotte – die nie in Betrieb gegangen ist – Auslandskredite in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar aufgenommen hatten. Hauptkreditgeber: Die Schweizer Bank Credit Suisse und die russische Bank VTB.
Schmiergelder an Offizielle
Was aus diesem Geld geworden ist, bleibt unbekannt, aber Mosambiks Staat muss es zurückzahlen. Bis zu 200 Millionen US-Dollar aus den Krediten flossen derweil als Schmiergelder an mosambikanische Offizielle zurück, heißt es in der US-Anklageschrift, die den aktuellen Festnahmen zugrunde liegt. Chang sowie Ex-Präsidentensohn Guebuza sollen jeweils Millionen eingesteckt haben.
Zeitgleich mit Chang wurden drei Angestellte von Credit Suisse in der Dominikanischen Republik festgenommen und ausgeliefert. Ein libanesischer Angestellter des Vertragspartners der Mosambikaner mit Sitz in Abu Dhabi kam in den USA in Haft.
Die Aufmerksamkeit richtet sich auf den franko-libanesischen Milliardär Iskander Safa, Eigentümer der Holding Privinvest, die Mosambik die Fischereiflotte liefern sollte, sowie die französische Werft, auf der sie gebaut werden sollte. Die Werft baut französischen Berichten zufolge eigentlich Marineschiffe und keine Fischerboote. Für einen Fischereideal wären nicht extra die beiden damaligen Präsidenten François Hollande und Armando Guebuza zum Vertragsabschluss gereist.
Es heißt, dass Frankreichs Militär Zugang zu Mosambiks Gewässern sucht. Und es wird gerätselt, was jetzt noch alles auftauchen könnte. „Die Aussicht, dass Chang in einem US-Gericht über andere mosambikanische Offizielle auspackt, die noch mehr Schmiergeld bekommen haben als er selbst, ist offensichtlich für Frelimo (die ehemals sozialistische Befreiungsbewgung, die Mosambik seit der Unabhängigkeit 1975 regiert; Anm. der Redaktion) schrecklich“, sagt Peter Fabricius vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien (ISS). Der mosambikanische Kommentator Amiro Marcelino meint: „Dies öffnet die Büchse der Pandora. Es wurde schon immer gesagt, dass Mosambik sehr korrupt sei, aber nur auf dem Papier. Nun wird klar, wie tief das geht.“
Skandal aussitzen
Monatelang versuchte Mosambiks aktueller Präsident, Felipe Nyusi, den Skandal durch Schweigen auszusitzen. Nyusi war in der fraglichen Zeit Verteidigungsminister. Aber im Januar wurde der Korruptionsskandal Thema auf einem mehrstündigen Treffen zwischen Nyusi und Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa. Offiziell ging es um die Festnahme eines Südafrikaners wegen Unterstützung islamistischer Rebellen im Norden Mosambiks, aber bei dem Treffen war auch Angolas Präsident João Lourenço anwesend.
In Angola, Südafrika und Mosambik ist Aufarbeitung von Korruption früherer Präsidenten das zentrale politische Thema. Und die Holding Privinvest ist auch in Angola aktiv: Sie erhielt 2016 den Zuschlag für die Modernisierung der angolanischen Marine und den Ausbau der Wasserkraftkapazitäten des Landes. Credit Suisse gab Angola im vergangenen Jahr einen Kredit über 700 Millionen US-Dollar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom