Konzerte beim "Berlin Festival" abgebrochen: Notbremse gegen Massenpanik
Veranstalter des "Berlin Festival" brechen Konzerte im Flughafen Tempelhof vorzeitig ab. Befürchtet wurde eine Massenpanik wie bei der Love-Parade in Duisburg.
![](https://taz.de/picture/297696/14/0046_02.jpg)
Um zwei Uhr dreißig war Schluss. Beim "Berlin Festival" auf dem Gelände des ehemaligen Flughafen Tempelhof standen Freitagnacht gerade die Auftritte der DJs Fatboy Slim und 2 Many DJs an, als der Veranstalter das Festival abbrach. "Einer der Hangar hatte seine Kapazität erreicht, daraufhin haben wir die Schleuse zu gemacht", erklärt Carsten Stricker, Sprecher des Festivals. Als im Anschluss daran das Gedränge vor der Schleuse immer stärker geworden sei und die Stimmung gereizt, habe man sich zum Abbruch entschlossen.
Die Probleme begannen, als das Programm auf der im Freien befindlichen Hauptbühne aus Lärmschutzgründen endete und die Gäste hauptsächlich zu einer Bühne im Hangar vier strömten. Der Bereich war mit Metallzäunen abgegrenzt, eine Lücke in den Gittern bildete die Eingangsschleuse. Dort hätten dann einige Hundert Besucher gestaut und einige von ihnen, so Stricker, "Rabatz gemacht". Man habe sich daher "im Einvernehmen" mit der Polizei entschlossen, die Veranstaltung zu beenden.
Hintergrund der Entscheidung ist der Vorfall in Duisburg, wo auf der Love-Parade im Juli 21 Menschen im Gedränge ums Leben kamen. "Nach Duisburg werden solche Situationen sowohl von uns als auch von der Polizei anders eingeschätzt", sagt Stricker. Normalerweise hätte man Security-Personal in den kritischen Bereich geschickt und Störer heraus gezogen. "Heute bewertet man die Situation anders, vielleicht überbewertet man sie auch", sagt er.
Die Polizei verwies am Sonntag in sämtlichen die Organisation und das Sicherheitskonzept betreffenden Fragen an den Veranstalter. Auch zur Ursache und der Situation auf dem Gelände gab es keine Stellungnahme.
Besucher Sebastian wollte gerade das Gelände verlassen, als die Veranstalter den Abbruch bekannt gaben. "Ich habe davor keine aggressiven oder panischen Situationen mitbekommen", sagt er. Er bezweifelt, dass es nötig war, die Veranstaltung abzubrechen, gibt aber zu: "Ich kann verstehen, dass man nach Duisburg so entscheidet". Auch in verschiedenen Internet-Foren äußern sich die Nutzer gespalten. Während einige eine "Paranoia" von Polizei und Veranstaltern kritisieren, loben andere eine "besonnene Reaktion".
Nach Ansicht von Sebastian hätte man "sich die Absperrungen und Schleusen ganz sparen sollen". Dann hätte sich dort kein Stau bilden können. Veranstaltersprecher Stricker verteidigt jedoch das Sicherheitskonzept: "Die Absperrungen und die Schleuse führen dazu, dass der Publikumsdruck abgefangen wird, bevor er nicht mehr abzufangen ist." Sonst könnten beispielsweise vor der Bühne kritische Situationen entstehen.
Die Veranstalter überlegen nun, ob sie die Besucher mit einem nachgeholten Konzert entschädigen. Für das nächste Jahr wolle man "einige Verbesserungen" bei der Organisation vornehmen.
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